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03.12.11 / »Ich bin kein Keynesianer«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

»Ich bin kein Keynesianer«

Der Brite John Maynard Keynes gilt als der einflussreichste Ökonom des 20. Jahrhunderts. Sein Konzept, dass in Zeiten wirtschaftlicher Depression der Staat ausbleibende private Investitionen ersetzen und die Nachfragelücke selbst über kreditfinanzierte Ausgaben schließt, gilt auch heute noch oft als Patentrezept.

Keynes selbst war sich den Grenzen seines Konzepts durchaus bewusst. Im Alter musste er mit ansehen, wie Anhänger, die sich auf ihn beriefen, immer extremere Positionen einnahmen. „Ich bin kein Keynesianer“, machte er in seinem letzten Lebensjahr, mit Hinblick auf Forderungen, die in seinem Namen erhoben wurden, klar.

Auch Deutschland setzte 1933 unter Reichsbankchef Hjalmar Schacht eine Wirtschaftsankurbelung mit staatlichen Krediten um. Zwar gelang es, vor allen anderen Ländern einen Ausweg aus der Weltwirtschaftskrise zu finden, die Begleiterscheinungen waren aber zerrüttete Staatsfinanzen und wachsende Inflation. Vor der breiten Masse konnten die negativen Folgen lange Zeit verborgen werden, für Reichsbankchef Schacht war aber bereits ab Januar 1939 klar, dass das Dritte Reich de facto bankrott war.

Keynes selbst beschäftigte sich erst ab 1940 ernsthaft mit dem Problem wachsender Geldmengen. Inflation war für ihn lediglich eine Folge von Vollbeschäftigung, die zu einem Nachfrageüberhang und damit zu steigenden Preisen führt. Senken wollte Keynes den Geldüberhang bei Bedarf durch steuer- und geldpolitische Maßnahmen.

Dass diese Sicht allzu simpel war, erwies sich in den 1970er Jahren, als sich in der Weltwirtschaft eine sogenannte Stagflation einstellte: Wachsenden Inflationsraten gingen nicht mit Vollbeschäftigung, sondern mit wachsenden Arbeitslosenzahlen einher. N.H.

 

Zeitzeugen

John Maynard Keynes – Als Vertreter des britischen Schatzamts war Keynes Mitglied der britischen Delegation bei den Verhandlungen zum Versailler Diktat. Aus Protest gegen die Vertragsbedingungen trat der Ökonom Keynes von seinem Posten in der Delegation zurück. Zutreffend prophezeite er bereits 1919 als Folge der Deutschland auferlegten Reparationszahlungen eine Destabilisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen.

Hjalmar Schacht – Als Reichs-währungskommissar und späterer Reichsbankpräsident war der in Nordschleswig geborene Schacht an der Beendigung der Hyperinflation durch Einführung der Rentenmark im November 1923 beteiligt. Zwischen 1923 und 1930 sowie von 1933 bis 1939 stand Schacht an der Spitze der Reichsbank, zusätzlich war er von 1934 bis 1937 Reichswirtschaftsminister.

Montagu Norman – Als Gouver-neur der Bank von England stand Montagu Norman von 1920 bis 1944 an der Spitze der britischen Notenbank. Unter seiner Verant-wortung wurde am 19. September 1931 die Goldkonvertibilität des Pfund Sterlings aufgegeben. Der Schritt symbolisiert den Anfang des Zerfalls des internationalen Goldstandards. Norman galt als enger Freund sowohl des deutschen Reichsbankchefs Hjalmar Schacht als auch Benjamin Strongs, der bis 1928 an der Spitze der US-Zentralbank FED stand.

Clément Moret – Als Gouverneur stand er zwischen 1930 und 1935 an der Spitze der Banque de France. Die neuere Forschung schreibt der französischen Notenbank durch ihre Geldpolitik eine Mitverantwortung bei der Verschärfung der Weltwirtschaftskrise zu. Von sieben Prozent der globalen Reserven 1926 erhöhte die Banque de France ihre Goldreserven bis 1932 auf 27 Prozent, ohne die Papiergeldmenge aufzustocken. Diese „Goldverknappung“ setzte andere Länder, die ihre Währung an den Goldstandard gebunden hatten, unter starken deflationären Druck.


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