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03.12.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-11 vom 03. Dezember 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Bis zum Hals / Was uns der Verfassungsschutz erklären muss, was die anderen von den Deutschen wollen, und was wir nun mit bloßem Auge erkennen

Die also auch: Beate Zschäpe, die Dritte im Bunde des „Neo-Nazi-Trios“, auf dessen Konto mutmaßlich zehn Morde gehen, soll im Nebenberuf Agentin des Verfassungsschutzes (VS) gewesen sein. Die Meldung kam zeitgleich mit dem Bericht, dass ein weiterer Neo-Nazi namens Wohlleben verhaftet worden sei.

Derzeit ist noch unbekannt, ob Wohlleben ebenfalls als Nebenerwerbsagent unterwegs war oder ob wir es hier tatsächlich mal mit einem Neo-Nazi ohne berufliche Verbindungen zu den „Diensten“ zu tun haben. Mittlerweile wäre das ja eine richtige kleine Sensation.

Just im Jahr 1998, als das Trio Mundlos-Böhnhardt-Zschäpe „abtauchte“, knüpfte das Fräulein Zschäpe laut „Leipziger Volkszeitung“ Bande zum Verfassungsschutz, die bis 2011 gehalten haben sollen. Wir setzen abtauchen in Anführungszeichen, denn so richtig weg scheinen die ja gar nicht gewesen zu sein, jedenfalls nicht für den VS. Wir wüssten gern, welche Rolle die Zschäpe in der Dreiergruppe spielte. Bloß Mundlosens Betthäschen? Oder doch mehr? Vielleicht gar die Anführerin, die die beiden Mordbuben dirigiert hat? Dann stecken die Geheimdienstler endgültig bis zum Hals im selbstproduzierten braunen Mist.

Ob wir da je Näheres erfahren werden? Kaum, denn wenn sie so etwas zugäbe, würde Zschäpe sich schließlich selbst belasten. Also vertrauen wir darauf, dass sich die Agentin sich selbst und ihren Kollegen beim VS gegen­über kollegial verhält und ihre Aussagen entsprechend rücksichtsvoll formuliert.

Der Verfassungsschutz wirbt jetzt vor allem um unser Vertrauen. Das wird schwer, denn Vertrauen ist ein rares Gut geworden. Derzeit scheint es nahezu völlig aus unseren Regalen zu verschwinden, weshalb die Werbung darum so anstrengend geworden ist.

Europas Regierungen werben seit anderthalb Jahren. Sie haben unser Vertrauen verloren, weil sie dreist gegen riesige Teile des europäischen Vertragswerks verstoßen haben. Nun wollen sie das Vertrauen zurückgewinnen, indem sie noch dreister gegen noch viel größere Teile des Vertragswerks verstoßen. Diese Vorgehensweise verstehen nur Eingeweihte, die Deutschen verstehen sie offensichtlich nicht.

Das ärgert die meisten unserer Nachbarn. Die Stimmung in Europa ist auf dem Gefrierpunkt angekommen. Auf Berlin richten sich wütende Blicke. Allerdings ist es kaum möglich herauszubekommen, was uns diese Blicke eigentlich sagen wollen. Deutschland solle endlich seine Führungsrolle einnehmen und klare Ansagen machen, schallt es aus tausend Kehlen von Lissabon bis Warschau. Sobald in Berlin aber jemand auch nur den Mund spitzt, um etwas zu sagen, dröhnt es aus den selben Kehlen: „Was fällt denen ein? Die Deutschen bevormunden ihre Euro-Partner! Sie wollen das Vierte Reich und führen Krieg gegen Europa!“

Klingt nach komplizierter Lage. So verzwickt ist das aber gar nicht. Eigentlich wollen sie nur, dass wir ihnen alles geben, was wir haben. Und dann noch etwas mehr, für das wir uns über die nächsten hundert bis dreihundert Jahre verschulden sollen, damit der „deutsche Dämon“ dann wirklich für alle Zeit gebändigt wäre. Wenn wir das machen, hätten wir Frieden und von unseren Freunden die Botschaft, dass das – vor dem Hintergrund unserer Geschichte (die anderen haben ja keine) – ja auch das Mindeste gewesen ist, was wir unseren Nachbarn schuldig gewesen sind.

Mit der deutschen Politik wäre so ein Frieden vielleicht sogar zu machen. Nur das Volk ist irgendwie misstrauisch geworden. Man hat ihm dermaßen viel vorgemacht, dass es sich kaum noch etwas vormachen lässt. Vor dem 13. Dezember geht ohnehin fast gar nichts: Bis zu dem Tag stimmen die FDP-Mitglieder darüber ab, was sie vom Rettungsschirm EFSF halten. Und bis zu diesem heiklen Datum will Angela Merkel mit der Wahrheit so sparsam wie möglich umgehen, um den EFSF-Gegnern in der FDP keine zusätzliche Munition zu liefern. Deren Magazin ist eh randvoll.

In ihrer Hilflosigkeit flüchtet sich die Politik ins Gebüsch der Phrasen und Floskeln. So hat sie das immer gemacht, wenn’s um „Europa“ ging: EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat mit seinen „Stabilitäts-Bonds“ den Anfang gemacht. Hat aber irgendwie nicht geklappt, das Täuschungsmanöver. Den Deutschen reichte nämlich schon die Tatsache, dass die neue Schöpfung von dem Portugiesen stammte, um sie unseriös zu finden.

Nun eilte ein Unbekannter (Merkel will es nicht gewesen sein) zu Hilfe und trug solange Politur auf, bis die abgenutzte Idee gemeinsamer Schulden als „Elite-Bonds“ neu erstrahlte. Wie nobel das klingt! Da könnte man glatt vergessen, dass es sich um nichts als Schulden handelt. Nur eines bleibt von Bond zu Bond immer gleich: Deutschland zahlt das meiste und muss damit rechnen, dass das Geld für immer flöten geht.

Daher ist zu befürchten, dass die „Elite-Bonds“ in den Augen der Deutschen ebenso schnell verblassen wie die anderen Angebote der Hütchenspieler. Es wäre daher sinnvoll, schon jetzt einen Vorrat an Nachfolgenamen anzulegen, der ein paar Wochen reicht.

Angesichts der zwischen London und Paris wieder in Mode gekommenen Kriegsvokabeln käme „Friedens-Bonds“ bestimmt gut an. „Versöhnungs-Bonds“ wäre ebenfalls hübsch. Ach nein, daraus machen die Medien in ihrer Abkürzungswut wahrscheinlich „V-Bonds“. Und dann dauert es nicht lange, bis irgendein Witzbold die „V-Bonds“ zu „Versailles-Bonds“ ausschreibt, womit wir der Wahrheit dermaßen nahekämen, dass die Deutschen sie mit bloßem Auge erkennen könnten. Exakt das soll mit den Floskeln doch vermieden werden.

Versailles, das erinnert an den Ersten Weltkrieg und die Reparationsfolterkammern, in denen die ideologischen Ahnen von Herrn Mundlos ausgebrütet wurden. Damals hatte die Reichsbank eine wunderbare Idee, wie sie die Schulden beim deutschen Volk, die Berlin über Kriegsanleihen dort gemacht hatte, loswerden konnte: Sie warf die Notenpresse an, bis aus den 160 Milliarden Mark ein Gegenwert von 16 Pfennigen geworden war.

Düstere Statistiken behaupten, dass uns diese Krise sogar mehr Geld kosten könnte als der Erste Weltkrieg, wenn weiterhin alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann. Wenn also auch die Bonds in die Hose gehen. Und danach sieht es ja aus.

Doch keine Furcht, für diesen Fall liegt die nächste Idee bereit: Damit die wackelnden Euro-Länder nicht in ihren Schulden versinken, schmeißt die Europäische Zentralbank die Notenpresse an. Während wir dann Opas Waschkörbe vom Dachboden holen, hören wir aus der Tiefe ein teuflisches Lachen, wo ein alter Mann in der Versagerhölle schmort. Es ist Rudolf Havenstein, jener Reichsbankpräsident, der Opa Anno 1923 schon mal diese Körbe füllte, bis ihn nur fünf Tage nach Ende der deutschen Horrorfahrt am 20. November ’23 der Schlag traf.

Na ja, nun mal halblang: So schlimm wird’s nicht, das sagen selbst die Pessimisten. Maximal zehn Prozent Inflation prophezeit der Ökonom Lüder Gerken vom „Freiburger Centrum für Europäische Politik“. Gut, der Wert unseres Geldes wird also nicht binnen Monaten pulverisiert, sondern erst im Verlauf von sieben Jahren halbiert, in 14 Jahren geviertelt. Da haben wir ja nochmal Glück gehabt, oder etwa nicht?

Wie sprach Jean-Claude Trichet, der jüngst ausgeschiedene Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), noch diesen Sommer, als er den Karlspreis bekam? „Wir haben den Deutschen versprochen: Der Euro wird so hart wie die Mark. Und so hart wie die Mark ist er geworden.“ Da haben wir alle geklatscht. Wir hatten übersehen, dass der Banker nicht erwähnte, welche Mark der deutschen Währungsgeschichte er damit meinte.


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