25.04.2024

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17.12.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-11 vom 17. Dezember 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Irgendwie ausländisch / Wann sich Guttenberg als »Migrant« einschleicht, wie die SPD in die Dunkelheit fällt, und warum das Mittelalter gerade erst anfängt

Loyalität ist eine alte deutsche Tugend. Schon der Römer Tacitus schwärmte vor fast 2000 Jahren davon, wie felsenfest die Germanen zu ihrem Wort ebenso wie zu ihren Leuten standen. Umfragen in aller Welt belegen, dass das Bild vom loyalen Deutschen noch heute vollkommen intakt ist. Darauf können wir stolz sein.

Allerdings kann man unsere Treue auch überstrapazieren. Dann können wir ganz schön biestig werden. Karl-Theodor zu Guttenberg sollte sich also in Acht nehmen. Seine Berufung zum „Internetberater“ der niederländischen EU-Kommissarin Neelie Kroes riecht ziemlich streng. Haben sich da zwei zur gemeinsamen Rache verabredet?

Die EU-Kommission ist nämlich sauer auf Berlin. Die Deutschen zieren sich bei den Euro-Bonds, und nun haben sie ein neues Vertragswerk angestoßen, an dem außer England alle 26 EU-Mitglieder teilnehmen, ohne Herrn Barroso gefragt zu haben. Der portugiesische EU-Kommissionspräsident kocht.

Und setzt daher alle Hebel in Bewegung, um den Deutschen zu schaden. So piesackt er sie mit neuen Quengeleien am „VW-Gesetz“. Das sichert den bestimmenden Einfluss Niedersachsens bei dem Unternehmen, das sich anschickt, der größte Autobauer der Welt zu werden. Dass Barrosos Leute daran nach längerer Pause nun plötzlich wieder laut Anstoß nehmen, deuten Brüsseler Auguren als simple Retourkutsche gegen die sperrigen Deutschen.

Ebenso war die Tinte auf dem Vertragswerk vom vergangenen Wochenende noch nicht trocken, da fingen Brüsseler Bürokraten schon an, an seiner „Rechtmäßigkeit“ zu zweifeln. Der Vertrag, der Merkels Handschrift trägt, verstoße womöglich gegen andere gültige EU-Verträge. Guter Witz! Ausgerechnet von Barroso! Dessen Euro-Bonds verstoßen bekanntlich ebenso gegen diverse Verträge wie eigentlich alle Euro-Rettungsmaßnahmen. Nur weil das jetzt aus Berlin kommt, wird man in Brüssel auf einmal kleinlich.

Und nun auch noch Guttenberg. Den nehmen die doch auch nur, um uns Deutsche zu ärgern! Er spielt artig mit, weil er ja ebenfalls eine Rechnung mit Berlin offen hat: Bei seiner Vorstellung in Brüssel ließ Guttenberg keinen Zweifel daran, wie er zu Deutschland steht, das ihm seinen falschen Doktor nicht gönnte. Alle Fragen beantwortete er auf Englisch, selbst die, die ihm auf Deutsch gestellt wurden. Erst als Frau Kroes eine niederländische Frage niederländisch beantwortet hatte, würgte der Franke ein paar deutsche Brocken heraus. Was für ein Stiesel.

Den haben wir mal gemocht! Nein, nach Deutschland wolle er sobald nicht zurückkehren, sagt er. Na bitte, das wollen wir ihm auch geraten haben. Denkt der etwa, dass ihn bei uns noch eine Karriere erwartet, wo er sich doch dermaßen von Deutschland entfremdet hat?

Entfremdet? Vielleicht ist das sein Trick. Vielleicht will Guttenberg gar nicht als Deutscher, sondern als ausländischer „Migrant“ wieder einsickern? Das würde die peinliche Sprachverrenkung beim Pressetermin in Brüssel erklären.

Was er von der Maskerade hätte? Die SPD hat auf ihrem jüngsten Parteitag beschlossen, eine Immigrantenquote einzuführen. 15 Prozent der Führungskräfte in der Bundespartei sollen künftig einen „Migrationshintergrund“ vorweisen können. Bekanntlich landen Beschlüsse von Grünen oder SPD – mit schamhafter Verzögerung, dafür aber zuverlässig – irgendwann auf den Parteitagen von CDU und CSU. Wenn Guttenberg mit seiner Migrantwerdung fertig ist, könnte es bei der CSU gerade so weit sein.

