29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.12.11 / Kampf um das Kreuz / Polen: Antiklerikale »Bewegung Palikot« agitiert gegen Christentum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Kampf um das Kreuz
Polen: Antiklerikale »Bewegung Palikot« agitiert gegen Christentum

Es war ein angekündigter Skandal: Noch im Wahlkampf um die Neubesetzung des polnischen Parlaments in Warschau machte die radikal-liberale, antiklerikale „Bewegung Palikot“ massiv Stimmung gegen den angeblich zu starken Einfluss der Kirche in Polen. In Sonderheit richtete sich die Ablehnung der erst vor einem Jahr gegründeten Gruppierung, die mit der deutschen Piratenpartei verglichen wurde, gegen das Kreuz in der Öffentlichkeit. Im Interview mit der „Welt“ forderte Parteichef Janusz Palikot, die „religiösen Symbole“ müssten den „öffentlichen Raum verlassen“ – was im noch immer mehrheitlich gut katholischen Polen nur als Attacke auf das Kreuz verstanden werden kann. Dieses sei kein nationales oder staatliches Symbol, so der ehemalige Schaumwein-Produzent.

Nach ihrem unerwartet hohen Sieg mit zehn Prozent Stimmenanteil und dem dritten Platz in der polnischen Parteienlandschaft legten die Laizisten sofort los mit ihrem Programm: Das Kreuz müsse weg. Stein des Anstoßes ist ein Kreuz, das im Parlamentssaal des Warschauer Sejm hängt – unbeanstandet seit 14 Jahren. Die Fraktion der „Bewegung Palikot“ reichte nun erneut einen Antrag zur Entfernung des Kreuzes aus dem Sejm ein, den zweiten seit den Wahlen vom 9. Oktober. Ihre Abgeordneten argumentieren, das Kreuz sei widerrechtlich dort angebracht worden. Die Anwesenheit eines religiösen Symbols im Plenarsaal verletze die Verfassung.

Um die hochkochende Debatte zu versachlichen, entschied Parlamentspräsidentin Ewa Kopacz auf Druck der Parlamentsneulinge, eine rechtliche Expertise bei der Sejmverwaltung einzuholen. Palikot frohlockte öffentlich: „Na, bitte, geht doch, ein großer Fortschritt.“ Doch die Stellungnahme kann dauern. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Angelegenheit bis vor das Verfassungsgericht geht.

Die größte Oppositionsfraktion, die Kaczynski-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), hält das Vorgehen für unnütz. Ein PiS-Abgeordneter strich das Dilemma heraus: „Falls die Analyse Palikot Recht gibt, wird Frau Kopacz ein ernstes Problem haben, ob sie das Kreuz wirklich abnehmen lässt.“ Zudem habe die Regierung Tusk es abgelehnt, sich mit dem Kreuz-Streit zu befassen.

„Die Entscheidung sollte nicht in den Händen von Juristen, sondern von Politikern liegen, die das Volk repräsentieren“, warnte unterdessen der frühere Verfassungsrichter Wiesław Johann die Politik davor, sich vor einer Entscheidung zu drücken.

Der künstlich erzeugte Streit um das Kreuz so kurz nach den Wahlen und im Umfeld des Nationalfeiertags hat die Öffentlichkeit aufgewühlt und Kirchenvertreter in Predigten und Artikeln zu einer deutlichen Verteidigung des Christentums herausgefordert.

Der „Kreuzzug der Jungen“ sammelte indes nach eigenen Angaben 50000 Unterschriften zur Verteidigung des Sejm-Kreuzes. Vor dem Parlament in Warschau protestierte die Vereinigung gegen „Bestrebungen, christliche Symbole in Europa auszumerzen“. „So etwas wie weltanschauliche Neutralität gibt es nicht“, argumentierte deren Vertreter Maciej Maleszyk. Der Staat folge immer einer bestimmten Moral. „In der westlichen Zivilisation, zu der Polen gehört, war die Ethik, nach der sich der Staat richtete, immer auf das Evangelium und die Zehn Gebote gegründet.“ Das Eintreten für religiöse Neutralität erweise sich häufig nur als Kampf gegen die katholische Kirche – „aber die Moslems können tun, was sie wollen“. Christian Rudolf


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren