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03.12.11 / Der Farben beraubt / Autorin berichtet über das Leben einer Blinden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Der Farben beraubt
Autorin berichtet über das Leben einer Blinden

Unter dem Titel „Magdalenas Blau. Das Leben einer blinden Gärtnerin“ erschien die Biografie der blinden Magdalena. Die Biografie kommt im Gewand einer Autobiografie daher: Aus der angenommenen Perspektive der fast 80-Jährigen schildert die Journalistin Ulla Lachauer den steinigen Lebensweg einer Frau, die durch ihr Augenleiden von Kindheit an benachteiligt war und immer um Teilhabe gekämpft hat. Lachauers Buch beruht auf ausführlichen Interviews mit Magdalena. Häufig ist darin vom Sehen die Rede und von den verschiedenen Farben dieser Welt, und man kann viel darüber lernen, was Blindsein bedeutet.

Magdalena wurde 1933 geboren. „Unsere Magdalena hat was mit den Äugle“, diese häufig geäußerte Bemerkung ihrer Mutter und ihres Vaters, von Beruf Malermeister, verstand das kleine Mädchen überhaupt nicht. Im Gegensatz zu ihren drei gesunden Geschwistern verfügte Magdalena zwar nur über eine geringe Restsehfähigkeit von rund zwei Prozent, hatte aber gelernt, sich in ihrer Umgebung anhand von Geräuschen und vor allem durch Farben zu orientieren. Bald aber wird ihr das Fast-Blindsein schmerzlich bewusst und dieser Schmerz wird ihr lebenslanger Begleiter. Mit aller Kraft wehrt sich das ungebärdige Kind gegen Ausgrenzung und versucht, bei allen Spielen mitzutun. Nach der Bombardierung Freiburgs am 27. November 1944 findet die Zwölfjährige mit Hilfe von Ohren und Nase und Händen aus der brennenden Stadt heraus.

1958 heiratete Magdalena Konrad, einen angehenden Lehrer, der normalsichtig ist. Ihre Bürotätigkeit bei der Post in Freiburg gab sie auf und folgte ihrem Mann in ein winziges Bergdorf im Schwarzwald mit Eigenheim und großem Garten. Die Befürchtung, Sohn Lukas könnte die Augenkrankheit seiner Mutter geerbt haben, bewahrheitete sich. Doch der Junge lernt eifrig durch Zuhören.

Magdalena erblindet mit 60 Jahren vollständig – was für ein gewaltiger Unterschied zwischen fast nichts und nichts, ruft sie aus. Schrecklich war für sie das Verschwinden der Farben. Das Blindsein schottet ab, zudem lenke Sehen vom Grübeln ab. Lachauer, die gerade mit dem Barbara-Künkelin-Preis der Stadt Schorndorf geehrt wurde, weil sie Geschichten nicht um ihrer selbst willen erzählt, sondern aus Sicht aktueller, oft brennender und verborgener Problemlagen und weil sie vertriebenen, entwurzelten Menschen eine Stimme gegeben hat, dürfte mit diesem Buch vielen Menschen Anregung zum Nachdenken geben. Dagmar Jestrzemski

Ulla Lachauer: „Magdalenas Blau. Das Leben einer blinden Gärtnerin“, Rowohlt Verlag, Berlin 2011, geb., 224 Seiten, 19,95 Euro


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