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31.12.11 / Erneute Verzweiflungstat / IWF-Aufstockung vor dem Scheitern: Europäische Zentralbank macht sich selbst zur Sondermülldeponie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Erneute Verzweiflungstat
IWF-Aufstockung vor dem Scheitern: Europäische Zentralbank macht sich selbst zur Sondermülldeponie

Das Brüsseler Gipfeltreffen vom 9. Dezember galt als der entscheidende große Wurf bei der Bekämpfung der Euro-Krise. Inzwischen ist absehbar, dass die getroffenen Vereinbarungen kaum Realisierungschancen haben. Stattdessen greift die Europäische Zentralbank (EZB) zu einem Mittel, das zwar die Märkte für einige Zeit beruhigt, langfristig aber in ein noch größeres Desaster führt.

Kaum war Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vom EU-Gipfel Anfang Dezember zurückgekehrt, sah er sich bereits mit einer Revisionsforderungen zu den Gipfelbeschlüssen durch den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande konfrontiert. Für den Fall eines Wahlsieges im Mai 2012 hat Hollande angekündigt, dass er die Ratifizierung eines EU-Vertrages zur Finanzdisziplin ablehnen wird. Schenkt man Hollande Glauben, so wird es mit ihm als künftigen Staatschef keine Schuldenbremse in der französischen Verfassung, dafür aber Euro-Bonds, also die Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der Euro-Zone, geben.

Während Hollande bei seiner Ablehnung zumindest äußerlich die Form wahrte, ließ der Vize der portugiesischen Sozialisten Pedro Nuno Santos während einer Parlamentsdebatte in Lissabon nahezu alle Hemmungen fallen. Er drohte offen damit, Schulden als Waffen zu benutzen. „Wir haben eine Atombombe, die wir gegenüber den Deutschen und Franzosen nutzen können. Diese Atombombe besteht darin, dass wir einfach nicht mehr zahlen.“

Noch befinden sich sowohl Hollande als auch Santos in der Opposition. Deutlich wird aber, wie wenig Verlass auf die Gipfel-Vereinbarungen nach politischen Machtwechseln sein wird. Anfechtungen kommen allerdings auch aus dem solide wirtschaftenden Finnland, wo es starke Tendenzen gegen ein EU-Eingriffsrecht in die nationale Haushaltsplanung gibt.

Während bei den Vereinbarungen zur Finanzstabilität zumindest noch die Möglichkeit besteht, dass alle 17 Euro-Länder im März einen Vertrag schließen, ist das Scheitern bei der geplanten Kapitalaufstockung für den Internationalen Währungsfonds (IWF) um 200 Milliarden Euro kaum noch zu verbergen: Dass Deutschland seinen IWF-Aufstockungsanteil von 41,5 Milliarden Euro, selbst gegen Bedenken der Bundesbank, irgendwie aufbringen wird, ist wahrscheinlich. Dienen soll die Kapitalaufstockung vor allem dazu, Italien unter die Arme zu greifen. Wie wacklig die gesamte Kalkulation ist, wird an dem Beitrag deutlich, zu dem Italien auf dem EU-Gipfel verdonnert wurde. Die italienische Zentralbank soll 23,5 Milliarden Euro beisteuern, damit sich Italien quasi selbst rettet. Von Seiten der USA, die 105 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellen müssten, droht eine Totalblockade. Präsident Barack Obama hat eine US-Beteiligung an weiteren IWF-Hilfen für Europa ausgeschlossen, republikanischen Abgeordneten fordern sogar ein Gesetz gegen weitere Rettungspakete. Großbritanniens Regierungschef David Cameron hat bereits erklärt, dass der britische Anteil von etwa 25 Milliarden Euro zunächst zurückgehalten werde. Ziel von London ist eine globale Stärkung des IWF, die nicht allein den Euro-Ländern dient. Gespannt dürfte man auch darauf sein, wie hoch die Beteiligung anderer Nicht-Euro-Länder wie etwa Polen und Tschechien am IWF-Paket ausfallen wird.

Trotz des absehbaren Debakels bei der Stabilisierung der Euro-Zone via IWF deuten die Kurse italienischer und spanischer Anleihen auf eine leichte Entspannung der Situation hin. Die Ursache dürfte weder bei beschlossenen Sparprogrammen noch in der Ausweitung der bisherigen Anleihen-Aufkäufe durch die EZB zu suchen sein. Entscheidend wird vielmehr eine andere Maßnahme der EZB sein: die „longer-term refinancing operations“ (LTROs). Dabei handelt es sich um ein niedrig verzinstes Kreditprogramm über 500 Milliarden Euro, das am 22. Dezember von der EZB Geschäftsbanken für drei Jahre zur Verfügung gestellt wurde.

Die dahinter stehende Überlegung ist einfach: Stellvertretend für die EZB könnten die Banken mit den Krediten Schrottpapiere in der Euro-Zone ankaufen und anschließend mit Gewinn im Rahmen eines Zweitmarktgeschäftes wieder an die EZB verkaufen oder gegen Bares beleihen. Bereits kurz nach Auflegung des Programms wurde bekannt, wie trickreich sich italienische Banken bei der EZB bedient hatten. Sie haben sich die notwendigen Kreditsicherheiten quasi selbst „gebastelt“. Da selbst aufgelegte Anleihen bei der EZB eigentlich nicht akzeptiert werden, hatten die Banken sich ihre eigenen Anleihen zunächst mit einer staatlichen Garantie Italiens ausstatten lassen, um diese dann bei der EZB als Sicherheit einzureichen. Was die Garantie Italiens im Extremfall wert ist, dürfte auch bei der EZB bekannt sein. Dem Wortlaut nach wird mit dem LTRO-Programm das vereinbarte Verbot der Monetarisierung von Staatsschulden eingehalten, in der Realität entwickelt sich die EZB-Bilanz allerdings immer mehr zu einer Deponie für finanziellen Sondermüll. An den Märkten wurde mit dem 500-Milliarden-Kreditprogramm zunächst Zeit erkauft. Eine Wiederholung der Aktion ist bei Zuspitzung der Lage wahrscheinlich. Allerdings wird auch immer klarer, dass sich die EZB durch die Übernahme zweifelhafter Anleihen und Sicherheiten von Staaten und Geschäftsbanken immer mehr zur eigentlichen Problembank innerhalb der Euro-Zone entwickelt. Norman Hanert


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