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26.11.11 / Genug von Kaczynski / Neusortierung auf der polnischen Rechten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

Genug von Kaczynski
Neusortierung auf der polnischen Rechten

Die polnische Parteienlandschaft ist nach den Parlamentswahlen vom 9. Ok­tober wieder einmal im Umbruch. Anders als in Deutschland, wo die Formationen, die laut Grundgesetz bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, wie unverrück­bare Staatsparteien wirken, ist die politische Szene jenseits von Oder und Neiße lebendiger, abwechslungsreicher, veränderungsfreudiger. Parteien entstehen, stellen die Regierung und versinken nach Abwahl in der Bedeutungslosigkeit. Während die Bundesrepublik seit der Epochenzäsur des Mauerfalls nur zwei Regierungswechsel erlebte, wird die „Dritte Republik“, wie in Polen die staatliche Ordnung nach der Überwindung des Kommunismus und den ersten freien Wahlen vom Juni 1989 genannt wird, bereits vom 14. Ministerpräsidenten regiert.

Insofern ist die Bestätigung der Regierung Donald Tusk für die Verhältnisse Polens ein absolutes Novum. Zeitungen sprechen schon vom „Schock der Kontinuität“ und einer „seltsamen Erfahrung für Wähler und Politiker“.

Gegenwärtig steht die Gründung einer neuen rechtsgerichteten Partei von Kaczynski-Abtrünnigen offenbar kurz bevor. Nach dem abermaligen Wahlsieg von Tusks „Bürgerplattform“ (PO) ist für die größte und führende Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) des ehemaligen Premiers Jaroslaw Kaczynski die Macht in weite Ferne gerückt. Der unerwartet deutliche Vorsprung der Liberalkonservativen ließ den eitlen, von sich eingenommenen und ewig gekränkt wirkenden Ka­czynski düpiert zurück. Seine nationalistisch-konservative Partei verlor mittlerweile sechs Wahlen in Folge. Sein Drang nach der Macht erlitt erst im Juni letzten Jahres einen herben Rück­schlag, als nicht er, sondern sein PO-Kontrahent Bronislaw Komorowski die Stichwahl um das Präsidentenamt gewann.

Drei PiS-Europaabgeordnete, darunter der frühere Kaczynski-Vertraute und stellvertretende PiS-Chef Zbigniew Ziobro, hatten nach der Wahlpleite eine offene Diskussion angemahnt, eine Öffnung der Partei hin zur politischen Mitte gefordert und Kritik am autoritären Führungsstil des Parteichefs geübt. Kaczynski reagierte in gewohnter Manier und ließ die Opponenten am 4. November ohne viel Federlesens aus der Partei ausschließen. Das Magazin „Polityka“ spöttelte in einer Analyse, durch Säuberungen seien der Partei schon mehr Politiker abhandengekommen als in der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk im April 2010.

Im Warschauer Sejm haben sich die „Ziobristen“ bereits als Fraktion mit 16 Abgeordneten konstituiert. Zurzeit läuft ein bizarrer Streit um die Sitzverteilung. Die vom Hof Gejagten, die unter dem künftigen Parteinamen „Solidarisches Polen“ antreten, fordern von der Sejmverwaltung die Sessel rechts von ihren ehemaligen Parteifreunden. Die PiS wiederum sähe sie lieber auf den Bänken hinter sich – nach inoffiziellen Informationen der „Rzeczpospolita“, um sie aus dem Blick­feld der Fernsehkameras zu nehmen.

Derweil wurde bekannt, dass auf der extremen Rechten die Gründung einer neuen Sammlungspartei offenbar kurz bevorsteht. Die „Nationalbewegung“ solle aus dem Zusammenschluss von „Allpolnischer Jugend“ und dem „Nationalradikalen Lager“ (ONR) hervorgehen, berichteten Zeitungen unter Berufung auf einen Spitzel im ONR. Nur die Krawalle am Unabhängigkeitstag (PAZ berichtete) hätten die Ausrufung des Zusammenschlusses verhindert. Christian Rudolf


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