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19.11.11 / Englands Schicksalsname / Während Britannien unter Elisabeth I. sich anschickte, zur Weltmacht zu werden, fiel es unter Elisabeth II. in Bedeutungslosigkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Englands Schicksalsname
Während Britannien unter Elisabeth I. sich anschickte, zur Weltmacht zu werden, fiel es unter Elisabeth II. in Bedeutungslosigkeit

Zwei große Jubiläen in Großbritannien kündigen sich für das Jahr 2012 an und werfen Licht oder Schatten voraus: Die Eiserne Hochzeit und das Diamantene Thronjubiläum von Königin Elisabeth II. Vielleicht wie keine andere Person auf dieser Welt hat die populäre Monarchin in den letzten 60 Jahren den Niedergang des Britischen Weltreiches, das ihre Namensvetterin Elisabeth I. (1533–1603) aufzubauen begann, miterleben müssen.

Ähnlich wie die amerikanische Schauspielerin Shirley Temple wurde die kleine Prinzessin Elisabeth mit ihrem lockigen Haar kurz nach ihrer Geburt im Jahr 1926 ein Medienstar. Von früh auf in der Etikette des Hofes erzogen, erlebte sie hautnah die Wirren des englischen Königshauses in den 30er Jahren mit, die schließlich unverhofft 1936 ihren Vater Albert als König George VI. auf den Thron gelangen ließen. Der stotternde König, dessen Leben jüngst durch den Film „The King’s Speech“ so beeindruckend in Erinnerung gerufen wurde, war für die junge Prinzessin ein beeindruckender Vater, wie Thomas Kielinger in seiner neuen Biografie „Elisabeth II.“ schildert. Der starke Raucher erkrankte schließlich an Lungenkrebs, sodass die seit 1947 mit dem griechischen Prinzen Philipp (Mountbatton) verheiratete Elisabeth mit einer frühen Thronbesteigung rechnen musste.

Am 6. Februar 1952 ereilte die junge Prinzessin die Nachricht vom Tode des Vaters jedoch völlig unerwartet. Sie weilte zu diesem Zeitpunkt 6500 Kilometer von London entfernt in Kenia im Gäste-Baumhaus „Treetops“ in den Aberdare-Bergen. Zunächst hatte sie, noch im kenianischen Baumhaus weilend, die Frage zu beantworten, welchen Namen sie als Königin zu wählen gedenke. Ihre Wahl fiel auf „Elisabeth“, einen ihrer Vornamen, womit sie unzweifelhaft an die große Tradition von Elisabeth I. anknüpfen wollte, die ab 1558 das „Empire“ mit großer Entschlossenheit und auch Brutalität (gegenüber ihren Gegnern) aufzubauen begann. Elisabeth I. sagte sich endgültig von der katholischen Kirche los und etablierte die anglikanische „Church of England“ als geistliche und moralische Instanz des Weltreichs. Berühmt ist in dieser Hinsicht die Enthauptung ihrer schottischen und katholischen Konkurrentin Maria Stuart (1587). Mit dem Sieg der königlichen Flotte über die spanische Armada (1588), den die Königin von der Küste aus verfolgte, etablierte sich England als vorherrschende Seemacht für die folgenden Jahrhunderte. Die „jungfräuliche Königin“, wie man sie auch nannte, dehnte den Machtbereich der englischen Krone immer mehr aus und legte so die Grundsteine für das spätere Britische Empire. Auch nachdem die britische Krone durch die Glorreiche Revolution (1688) ihre Machtstellung verlor, fühlten sich die englischen Könige stets als Repräsentanten und Sachwalter dieses Weltreiches, das zur Zeit seiner größten Ausdehnung Anfang des 20. Jahrhundert etwa ein Drittel der Landfläche der Erde umfasste.

Im Vergleich der beiden Königinnen mit dem gleichen Namen sehen Historiker eine gewisse Tragik. Kurz gesagt: Was die eine in den 45 Jahren ihrer Regierungszeit aufbaute, dessen Abbau muss die andere nun in den bisher 60 Jahren mehr oder minder tatenlos zusehen. Und keiner weiß, was noch kommen wird. Für 2014 kündigen schottische Nationalisten bereits die Unabhängigkeit von „Großbritannien“ an. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die bereits im Jahr der Thronbesteigung Elisabeths II. begann. 1952 erklärte das große Indien (damals zusammengehörig mit dem heutigen Bangladesch und Pakistan) seine Unabhängigkeit von der Regierung in London. Im Rahmen des „Commonwealth“ blieb Elisabeth allerdings ein repräsentatives Oberhaupt all dieser Länder. In ihrem Heimatland verliest sie jedes Jahr zu Beginn der Parlamentssaison eine Thronrede, die freilich von dem jeweiligen Premierminister verfasst wird.

Insgesamt elf Ministerpräsidenten hat Elisabeth in ihrer langen Zeit als Königin erlebt. Mit ihnen hat sie sich jeweils wöchentlich zum „Tee“ getroffen. Zuerst mit Winston Churchill, der einen Tag nach ihrer Thronbesteigung im britischen Unterhaus die wegweisenden Worte sprach: „Eine gemarterte Menschheit balanciert unsicher zwischen Weltka-tastrophen und einem goldenen Zeitalter.“ Der Premier meinte damit die aufziehenden Gefahren der ostasiatischen Kriege (Vietnam, Korea), des atomaren Wett-rüstens und den Zerfall des britischen Weltreiches. Genau dieser Balance versuchte Elisabeth in den vergangenen 60 Jahren zu folgen. Der Erhalt des „Commonwealth“ der ehemaligen Staaten des Britischen Empires gelang ihr. Derweil kämpfen britische Truppen auch in ihrer Regierungszeit an vielen Stellen der Welt, in den letzten Jahrzehnten um die Falkland-Inseln, in Afghanistan, im Irak und zuletzt in Libyen.

Als „schreckliches Jahr“ führt Elisabeth das Jahr 1992, als das Scheitern der Ehe zwischen „Lady Diana“ und ihrem Sohn, Kronprinz Charles, offiziell wird. Im selben Jahr brennt der Buckingham Palast und fünf Jahre des Niedergangs der britischen Krone bis zum Unfalltod der so populären „Prinzessin der Herzen“ im Jahr 1997, dem Jahr der Goldenen Hochzeit der Queen, folgen.

Seitdem praktiziert Elisabeth einen neuen Regierungsstil und geht auf das Volk mehr zu. Angekommen im 21. Jahrhundert gewinnt sie nun mit der ihr eigenen Disziplin, Frömmigkeit und Bodenständigkeit zunehmend an Sympathien. Nach der Hochzeit ihres Enkels Prinz William in diesem Jahr wollen die Engländer eher Abschied von der Europäischen Union als von der konstitutionellen Monarchie nehmen – im Jubiläumsjahr 2012 wird die große Mehrheit der Briten ihr wieder traditionell wünschen: „God save the Queen.“         Hinrich E. Bues


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