Die Sozialdemokraten sind dann aber gewiss schon viel weiter. Die Quote soll ja, wie schon die für Frauen, Benachteiligungen beseitigen. Wie Untersuchungen zeigen, ist auch Kahlköpfigkeit ein Karrierehindernis. Man hat Leuten Fotos vorgelegt, auf denen dieselben Köpfe mit und ohne Haupthaar abgebildet waren. Ergebnis: Die mit den bewaldeten Häuptern wurden durch die Bank für „dynamischer“ gehalten. Ist das nicht ungerecht? Und ob! Während sich die einen unverdient an ihren Haaren emporziehen lassen, versauern die Kahlen im Mittelfeld oder fristen ihr Dasein als Schlussseiten-Kolumnist. Glatzenquote!

Da hören wir allerdings schon die nächsten fordernden Töne, die aus Hüfthöhe zu uns heraufquieken: Und was ist mit uns Kleinen? Wer wollte bestreiten, dass es beim beruflichen Aufstieg hinderlich sein kann, wenn einem 30 Zentimeter oder mehr zum Gardemaß fehlen? Zwergenquote! Und eine für Schwule und Lesben. Und für die Dicken. Und eine für die Hässlichen. Und für Leute mit Fistelstimme. Und für die mit den komischen Dialekten. Und ... ach, uns fallen noch jede Menge Benachteiligungen ein, die nur per Quote bereinigt werden können. Der durchschnittlich aussehende, vollbehaarte, großwüchsige, männliche Deutsche ohne ausländische Wurzeln braucht dann allerdings gar nicht mehr aufzutauchen beim Parteitag: Keine Chance, alle Posten sind schon per Quote wegreserviert.

Die Frage wird nur sein: Wie ausländisch beispielweise muss einer sein, damit er die Anforderungen der Quote erfüllt? Die Sozialdemokraten werden bei der Bestimmung des „Migranten“ ihre liebe Not haben. Reicht die dänische Tante? Ist die anatolische Oma zu wenig? Oder ist es umgekehrt, weil Dänen nicht „fremd“ genug sind, um als angebliche Opfer von Diskriminierung durchzugehen? Muss man gar irgendwie „ausländisch“ aussehen oder wenigstens einer exotischen Religion zuneigen?

Sie haben gewiss schon bemerkt, wie es langsam dunkel wird. Die braven Sozialdemokraten werden das auch noch spüren: Ehe sie sich’s versehen, könnten sie sich mit all ihrem Eifer in der düsteren Welt der Ahnennachweise und Rassenforschung wiederfinden. „Positive Diskriminierung“ ist halt auch Diskriminierung, weshalb man mit dem einen wie mit dem anderen letztlich im selben Dreck landet.

So kippt überdrehter Emanzipationsdrang just in sein Gegenteil. Offensichtlich hat die Geschichte nur eine Sorte von Ironie parat: die besonders giftige. Generationen von Fortschrittskämpfern haben alles daran gesetzt, den Begriff vom „Normalen“ niederzuringen, weil damit jede Abweichung von einer gewissen Norm als „abnormal“ gegeißelt würde. Nun führen die Quotenkämpfer den „Normalen“ durch die Hintertür wieder ein als den armen Tropf, dem keine Quote einen Platz an der Spitze freimacht. Es darf bitterlich gelacht werden.

Dabei geht der Salto rückwärts noch viel weiter, als man auf den ersten Blick erkennt. Mit der Quotiererei werden (bislang) ausschließlich angeborene Eigenschaften als Schlüssel zum Aufstieg benannt. Erinnert uns das nicht an etwas? Ja sicher, es war das Merkmal des Mittelalters, dessen Ausläufer bis in die Neuzeit reichten, dass nicht etwa Leistung oder demokratische Wahl, sondern nur per Geburt erworbene „Rechte“ darüber entschieden, welchen Platz man in der Hierarchie einnahm.

Da hatten die Pessimisten also doch Recht: Es geschieht nichts Neues unter der Sonne, alles dreht sich im Kreise. So flohen unsere Ahnen vor den Zumutungen einer fortschrittlichen Antike in die trüben Tümpel jenes finsteren Mittelalters. Von da haben sie sich unter schwersten Schmerzen zurück ans Licht der Freiheit gekämpft, und nun sind wir dran, um zurück in den Modder zu hüpfen.

Irgendwann werden deutsche Parteitage anmuten wie mittelalterliche Ständeversammlungen, auf denen sämtliche Posten, hübsch nach Quote, schon vor Beginn an die jeweiligen Gruppen vergeben sind. Die „Wahlen“ sind dann reine Formsache, weil in der Quotensatzung alles geregelt ist.

Ja, wer hätte geahnt, dass unsere (Wahl-)Freiheit eines Tages nicht von faschistischen Machtmonstern untergepflügt wird, sondern ausgerechnet von den Streitern „gegen Diskriminierung und Ausgrenzung“.


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