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19.11.11 / Der Treue büßte mit dem Tod / Ausstellung im Schloss Köpenick über Friedrichs Freund Katte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-11 vom 19. November 2011

Der Treue büßte mit dem Tod
Ausstellung im Schloss Köpenick über Friedrichs Freund Katte

Als „preußisches Urerlebnis“ ist der missglückte Fluchtversuch des Kronprinzen Friedrich im Sommer 1730 in die Geschichte eingegangen. Friedrichs Fluchthelfer, sein Jugendfreund Hans Hermann von Katte, wurde am 6. November 1730 in der Festung Küstrin enthauptet; Friedrich musste dem barbarischen Schauspiel zusehen. Ein Bericht vom folgenden Tage an den König hält fest: „Der Prinz soll sich darüber dergestalt alterniret haben, dass er dreimal in Ohnmacht gefallen, auch heute sich sehr übel befinden.“ Alle Darstellungen rücken begreiflicherweise die Auseinandersetzung zwischen dem jähzornigen „Soldatenkönig“ und Vater sowie dem sensiblen Kronprinzen und Sohn in den Mittelpunkt. Die Staatlichen Museen zu Berlin gehen jetzt den umgekehrten Weg. Zur Einstimmung auf die Veranstaltungen im „Friedrich-Jahr 2012“ stellen sie in einer ungemein informativen, ebenso sehenswerten wie materialreichen Ausstellung im Schloss Köpenick das Schicksal des Friedrich-Vertrauten Hans Hermann von Katte in den Mittelpunkt. Unter dem Titel „Anno 1730: Kronprinz – Katte – Königswort“ werden Vorgeschichte des Geschehens, Fluchtversuch, Inhaftierung und Verhöre, Kattes Hinrichtung und die endliche Versöhnung zwischen König und Kronprinz ein Jahr später gezeigt.

Die Kuratoren der Ausstellung, Jürgen Kloosterhuis und Lothar Lambacher, haben eine Fülle von Originaldokumenten zusammengetragen, welche mehrfach die wuchtige Handschrift des Königs zeigen, ferner Memoiren etwa von Friedrichs Lieblingsschwester Wilhelmine, die als vermeintliche Mitwisserin der Flucht vom König getreten und blutig geschlagen wurde, Zeichnungen von Adolph Menzel und Lovis Corinth, das Schwert, mit dem Katte enthauptet wurde und Portraits aller Beteiligten. All das zieht den Betrachter sofort mitten in das dramatische Geschehen. Die Gegensätze zwischen Vater und Sohn waren schon lange vor 1730 eskaliert. Gerade dieses Jahr hatte für den König nicht gut begonnen.

Im Januar 1730 wollten gleich 40 „Lange Kerls“, also des Königs Lieblingssoldaten, fliehen. Der Plan wurde entdeckt und die Strafen fielen, wie die Ausstellung beklemmend dokumentiert, geradezu mittelalterlich-barbarisch aus: Reißen mit glühenden Zangen, Abhacken der Schwurfinger, Spießrutenlaufen, Abschneiden von Nasen und Ohren. Friedrich glaubte, das alles nicht mehr aushalten zu können, er wollte einfach nur weg. Von „Desertation“, wie ihm vorgeworfen wurde, konnte keine Rede sein. Das Kriegsgericht selbst weigerte sich, dieser vom König befohlenen Definition zu folgen und sprach lediglich von „intendirter Absentirung außm Lande“. Sein Jugendfreund Katte bot ihm dabei selbstlos Hilfe und Unterstützung an.

Die Familie Katte geriet dadurch selbst in Zwiespalt. Die Ausstellung zeigt dies sehr anschaulich: einerseits unbedingte Loyalität zu Thron und Land, andererseits  eine selbstbewusste, sich von den Hohenzollern durchaus abgrenzende Familientradition und erste Anklänge einer humanitären Aufklärung. Kattes Großonkel und der Vater, beide einflussreiche Angehörige in Militär und Verwaltung, richteten trotz allen Flehens und aller Gnadengesuche nichts aus.

Auch stellt die Ausstellung manch liebgewordene Legende richtig. So wurde Friedrich bei seinem Fluchtversuch nicht von mehreren Generälen und Bediensteten festgehalten, sondern lediglich ein Adjutant „bat“ ihn mit festen Worten, doch wieder umzukehren.

Kattes Leichnam blieb einen Tag lang vor Friedrichs Gefängniszelle liegen. Dann wurde er in die Familiengruft heimgeholt und in der kleinen Dorfkirche von Wust im Landkreis Jerichow bestattet. Dirk Klose

Die Ausstellung „Anno 1730: Kronprinz – Katte – Königswort“ ist bis zum 5. Februar 2012 im Schloss Köpenick zu sehen. Der Katalog kostet 26 Euro.


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