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03.12.11 / Sprengsatz für Sparprogramm / Weitere Bankenrettungen gefährden Haushaltssanierung der neuen spanischen Regierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Sprengsatz für Sparprogramm
Weitere Bankenrettungen gefährden Haushaltssanierung der neuen spanischen Regierung

Der Wahlsieg der konservativen Volkspartei Partido Popular (PP) bei den spanischen Parlamentswahlen am 20. November ist fast historisch zu nennen. Im Parlament kann sich der neue Regierungschef Mariano Rajoy auf eine absolute Mehrheit stützen. Eine historische Dimension haben allerdings auch die Aufgaben, die auf den Wahlsieger warten. Wahrscheinlich ist sogar, dass ein Teil der Probleme bisher sogar von der sozialistischen Vorgängerregierung vor der Öffentlichkeit verborgen wurde.

„Es wird keine Wunder geben“, so Rajoy. Nüchterne Worte für einen Wahlsieger, der mit fast 45 Prozent 186 Mandate im Parlament und damit die absolute Mehrheit erreicht hat. Angesichts des politischen Erbes, das Rajoy vom scheidenden Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero von den Sozialisten antritt, aber wahrscheinlich sogar eine Beschönigung dessen, was auf Spanien in den nächsten Jahren zukommen wird.

Auch die Reaktion der Finanzmärkte nach dem Machtwechsel kann man schwerlich euphorisch nennen: Am Montag nach der Wahl verlor der Aktienindex Ibex im frühen Handel fast zwei Prozent und die Zinsen für langfristige Staatsanleihen stiegen zunächst an, bis sie sich bei 6,5 Prozent einpendelten. Die Skepsis an den Märkten ist nicht verwunderlich: Nach den Erfahrungen der letzten Kommunalwahlen vom Mai 2010 ist nicht auszuschließen, dass in den nächsten Tagen und Wochen noch zahlreiche Altlasten an die Öffentlichkeit kommen, die von der Vorgängerregierung unter dem Sozialisten Zapatero bisher „unter dem Deckel gehalten“ wurden.

Nach den Kommunalwahlen im Jahr 2010 tauchten auf lokaler und regionaler Ebene nach politischen Machtwechseln zahlreiche vor sich hergeschobene, unbezahlte Rechnungen in den „Schubladen“ der Rathäuser auf, die den Schuldenstand so mancher Kommune schlagartig erhöhten. Kurz nach der Wahl können derartige Altlasten immer noch der Vorgängerregierung angelastet werden.

Aber bereits ohne derartige Hinterlassenschaften bleibt die Lage Spaniens schwierig genug: Mit knapp 22,6 Prozent liegt die Arbeitslosenquote noch höher als im Pleitestaat Griechenland. Mit 46,2 Prozent ist fast jeder zweite spanische Jugendliche ohne Arbeit. Wahlsieger Rajoy muss einerseits das Haushaltsdefizit – im Jahr 2010 9,2 Prozent der Wirtschaftsleistung – eindämmen, ohne die ohnehin schwächelnde Wirtschaftsentwicklung weiter abzuwürgen.

Hoffnungen, dass sich Wachstumsraten wie in der Vergangenheit noch einmal einstellen werden, sind ohnehin illusorisch: Das vermeintliche spanische Wirtschaftswunder der Jahre nach der Einführung des Euro hat sich inzwischen als gigantische Immobilienblase herausgestellt, deren Platzen die Existenz zahlreicher spanischer Banken noch immer bedroht. Aktuell haben die spanischen Banken 308 Milliarden Euro an offenen Immobilienkrediten in ihren Büchern. Die Hälfte dieser Kredite gilt inzwischen als problematisch. Immer mehr Objekte werden von den Banken selbst übernommen, da Kreditraten nicht mehr bezahlt werden. Die in Madrid tätige Unternehmensberatung Mac Group geht davon aus, dass es bis zu 40 Jahre dauern könnte, bis die von den Banken übernommen Grundstücke „mitten im Nichts“ verkauft und verwertet sein werden. Für Immobilien im Buchwert von 30 Milliarden Euro ist die Prognose allerdings noch niederschmetternder: Sie gelten als völlig unverkäuflich.

Überstehen werden derartige Belastungen nur einige Großbanken, während kleinere Institute, die sich vorwiegend auf den spanischen Markt konzentriert haben, immer öfter auf der Strecke bleiben. Jüngstes Beispiel für diese Entwicklung ist die erst kürzlich verstaatlichte „Banco De Valencia“.

Die Kosten für die gestrauchelten Banken entwickeln sich immer mehr zu einer Belastung für den ohnehin angespannten Staatshaushalt. Wie wenig der jüngste Regierungswechsel die Investoren beruhigt hat, war an den jüngsten Auktionen von spanischen Staatsanleihen erkennbar. Während zehnjährige Anleihen immer mehr in Richtung auf sieben Prozent gehen, erzielen auch die kurzfristigen drei- und sechsmonatigen Anleihen inzwischen Renditen im Bereich von fünf Prozent. Beides sind Warnsignale: Das Erreichen der Sieben-Prozent-Marke bei zehnjährigen Anleihen war für Griechenland und Irland der Auslöser, um bei EU und Internationalem Währungsfond um Hilfe zu bitten.

Fast brisanter noch ist aber das Anziehen der Renditen bei den „Kurzläufern“. Die sich immer mehr abzeichnende inverse Zinsstruktur, bei der die kurzfristige Finanzierung teurer wird als die langfristige, gilt an den Märkten als Alarmsignal aller erster Güte. Auch die Gerüchte über eine informelle Anfrage von Seiten des spanischen Finanzministeriums an die Presseagenturen Reuters und Bloomberg, doch bessere Renditewerte der vorhergehenden Anleiheauktionen zu verwenden, dürften bei Investoren kaum Vertrauen geschaffen haben.

In der Tat dürfte eine spanische Anfrage nach Geldern aus dem EFSF-Rettungsschirm nur noch eine Frage des richtig gewählten Zeitpunkts sein. Bereits im Vorfeld der spanischen Parlamentswahl soll es Gespräche zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und PP-Chef Rajoy gegeben haben: Im Gespräch sind 200 Milliarden Euro – 100 Milliarden Euro zur Stabilisierung der spanischen Banken und 100 Milliarden Euro für die Schulden der spanischen Provinzen. Norman Hanert


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