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26.11.11 / »Reicher – und trotzdem sexy« / Erstmals seit zehn Jahren darf die CDU in Berlin wieder mitregieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

»Reicher – und trotzdem sexy«
Erstmals seit zehn Jahren darf die CDU in Berlin wieder mitregieren

Die SPD nutzt die neue Koalition mit der CDU an der Spree offenbar, um sich selbst von linkem Ballast zu befreien. Senatorennamen bleiben noch geheim.

Die neue Landesregierung von Berlin steht. Im Abgeordnetenhaus verfügen SPD mit 47 Sitzen und CDU mit 39 über eine satte Mehrheit von 86 der 149 Mandate. Die Koalitionsvereinbarung trägt den Titel: „Starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialer Zusammenhalt“. Wowereit kommentierte das in der bekannten schnoddrigen Art: „Wir wollen, dass Berlin reicher wird und sexy bleibt.“ Von den acht Senatoren erhält jede Partei vier. Die SPD wird die Ressorts Finanzen, Stadtentwicklung und Umwelt, Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie Arbeit, Integration und Frauen besetzen, die CDU Inneres und Sport, Wirtschaft, Technologie und Forschung, Gesundheit und Soziales sowie Justiz und Verbraucherschutz.

Die Namen der Senatoren sind noch geheim. Eines schält sich jedoch heraus: Eine zunächst hoch gehandelte enge Merkel-Vertraute, die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters, scheint leer auszugehen, denn als Kulturpolitikerin ist ihr mögliches Ressort an die SPD gefallen. Damit verfügt die Kanzlerin nach dem Abgang ihres Freundes Friedbert Pflüger weiterhin über keinen direkten Draht in die Hauptstadtpartei.

Zunächst haben sich beide Parteien auf Sachbeschlüsse geeinigt. Ganz oben stand dabei der rot-grüne Zankapfel Nummer eins, der Weiterbau der Autobahn A100, an dem die Verhandlungen von SPD und Grünen gescheitert waren. Der Beschluss von CDU und SPD sieht nun sogar vor, dass die Autobahn nicht nur bis in den Ost-Berliner Bezirk Treptow, sondern sogar noch weiter nach Friedrichshain gebaut wird. Das bedeutet für die Stadt eine wichtige Strukturverbesserung.

Rasch waren sich die Bündnispartner auch einig über die Beendigung des von der Linkspartei seinerzeit durchgesetzten „öffentlichen Beschäftigungssektors“. Stattdessen will man eine Verbesserung der Beschäftigungschancen von Langzeiterwerbslosen erreichen. Auf die feste Kennzeichnung von Polizisten soll verzichtet werden. Das war ein wichtiges Ziel von Linken und Grünen, Beamte fürchteten jedoch, so den Racheaktionen linksextremer Schläger ausgeliefert zu werden. Die Beamten tragen nun rotierende, gewissermaßen anonyme Nummernschilder an der Uniform. Eine Zuordnung zur Person ist danach nur unter Zuhilfenahme der Nummernliste möglich.

Erfreulich für die „gelernten WestBerliner“ ist, dass Fernzüge – sogar ICE – künftig wieder am Bahnhof Zoo halten sollen. Den ebenfalls beschlossenen Ausbau der Straßenbahn im Westteil der Stadt, wo dieses Verkehrsmittel seit Mitte der 60er Jahre verschwunden war, sehen viele West-Berliner als Negativpunkt: „Verkehrshindernis“ schimpfen Autofahrer. Ein großes Ärgernis war in jüngster Vergangenheit die S-Bahn. SPD und CDU wollen den Betrieb von einem Viertel der S-Bahn-Strecken nun ausschreiben, was bedeutet, dass die Deutsche Bahn unter Druck gesetzt wird, endlich einen regelmäßigen und zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten.

Gegen den Willen der CDU setzten die Sozialdemokraten einen Mindestlohn von 8,50 Euro bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch. Einen wichtigen Erfolg konnte CDU-Verhandlungsführer Frank Henkel indes mit der Abschaffung des „Straßenausbaubeteiligungsgesetzes“ verbuchen, mit dem Hausbesitzer zur Kasse gebeten werden sollten. Dafür reüssierte die SPD mit der Einführung einer „City-Tax“ auf Übernachtungen in Berliner Beherbergungsbetrieben in Höhe von fünf Prozent des Zimmerpreises. Auch ein Punkt für die SPD: Die aus der Fusion von Haupt-, Real- und Gesamtschulen entstandenen Sekundarschulen sollen bleiben.

Ein kommunales Wahlrecht für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten konnte die Union zwar abwenden. Berlin wird im Bundesrat dafür aber eine Initiative zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Sinne der SPD unterstützen.

Der von der SPD durchgesetzte Polizeipräsident Udo Hansen wurde bestätigt. Hansen hat es als „Hardliner“ schon vor seinem Amtsantritt zum roten Tuch für Linke und Grüne gebracht. Der designierte Innensenator Frank Henkel dürfte indes keine Probleme mit dem neuen Chefpolizisten haben.

„Anti-Nazi-Initiativen“ sollen finanziell weiterhin unterstützt werden, selbst dann, wenn Zweifel an deren Verfassungstreue bestehen. Im Koalitionspapier heißt es dazu lediglich, natürlich sei man „gegen Extremismus jedweder Art“, ohne dass daraus konkrete Schlüsse gezogen werden, etwa die Streichung der Fördermittel an erkennbar linksradikale Gruppen für den Kampf „gegen Rechts“.

Bei den bisher gehandelten Köpfen für den neuen Senat werden bei der SPD immer wieder die Ehefrau des Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, Delik Kolat, und bei der CDU der der junge Berufspolitiker Mario Czaja genannt. Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD, Michael Müller, er gilt als Vertrauter des Regierenden Bürgermeisters, dürfte Senator für Stadtentwicklung und Umwelt werden. Am 28. November sollen die Senatoren bekannt gegeben werden.

Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen hat dem Berliner CDU-Chef Henkel republikweit Beachtung verschafft; Henkels Spree-CDU sticht mit ihrem Einzug in die Regierung hervor aus den CDU-Debakeln im Superwahljahr 2011. Theo Maass


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