19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.12.11 / Flucht in die Privatschulen / Besonders kirchliche Einrichtungen erfreuen sich großer Beliebtheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Flucht in die Privatschulen
Besonders kirchliche Einrichtungen erfreuen sich großer Beliebtheit

Eltern und Kinder stehen demnächst wieder einmal vor einer schwierigen Entscheidung. Wo sollen die Kinder im nächsten Schuljahr eingeschult werden, wo den schulischen Weg fortsetzen? Ein gutes Abitur auf einer staatlichen Schule garantiert heute nicht mehr einen erfolgreichen Start ins Studium. Viele Eltern wählen dann lieber gleich den Weg in die Privatschule oder ein Internat.

In Hamburg ist diese Situation besonders eklatant spürbar. Längst hat sich herumgesprochen, dass auch ein Einser-Abitur aus dem Norden nicht mehr automatisch zu einer Zulassung in begehrten Studienfächern an süddeutschen Universitäten führt. Die Hochschulen haben Zusatzprüfungen eingeführt und werten die schulischen Leistungen, die im Norden erbracht wurden, herab. Häufiger müssen daher Schüler aus dem Norden, Westen oder Osten Deutschlands noch zusätzliche Vorbereitungskurse absolvieren, um die fehlenden Kenntnisse in Rechtschreibung, Mathematik, Chemie oder Physik nachzuholen.

Während die Gymnasien im Allgemeinen noch einen relativ guten Ruf besitzen, ist das Niveau von Gesamt- oder Gemeinschaftsschulen deutlich abgefallen. Daher sorgen sich viele Eltern um den zukünftigen beruflichen Weg ihrer Kinder. Nur die wenigsten können sich eine Erziehung auf Internatsschulen leisten, wo Beträge von 20000 Euro und mehr pro Jahr fällig werden.

Vergleichsweise billig ist dagegen der Ausweg über die Privatschulen. Für ein Schulgeld von monatlich 100 Euro oder etwas mehr ist hier eine Einschulung möglich. In Hamburg wird die Zahl der „Schulen in freier Trägerschaft“ immer größer, argwöhnisch beobachtet und teilweise behindert von grüner oder roter Schulpolitik. Zu den freien Schulen gehören nicht nur katholische und evangelische Einrichtungen, sondern auch Waldorf-Schulen, Brechtschulen oder freie christliche Bildungsstätten. Besonders erstaunt in der Hansestadt die Vielzahl von 21 katholischen Schulen in der eigentlich eher evangelischen Stadt, darunter sogar drei Gymnasien. Rund 9500 Schüler besuchen die Schulen, wo schulische Leistungen mit „gelebter Christlichkeit“ kombiniert werden, wie dies der Vorsitzende des katholischen Schulverbandes Monsignore Peter Mies formuliert. Über freie Plätze müssen sich die freien Schulen keine Sorgen machen; Wartelisten zeigen, wie beliebt diese Schulen sind. Sorgen entstehen eher wegen des stärker werdenden Gegenwindes aus der Politik. Die grüne Bildungssenatorin Christa Goetsch legte in ihrer Regierungszeit den freien Trägern so viele Steine in den Weg, dass die Gründung neuer privater Schulen nahezu unmöglich war.

Dass solche ideologischen Kämpfe auf dem Rücken lernbereiter Kinder und engagierter Eltern ausgetragen werden, scheint wenig zu interessieren. Wie kürzlich in der Fernsehsendung „Hart aber fair“ über „Eltern ohne Kompass“ zu sehen war, zeigen sich Eltern zunehmend besorgt über das Bildungssystem. Die „Angst vor dem Abstieg“ bewegt vor allen Dingen die Mittelschicht. Wo Lesen, Rechnen und Schreiben nicht mehr ausreichend gelernt wird, sinken die Bewerbungschancen selbst für Lehrstellen in beträchtlichem Maß. Ein Fünftel aller Schüler wird heute schon im weiteren Sinn zu den Analphabeten gerechnet, weil bei den Grundfertigkeiten erhebliche Defizite bestehen.

Auf der anderen Seite beklagen Schulen und Lehrer, dass vom Elternhaus her beträchtliche Mängel in der Schule aufgearbeitet werden müssten. Bevor man mit dem Lesen und Rechnen, der Geographie, Englisch oder Deutsch beginnen könne, gelte es erst viele „Sekundärtugenden“ zu erlernen. Viele Kinder seien auch durch TV- und Internetkonsum, durch die Kommunikation in sozialen Netzwerken oder Bewegungsmangel so nervös, dass sie kaum noch dem Unterricht folgen können. Der Philosoph David Precht schlug daher kürzlich vor, Kindern erst ab 13 Jahren ein Handy zu erlauben. Hinrich E. Bues


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren