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26.11.11 / Flotte gegen Gas / Russland und die Ukraine einigen sich schweren Herzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-11 vom 26. November 2011

Flotte gegen Gas
Russland und die Ukraine einigen sich schweren Herzen

Da die Kaiserin beschlossen hatte, eine ansehnliche Flotte auf dem schwarzen Meer agiren zu lassen“, gaben deutsche Blätter 1783 den Befehl Katharinas der Großen zur Schaffung der Schwarzmeerflotte wieder. Sie war das Kronjuwel unter den russischen Flotten, ruhmvoller als Nord-, Baltische, Pazifische und Kaspische Flotte, Sprungbrett zum Mittelmeer und den Weltmeeren. Das war einmal. Seit 1995 sind die 167 Schiffe mit 25000 Mann Besatzung der russischen Schwarzmeerflotte eine teure Nutzlosigkeit. Das demonstrierte unlängst Moskaus Stadtregierung, als sie den materiell unbedeutenden, aber symbolisch umso wertvolleren „Fonds Moskau-Sewastopol zum Unterhalt der Schwarzmeerflotte“ strich.

Hauptstützpunkt der Flotte ist die Halbinsel Krim, die Russland 1783 zwar annektierte, die Chruschtschow aber 1954 der Ukraine schenkte. Seit dem Georgien-Krieg 2008 hat diese etwas gegen russische Militärmacht, auch wenn sie an ihr gut verdient: 100 Millionen Dollar pro Jahr zahlt Moskau Stationierungskosten und diese „Miete“ will Kiew ab 2013 um drei, ab 2014 um vier Prozent erhöhen. So lautet die Empfehlung an die autonome Krim, die den profitablen Rat gern akzeptierte.

Vielleicht werden lokale Werftarbeiter die 125000 Dollar bekommen, die ihnen die Flotte allein für 2009 schuldet. Darüber hinaus werden Kiew und Krim keinen Cent sehen, weil die ukrainischen Schulden für russische Gaslieferungen trotz hoher Zahlungen, über eine Milliarde Dollar im Ok-tober, weit höher als russische Flottenmieten sind.

Natürlich erpresst Russland die Ukraine beim Gaspreis, aber dem sind Grenzen gesetzt: Die wichtigsten russischen Pipelines nach Westeuropa führen über ukrainisches Territorium, was Moskaus Spielraum gegenüber Kiew einengt. Der Gaskonflikt 2005/06 ist noch in Erinnerung, als Gasprom seine Lieferungen in die Ukraine drosselte. Das schlug bis Westeuropa durch und ließ Russland als unzuverlässigen Trickser dastehen. Danach begann das endlose Gefeilsche um „skidki“ (Nachlässe): Die Ukraine zahlt Marktpreise, auf die sie bei Abnahme bestimmter Mengen Rabatte bekommt beziehungsweise Strafen zahlt, wenn sie weniger abnimmt.

Am 21. April 2010 vereinbarten die Präsidenten beider Länder, Viktor Janukowitsch und Dmitrij Medwedjew, dass die Flotte bis 2042 auf der Krim bleibt, womit die Gas-Rabatte in Kraft traten. Die Rechtmäßigkeit der Strafe bei Unterschreitung der Mindestmenge drohte die Ukraine vom Straßburger Gerichtshof prüfen zu lassen. Das schreckte Nato und EU auf, mit denen Kiew über Assoziierungsabkommen verhandelt. Russischer „Respekt“ vor dem Westen verhinderte weitere Pressionen auf die Ukraine, den von Moskau lancierten eurasischen Wirtschaftsgemeinschaften beizutreten. So vereinbarten es Janukowitsch, Putin und Medwedjew Ende September: Keine Mitgliedschaft der Ukraine in Moskauer „Zollunionen“, aber weiter ukrainischer West-Kurs! Keine Gaspreistrickserei, worüber ein neues Konsortium Russland-Ukraine-EU wacht. Selbst die Schwarzmeerflotte wird nützlich – als Nato-Hilfstruppe zur Rettung verunglückter Schiffe. W. Oschlies


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