© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-11 vom 10. Dezember 2011

Übers Grab
Weihnachtsliebesgeschichte

Nicht jeder freut sich auf Weihnachten. So auch nicht die Apothekerin Katharina in Anja Jonuleits Weihnachtserzählung „Neunerlei“. Ihre Perspektiven sind trostlos: Entweder neben ihrem Vater und seiner neuen Frau vor dem Fernseher sitzen und Weih-nachtsshows sehen oder mit ihrer Mutter, die Lkw-Fahrerin ist, in der Fahrerkabine auf einer Straße.

Auch Sami, der als Baby ausgesetzt wurde und daher in Heimen aufwuchs, kann mit dem Fest der Liebe nichts anfangen. Doch als er auf der Suche nach Themen für einen seiner Groschenromane, mit deren Verfassen er seinen Lebensunterhalt verdient, über einen Friedhof schlendert, entdeckt er ein Glas mit einer ihm unbekannten Substanz auf einem namenlosen Grab. Von der Neugier getrieben, um was es sich hier handelt, landet er in der Apotheke von Katharina und bittet sie um Rat. „Piment“, lautet ihre Antwort.

Alle paar Tage entdeckt Sami nun ein neues Gewürz auf dem Grab, und zusammen mit der inzwischen auch an den Hintergründen hierfür interessierten Katharina versucht er, das Rätsel um die Substanzen zu lösen.

Anja Jonuleit hat mit „Neunerlei“ eine kleine, aber feine Erzählung vorgelegt, in der einsame Herzen über das Grab einer unbekannten Person hinweg zueinanderfinden. Des Rätsels Lösung ist zwar unspektakulär, dafür wird einem warm ums Herz. Inwieweit die Weihnachtserfahrungen der Autorin auch von den Erzählungen ihrer ostpreußischen Großmutter inspiriert wurden, bleibt allerdings offen. Bel

Anja Jonuleit: „Neunerlei. Eine Weihnachtserzählung“, dtv, München 2011, 93 Seiten, 7,95 Euro