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26.11.11 / An den Ufern des Rubikon / Deutsche Sparer bereits unwiderruflich Verlierer der Euro-Rettung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

An den Ufern des Rubikon
Deutsche Sparer bereits unwiderruflich Verlierer der Euro-Rettung

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble gehen die besänftigenden Worte aus, denn alle bisherigen Versuche der Euro-Rettung sind spektakulär gescheitert.

Pünktlich zum deutsch-französisch-italienischen Gipfeltreffen zur Euro-Krise erhöhte die US-Ratingagentur Moody’s noch einmal den Druck: Frankreichs Bonitätsnote AAA sei in Gefahr, schallte es vom anderen Ende des Atlantiks. Zuvor schon hatte die Agentur Standard & Poor’s mit einem rätselhaften „Irrtum“ an der Kreditwürdigkeit der zweitstärksten Wirtschaftsnation des Euro-Raums gekratzt. Die Wirkung blieb nicht aus: Die Zinsen, die Paris für die Refinanzierung seiner Altschulden zahlen muss, schnellten in die Höhe.

Ziel der Attacken ist jedoch nicht wirklich Frankreich, sondern Deutschland. Die stärkste und dominierende Euro-Macht soll sich von ihrer Stabilitätsdoktrin verabschieden, damit die augenscheinliche Schwäche des US-Dollars durch eine parallele Aufweichung der europäischen Währung „ausgeglichen“ wird.

Der Druck auf Berlin wurde vor dem Gipfel täglich stärker. Die EU-Kommission legte die alte Idee der „Euro-Bonds“ wieder auf, nennt sie nun „Stabilitätsbonds“. Und von allen Seiten richten sich Forderungen an die Deutschen, ihren Widerstand dagegen aufzugeben, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Schulden der Staaten mit frischem, ungedecktem Geld finanziere.

Eine solche Finanzierung mit der Notenpresse hat in der Vergangenheit stets zur schleichenden Geldentwertung geführt. Gleichzeitig hält die Notenbank die Zinsen künstlich niedrig, damit sich die Staaten leichter verschulden können. Die Folge: Sparer und Versicherte werden mit Zinsen abgespeist, die unter der amtlichen Inflationsrate liegen. Damit werden sie schleichend enteignet, Einlagen und der Kapitalstock von Altersversorgungen schmelzen dahin. Profiteur sind vor allem die hoch verschuldeten Staaten, die so den Realwert ihrer Schulden abbauen.

Allerdings sind die Staaten und ihre Völker nicht gleich: Die Deutschen sind weitaus sparsamer als der Durchschnitt der westlichen Industrieländer. Insbesondere US-Amerikaner und Briten sind wenig sparfreudig, in den USA war die Sparquote sogar jahrelang negativ, die Menschen gaben mehr aus, als sie einnahmen und verschuldeten sich so immer tiefer. Bei einer global abgestimmten Bekämpfung der Reduzierung staatlicher wie privater Schulden per Notenpresse, wie sie außerhalb Deutschlands mittlerweile alle großen westlichen Regierungen anstreben, wären die Deutschen also die großen Verlierer.

Hinsichtlich der Euro-Bonds versucht die EU-Kommission deutsche Bedenken zu zerstreuen: Mit der Vergemeinschaftung der Schulden wären auch einheitliche Regeln für die Haushaltssanierung verbunden. In den Worten des CDU-Politikers Volker Kauder: Europa werde dann „Deutsch sprechen“ und sich strikt an Auflagen halten, damit aus den Gemeinschaftsschulden kein Fass ohne Boden werde.

Der Blick auf die Realität verheißt jedoch wenig Gutes: Im Sommer beklagte sich der damalige italienische Finanzminister Giulio Tremonti angesichts der von der EU auferlegten Sparbeschlüsse seines Landes: „Wenn wir die Euro-Bonds schon hätten, könnten wir uns die Sparbeschlüsse sparen.“ Experten geben sich hinter vorgehaltener Hand sicher, dass die Regierung Berlusconi mithilfe von Euro-Bonds heute noch an der Macht wäre. Erst die vielgescholtenen „Märkte“ hätten seinen Sturz erzwungen.

Wie „strikte Sparauflagen“ in der Praxis enden, zeichnet sich auch in Griechenland ab. Dort hat sich, wie in Italien, eine „Experten-Regierung“ mit Unterstützung einer breiten Parlamentsmehrheit gebildet mit dem Versprechen, nun endlich das Ruder herumzureißen.

Schon aber beschweren sich die Führer der beiden neu in die Regierung eingetretenen Parteien, Nea Dimokratia (ND) und Laos, darüber, dass sie schriftlich ihre Bereitschaft erklären sollen, die Vereinbarungen mit ihren Gläubigern auch einzuhalten. Das sei „überflüssig und erniedrigend“, schimpf ND-Chef Antonis Samaras.

Kanzlerin Angela Merkel sieht sich zunehmend in der Klemme ihrer eigenen Versprechen und falschen Prognosen. Mehrfach schon hat sie ihren deutschen Wählern erklären müssen, warum sich vermeintlich felsenfeste Versprechen der deutschen Regierung den eigenen Bürgern gegenüber vor aller Augen in Luft auflösten. Warum Verträge nach Gusto gebrochen wurden und selbst gigantische Rettungsprogramme wie zuletzt der eine Billion Euro schwere EFSF verpufft sind.

Angesichts der neuerlichen Attacken auf die Basis europäischer Währungsstabilität und damit auf die Werthaltigkeit der Ersparnisse der Deutschen spürt die Bundesregierung offenbar, dass sie an den Ufern des Rubikon angekommen ist. Die jüngsten Äußerungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geben einen Schimmer von Resignation preis: „Ich hoffe und gehe davon aus, dass es uns gelingen wird, die Euro-Zone zu stabilisieren.“ Hoffen, davon ausgehen: So reden Politiker ansonsten nur, wenn sie eine Sache schon fast für verloren halten. Insbesondere Schäubles Sprache war bis vor kurzem noch weitaus forscher. Hans Heckel


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