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24.12.11 / Ein brennender Wunsch / An Weihnachten erlebte der kleine Heinz die Enttäuschung seines Lebens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Ein brennender Wunsch
An Weihnachten erlebte der kleine Heinz die Enttäuschung seines Lebens

Heinz war noch ein Kind, aber doch schon so groß, dass er, durch Andeutungen, „wusste“, es gäbe gar keinen Weihnachtsmann. Die Geschenke kämen nicht durch ihn vom Himmel herab, sondern würden von den Eltern in den Geschäften der Stadt gekauft. Er „wusste“ es also; doch alles in ihm sträubte sich gegen dieses Wissen, wehrte sich gegen diese Erkenntnis, denn der Weihnachtsmann war ihm lieb, und er mochte ihn nicht missen. An jedem Weihnachtsfestmorgen ging Heinz mit seinen beiden kleineren Brüdern eine nicht weit entfernte Großtante besuchen, die den Kindern regelmäßig Spielsachen und Näschereien zuteilte, die der Weihnachtsmann für sie bei ihr abgegeben hatte. An einem Weih­nachtsmorgen, nachdem die Kinder ihre Gedichtchen aufgesagt, sich für die Geschenke bedankt und verabschiedet hatten und die alte Dame eben die Tür hinter ihnen schließen wollte, wandte Heinz sich rasch noch einmal um und flüsterte der Großtante zu: „Es gibt ja gar keinen Weihnachtsmann!“ Da lächelte die Tante verschmitzt und schaute nach den vorausgehenden kleinen Brüdern, neigte sich zu ihm herab und flüsterte ihm wie eine Mitverschwörerin zu: „Nein, es gibt keinen Weih-nachtsmann!“

Heinz hatte es gewusst – und er hatte gehofft, ja brennend gewünscht, dass die Tante ihn entrüstet zurechtweisen und glaubwürdig behaupten würde, dass es natürlich den Weihnachtsmann gäbe. Doch sie tat Heinz den Gefallen nicht! Das Leben war eben rau und die Wirklichkeit unbarmherzig. Der kleinen Brüder wegen musste er sich beherrschen und tat sogar ein wenig großspurig und erwachsen ihnen gegenüber. Innerlich jedoch war er totunglück­lich darüber, dass an diesem Tag für ihn der Weih­nachtsmann endgültig gestorben war. Er hätte sich an der Bürgersteigkante hinsetzen und weinen mögen. Es war für Heinz die erste bewusste, große Enttäuschung seines Lebens, und er ist lange nicht darüber hinweggekommen – vielleicht bis heute noch nicht!  Heinrich Eichen


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