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10.12.11 / Linker Scheinerfolg / EU-Beitrittskandidat Kroatien: Der wahre Wahlsieger ist die Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Linker Scheinerfolg
EU-Beitrittskandidat Kroatien: Der wahre Wahlsieger ist die Krise

Die klare Zustimmung des EU-Parlaments zum Beitritt Kroatiens drei Tage vor den dortigen Parlamentswahlen mochte wie Schützenhilfe für die national-konservative Regierungspartei HDZ aussehen. War aber nur Zufall und hatte ohnehin keine Auswirkungen, denn das für 4. Dezember erwartete Debakel der HDZ trat tatsächlich ein. Es kam also wie beim Nachbarn Slowenien, wo am selben Tag eine linke Regierung abgewählt wurde, und wie überall: Regierungen stürzen, egal ob linke oder rechte, und eigentlicher Sieger ist die Schulden- und Wirtschaftskrise.

Am Balkan kommt das Thema Korruption dazu, wenngleich Kroatien laut Transparency International besser dasteht als Italien, Slowenien und Spanien. Bekanntestes Beispiel ist der vor Monaten auf Basis eines internationalen Haftbefehls in Österreich verhaftete kroatische Ex-Premier Ivo Sanader, der bereits vor Gericht steht. Vielfältigen Verdacht gibt es auch gegen die HDZ selbst, die seit der Staatsgründung 1991 außer von 2000 bis 2003 an der Macht war. Sanaders Nachfolgerin Jadranka Kosor hatte sich zwar konsequent um mehr Sauberkeit bemüht, aber das kam offenbar zu spät.

Bei 62 Prozent Wahlbeteiligung verlor die HDZ 19 ihrer bisher 66 Parlamentssitze. Die „Kukuriku“ genannte linke Vierer-Koalition erreichte zwar mit 80 von 151 Mandaten die absolute Mehrheit, blieb aber deutlich hinter den positiven Prognosen zurück. „Kukuriku“, der Hahnenschrei auf Kroatisch, sollte quasi „Kroatien erwache“ signalisieren und kommt vom Namen des Lokals, in dem man einst das Bündnis vereinbarte.

Zoran Milanovic als voraussichtlicher neuer Premier wird es mit dieser zerfallträchtigen Koalition aber nicht leicht haben, zumal das Land noch unter der ersten Rezessionswelle leidet, während schon die nächste droht. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 18 Prozent, das Wirtschaftswachstum stagniert, und Investitionen aus dem Ausland sind stark zurückgegangen. Die EU-Begeisterung der Bevölkerung ist längst verflogen.

Die EU-Aufnahme Kroatiens nach Abschluss der Ratifizierungsverfahren in allen EU-Staaten wird Mitte 2013 erwartet. Endgültig gescheitert ist damit jedenfalls das Bestreben der „Entente“, nach dem Zerfall ihres Schützlings Jugoslawien wenigstens den Beitritt Kroatiens so lange zu verzögern, bis man alle Zerfallprodukte gemeinsam als „Westbalkan“ in die EU hätte aufnehmen können.

Für Kroatien hatten sich besonders Österreich und Ungarn eingesetzt, und sehr begrüßt wird der Beitritt auch von der Stadt Triest, die ja 1918 und noch mehr 1945 von ihrem Hinterland abgeschnitten worden war. Österreich ist der größte Investor in Kroatien, und österreichische Banken halten 60 Prozent des dortigen Bankgeschäfts. Heute sehr zum Kummer der Währungs- und Budgetverantwortlichen, denn die Verluste sind beträchtlich und noch weit Ärgeres droht durch Haftungen, vor allem für die notverstaatlichte Hypo Alpe Adria. R. G. Kerschhofer


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