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17.12.11 / Begnadeter Selbstdarsteller / Ehemaliger Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt für Unmut

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Begnadeter Selbstdarsteller
Ehemaliger Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt für Unmut

Startet Deutschlands einstiger Medienliebling Karl-Theodor zu Guttenberg mit der soeben bekannt gegebenen Initiative zur Freiheit im Internet in Kooperation mit der EU in Brüssel einen Probelauf, um sich bei seinen Fürsprechern an der US-Ostküste zu beweisen? Sollte der selbsternannte zoon politikon (politische Mensch) sein bisheriges spektakuläres Biotop vorübergehend verlassen, um im stillen digitalen Kämmerlein Blogger und Netzaktivisten dabei zu unterstützen, über autoritäre Regime zu informieren? Das könnte ihm ungeahnten Zuspruch eintragen – zum Beispiel bei der Piratenpartei.

Zuvor landete er mit der Veröffentlichung seines Buchs „Vorerst gescheitert“ einen öffentlichkeitswirksamen Coup. Dabei beschränkt sich sein Versuch einer Aufarbeitung lediglich auf das Eingeständnis, einen „ungeheuerlichen Fehler“ begangen zu haben. Schlicht überfordert sei er gewesen, habe sich gezwungen gesehen, die Arbeit an der Dissertation immer häufiger zu unterbrechen, teilweise mit Jahresfrist. Letztendlich habe er auf 80 Datenträger zurückgreifen müssen, auf denen er seine Erkenntnisse zu Lande und sogar in der Luft gespeichert habe. Damit zieht sich zu Guttenberg hinter eine Verteidigungslinie des wenig strukturierten Arbeitsablaufs zurück und besteht weiterhin beharrlich auf seiner Version, nicht vorsätzlich getäuscht zu haben. Seine Aussage „Ich habe es immer geschafft, mit relativ geringem Aufwand weit zu kommen“, will er jedoch auf seine Schulzeit begrenzt gelten lassen.

Die seinerseits betriebene Abberufung von Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert und des Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan versucht er damit zu begründen, in diesem hochbrisanten Fall zu spät umfassend informiert worden zu sein, und verweist darauf, als Minister „keine Holschuld“ zu haben. Er spricht von seinen angeblichen Meriten bei der Bundeswehrreform, darunter die Aussetzung der Wehrpflicht.

Dazu werden ernstzunehmende Stimmen laut, die berechtigten Zweifel daran aufkommen lassen. So berichtet die „Financial Times Deutschland“ gar von einer „Reformruine“, die zu Guttenberg hinterlassen habe. Der sich durch seine stets überlegte Wortwahl auszeichnende Nachfolger im Amt, Thomas de Maizière, meinte unlängst: „Wir sollten Karl-Theodor zu Guttenberg und seine momentanen Aktivitäten nicht so wichtig nehmen.“

Als befremdlich empfinden die CSU-Granden auch zu Guttenbergs wenig schmeichelhafte Behauptung, in der Partei hätten sich viele Spinnweben gebildet. Dies missbilligen sie umso mehr, da sie ihm ein gerütteltes Maß an Unterstützung zuteilwerden ließen, ohne die sein kometenhafter Aufstieg in Amt und Würden kaum denkbar erscheint. Mit seiner verbalen Breitseite düpiert der jäh gefallene Senkrechtstarter diejenigen in der CSU, die ihm die ersten Schritte seines steilen Aufstiegs in der Politik ebneten und denen er bis vor einem knappen Dreivierteljahr als Bezirksvorsitzender diente.

Zu Guttenbergs Forschungsaufgaben bei der einflussreichen „Denkfabrik“ Center for Strategic and International Studies (CSIS) eröffnen ihm die Chance, seinen Horizont zu erweitern. Und seine Position erlaubt es ihm, seiner politischen Zukunft gelassen und voller Zuversicht entgegenzublicken. Denn einen unverzichtbaren Aktivposten kann er in seiner politischen Bilanz verbuchen: Er hat den Stallgeruch, den die Old Boys in den Neuenglandstaaten goutieren. Die fangen einen der ihren bereitwillig auf. Von einer sicheren Burg lässt sich trefflich streiten. Johnschwager


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