© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Im Zwielicht
von Jan Heitmann

In Umfragen, bei denen nach dem Vertrauen der Bürger in bestimmte Berufsgruppen gefragt wird, landen Politiker stets auf dem allerletzten Platz. Eine Ausnahme innerhalb dieser vom Volke so gering geschätzten Kaste bildete bislang der Bundespräsident. Als einziges Verfassungsorgan, das aus nur einer Person besteht, ist das Amt in besonderer Weise von der Persönlichkeit des Amtsinhabers geprägt. Integrität, Seriosität sowie partei- und tagespolitische Neutralität zeichnen ihn aus. Als oberste moralische Instanz der Politik muss er selbst über jeden Zweifel erhaben sein. Bislang ist die Bundesrepublik in dieser Hinsicht mit ihren Staatsoberhäuptern recht gut gefahren. Der von Merkel ins Schloß Bellevue weggelobte Christian Wulff dagegen ist ein Bundespräsident im moralischen Zwielicht. Erst die Vorteilsnahme beim Ferienflug, dann das gestellte Urlaubsinterview und nun auch noch ein gewährter Privatkredit, über den er den niedersächsischen Landtag getäuscht hat. Strafrechtlich mag ihm vielleicht nichts vorzuwerfen sein, aber rein ist seine Weste damit nicht. Er ist auf dem besten Wege, das Ansehen des höchsten Staatsamtes zu beschädigen. Der Richtige war er dafür ohnehin nie.