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24.12.11 / Dann erst war richtig Weihnachten / Wie das gewickelte Jesuskind: Kleine Striezelkunde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-11 vom 24. Dezember 2011

Dann erst war richtig Weihnachten
Wie das gewickelte Jesuskind: Kleine Striezelkunde

Jede Gegend in Deutschland hat ihr spezielles Weihnachtsgebäck. Und wenn es sich um „Großgebäcke aus Hefefeinteig“ handelt – so die Bäckerfachsprache –, dann sind sie alle miteinander verwandt oder sogar identisch. Auch wenn sie verschiedene Bezeichnungen haben: Stollen, Stuten, Platz, Klaben, Klöben und – Striezel!

Mohnstriezel – unser Weih­nachtsgebäck! Es gab im alten Ostpreußen wohl keine Familie, in der nicht zum Weihnachtsfest Mohnstriezel auf den Tisch kam. Wenn dann der mächtige Kuchen auf dem Brett lag, glänzend in seinem Zuckerguss, Muttchen ihn feierlich anschnitt und der unvergleichliche Duft von Mohn, Mandeln und Rosenwasser in die Nase stieg: Dann war erst richtig Weihnachten. Auch heute wird noch in vielen ostpreußischen Familien Mohnstriezel gebacken. Es gibt ihn zu kaufen, aber dann heißt er manchmal Mohnstollen oder Mohnstuten. Sind das auch Mohnstriezel ostpreußischer Machart oder nur Varianten? Hier nun eine kleine Striezelkunde, die uns ein wenig schlauer macht.

Stuten ist der Sammelbegriff für alle runden, länglichen und kastenförmigen Hefegebäcke. Striezel ist lediglich eine andere ostdeutsche Bezeichnung für Stuten, in Ostpreußen wie in Schlesien gebräuchlich, allerdings für gefüllte Sorten wie Mohnstriezel.

Im Rheinland heißen die Stuten Platz, in Niedersachsen gibt es sogar die Bezeichnung (der!) Semmel. Adventszopf und Böhmischer Flechtenstriezel bestehen aus Stutenteig, die Teigstränge werden lediglich zu Zöpfen geflochten. Auch der norddeutsche Klaben ist ein Stuten, kommt aber aufgrund seiner Rezeptur einem Stollen nahe.

Die Stollen nehmen in jeder Hinsicht eine Sonderstellung ein. Der Hefeteig wird hier mit Butter, Rosinen, Zitronat, Orangeat, Mandeln und anderen Zutaten wie Eiern, abgeriebenen Zitronenschalen, kandierten Früchten, Mohn oder Marzipan verfeinert. Sie haben einen hohen Anteil an Fett und Trockenfrüchten, sind meist flacher als Stuten und lange haltbar: schwere Stollen bis zu zwölf Wochen! Der erste Stollen soll in Sachsen gebacken worden sein. Der berühmteste ist der Dresdner Christstollen, der das gewickelte Jesuskind versinnbildlichen soll. Aber auch andere Städte wie Meißen und Siebenlehn streiten sich darum, das beste Stollenrezept zu haben.

Selbst in vielen Familien, die sonst nicht backen, ist Weihnachten ohne selbstgebackenen Striezel oder Stollen kaum vorstellbar. Sie müssen ja nicht immer so mächtig sein wie die in unserer Kindheit, als wir in Großfamilien aufwuchsen, die zum Fest noch erheblich durch Verwandtschaft aller Grade verstärkt wurden. Mit dem Appetit von August dem Starken konnte aber auch der größte ostpreußische Mohnstriezel nicht mithalten. Für den Sachsenkönig wurde ein 16 Zentner schwerer Christstollen gebacken, der nur mit Hilfe von Pferden aus dem Riesenofen gezogen werden konnte.

Hier nun die Rezepte:

Ostpreußischer Mohnstriezel

Zutaten zum Teig: 60g Hefe, 1000g Mehl, 2 Eier, Salz, 1/4 l Milch, 250g Butter. Zur Füllung: 250g gemahlener Mohn, gut 1/8 l Milch, 1 Ei, 50g geriebene Mandeln, 100g Sultaninen, etwas Rosenwasser. Zum Bestreichen: 1 Ei.

Aus Hefe, etwas Mehl und Milch ein Hefestück ansetzen und gehen lassen. Mehl, Eier, Salz, das Hefestück und die erwärmte Milch werden zu einem lockeren Teig geschlagen, der mit Mehl bestreut an einer warmen Stelle aufgehen muss. Dann die Butter in kleinen Stücken hineinkneten und noch etwas Mehl hinzufügen, der Teig muss sehr fest sein. Den Mohn (gibt es heute gemahlen zu kaufen) mit Milch aufkochen, quellen lassen, mit den übrigen Zutaten mischen, die Masse muss ziemlich dick sein. Ein Tuch auf den Tisch legen, Teig dick ausrollen und die Mohnfülle so darauf verteilen, dass am Rand gut fingerbreit Teig unbedeckt bleibt. Mit Hilfe des Tuches aufrollen, auf dem Blech – mit dem Rollenende nach unten – noch einmal gehen lassen, mit dem mit etwas Wasser verklopften Ei bestreichen und bei guter Mittelhitze 60 Minuten backen. Mit Puderzucker bestreuen oder mit Zuckerguss überziehen. Diese Menge ergibt zwei Striezel!

Tipp: In die Mohnfüllung einen Teelöffel Hefe hineingeben. Die Mohnfüllung kann mit 1/4 l Grießbrei gestreckt werden. Sie wird dadurch saftiger.

Mohnstollen:

Einen Hefeteig aus 500g Mehl, 40g Hefe, 1/8 l Milch, 180g Butter, 1 Prise Salz, 70g Zucker, 1 Päck­chen Vanillezucker, 125g gemahlenen Mandeln und 125g Zitronat herstellen. Zur Füllung 1/4 l Schlagsahne mit 35g Zucker aufkochen, 125g gemahlenen Mohn und etwas abgeriebene Zitronenschale zufügen und kochen, bis ein dicker Brei entsteht. 50g Sultaninen, 25g Zitronat, 1 Kaffeelöffel Rum, 1/1 KL Zimt und 10g Semmelbrösel unterrühren und die Masse etwas abkühlen lassen, ehe sie auf den Teig gestrichen wird. Den zusammengerollten Stollen im vorgeheizten Backofen bei 220 Grad eine knappe Stunde backen. Noch warm mit zerlassener Butter bestreichen und mit Puderzucker besieben. VR


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