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12.11.11 / Tickende Zeitbombe / Italien muss Anfang 2012 mehrere hundert Milliarden frisches Geld bekommen, die Frage ist nur, von wem

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Tickende Zeitbombe
Italien muss Anfang 2012 mehrere hundert Milliarden frisches Geld bekommen, die Frage ist nur, von wem

Italien hat mehr Staatsschulden angehäuft als Griechenland, Spanien, Portugal und Irland zusammen. Und so gilt das Land inzwischen als einer der risikoreichsten Schuldner weltweit.

In den Strudel der italienischen Schuldenkrise ist inzwischen auch die älteste Bank der Welt geraten: Die Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS): 1472 gegründet, hat sie in nunmehr 539 Jahren unzählige Kriege und Wirtschaftskrisen überstanden. Zum Verhängnis werden könnte der Bank nun ihr Engagement in italienischen Staatsanleihen. Bei einem Eigenkapital von weniger als sieben Milliarden Euro hat die Banca Monte dei Paschi Anleihen Italiens von 32,5 Milliarden Euro in der Bilanz.

Die Zeiten, als diese Papiere als erstklassig galten, sind spätestens seit 1996 mit dem Verlust der Bestbonität vorbei. Mittlerweile sinken die Kurse und die Anleihen entwickeln sich immer mehr zum Risiko. Wie zahlreiche andere italienische Banken wurde die Banca Monte dei Paschi inzwischen durch Standard & Poor’s auf eine „BBB“-Bonität herabgestuft. Die Folge: steigende Refinanzierungskosten. Bereits im Jahr 2009 musste die Bank vom italienischen Staat mit 1,9 Milliarden Euro gestützt werden, angesichts des geringen Eigenkapitals soll die Bank nun zu einer Kapitalerhöhung von zwei Milliarden Euro gezwungen werden.

Die Banca Monte dei Paschi gehört zu der Gruppe der fünf größten Eigner von italienischen Staatsanleihen. Die Papiere entwickeln sich immer mehr zu tickenden Zeitbomben, da Italien mittlerweile als einer der schlechtesten Schuldner der Welt eingestuft wird. Legt man die Kosten von Kreditausfallversicherungen als Maßstab zugrunde, taxieren die Märkte die Wahrscheinlichkeit  einer Staatspleite inzwischen auf 33 Prozent. Zum 30. September ist die Staatsverschuldung  auf 1,8 Billionen Euro angewachsen und die Zweifel nehmen zu, ob zukünftig überhaupt noch der Zinsdienst auf den Schuldenberg tragbar ist.

Dafür notwendig wäre ein solides Wirtschaftswachstum, doch selbst die Regierung geht nur noch von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr und für 2012 von einem mageren Wachstum von 0,6 Prozent aus. Entsprechend ist die Reaktion an den Märkten: Weder die Beschlüsse des EU-Gipfels vom 26. Oktober noch die massiven Stützungskäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) haben verhindern können, dass seit Mitte August die Rendite zehnjähriger italienischer Anleihen von fünf Prozent auf mittlerweile über sechs Prozent angestiegen ist.

Eine Verschärfung der Situation ist bereits absehbar: Bis zum Ende des Jahres 2012 muss Italien noch 355 Milliarden Euro refinanzieren. Kritisch könnte vor allem der Zeitraum Februar und März 2012 werden, wenn allein die Aufnahme von 100 Milliarden Euro ansteht. Bei den Rettungsversuchen für das gescheiterte Experiment „Euro“ wäre den Verantwortlichen statt weiterem Aktionismus auf Gipfeltreffen ein Blick auf die italienischen Bilanzen und Statistiken anzuraten: So machte Ex-Bundesbankchef Axel Weber unlängst darauf aufmerksam, dass den italienischen Staatsschulden ein privates Nettovermögen von 180 Prozent des BIP gegenübersteht. Für Deutschland und Frankreich beträgt der Wert lediglich 140 Prozent. Berlusconis Hick-Hack um die Einführung einer Reichensteuer macht indessen den Unwillen Roms deutlich, die italienischen Vermögen anzutasten. Wahrscheinlicher ist – über den Umweg EZB – erneut die Belastung der europäischen Steuerzahler.

Interessantes fördert auch der Report „Patrimonio Pubblico“ der staatlichen „Cassa Depositi e Prestiti“ vom September dieses Jahres zu Tage: Den Schulden von über 1,8 Billionen stehen Aktiva gegenüber, bei denen sich die Frage aufdrängt, ob es sich bei Italien wirklich um ein EU-Mitglied oder doch eher um eine Staatswirtschaft realsozialistischen Zuschnitts handelt. Bilanziert werden Immobilien im staatlichen Eigentum für 425 Milliarden Euro und staatliche Unternehmensbeteiligungen von 232 Milliarden Euro.

Sollte sich die Lage der italienischen Staatsfinanzen erwartungsgemäß in den nächsten Monaten zuspitzen, wäre den Verantwortlichen auf deutscher Seite auch ein Blick in die Vergangenheit anzuraten: Als Italien 1974 um einen Hilfskredit von zwei Milliarden Dollar nachfragte, handelte Bundeskanzler Helmut Schmidt aus, dass die Banca d’Italia als Sicherheit ein Fünftel ihrer Goldreserven stellt. Aktuell besitzt Italien Goldreserven von 2451 Tonnen, die im September einen Wert von über 94 Milliarden Euro hatten. Hinter den USA, Deutschland und dem Internationalen Währungsfond hat Italien damit die viertgrößten Goldreserven der Welt. Bekannt gewordene Details des G20-Gipfels in Cannes lassen allerdings vermuten, dass es eher die deutschen Gold- und Währungsreserven sein werden, die statt des italienischen Tafelsilbers zukünftig als Pfand bei der Rettung Italiens herhalten werden. Norman Hanert


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