19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.11.11 / Preußen als Kulisse / Abstruser Krimi von Tom Wolf mit einem Mord am Hofe von Königin Luise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-11 vom 12. November 2011

Preußen als Kulisse
Abstruser Krimi von Tom Wolf mit einem Mord am Hofe von Königin Luise

Für historisierende Preußenkrimis spezieller Art steht der Autorenname Tom Wolf. Unter dem Titel „Die letzte Bastion“ hat der Autor den zweiten Band seiner neuen Reihe der Gerardine-de-Lalande-Kriminalromane herausgebracht. Waren seine Fälle bisher im Umfeld Friedrichs des Großen verankert, so hat er mit der Figur der Ermittlerin Marquise de Lalande einen Sprung ins ausgehende 18. Jahrhundert gemacht. Die Ehefrau eines französischen Erfinders, optischen Fabrikanten und Luftschiffers ist gebildet, durchsetzungsfähig und überaus mutig, also eine für ihre Zeit höchst ungewöhnliche weibliche Persönlichkeit. Als Hofdame der Königin verkehrt sie in höchsten Kreisen. So betrifft denn auch der aufzuklärende Fall von Mord und Erpressung die höfische Gesellschaft um König Friedrich Wilhelm III. und seine Gemahlin Königin Luise.

Das ungewöhnliche Kriminalstück mit einem ausgeprägten Zug ins Groteske hat der Autor mit einer gemischten Besetzung aus namhaften historischen Personen und fiktiven Gestalten ausgestattet. Die Hauptakteurin selbst erzählt, launig und bisweilen spitzzüngig, rückblickend aus späterer Zeit. Ihre Sprache ist eine Mischung aus modernem und antiquiertem Deutsch. Zu den Requisiten der Geschichte gehören menschenähnliche und andere Automaten – über die man damals tatsächlich verfügte, wenn auch nicht in so ausgeklügelter Form – sowie eine Lochkamera, derer sich die pfiffige Lalande bedient, um Beweismittel zu schaffen. Tatsächlich sind die einfachsten Geräte, um optische Abbildungen zu erzeugen, wesentlich später erfunden worden.

Die Handlung lehnt sich an bekannte Tatsachen und teilweise ungeklärte Vorkommnisse an. An einem Nachmittag im August 1798 empfängt die preußische Königsfamilie auf ihrem Gut Paretz an der Havel internationale Gäste. Es wird über die politische Situation in Europa debattiert und auch ein Fall von Kindesentführung ist Gesprächsthema. Aus der „letzten Bastion“, einem Berliner Heim für Waisenkinder, ist ein Zögling verschwunden, ein kleines Mädchen. Niemand außer der Marquise de Lalande weiß, dass in diesem Zusammenhang die Prinzessin Friederike von Preußen von einem Unbekannten erpresst wird, der sich Peregrinus nennt. Stunden später wird die feine Gesellschaft in ihrer Sommeridylle durch die Nachricht aufgeschreckt, dass eine männliche Leiche im See bei Schloss Rheinsberg gefunden wurde.

Gerardine de Lalande beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Ihr ist klar, dass die Kindesentführung und der Mord irgendwie zusammenhängen. Doch das Geschehen bewegt sich hart an der Grenze zum Abstrusen und Aberwitzigen. Wem das nichts ausmacht, dem dürfte diese Lektüre keinesfalls Langeweile verschaffen.          

            Dagmar Jestrzemski

Tom Wolf: „Die letzte Bastion. Ein Gerardine-de-Lalande-Krimi“, berlin.krimi, Berlin 2011, broschiert, 269 Seiten, 9,95 Euro.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren