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31.12.11 / Ihr Tod war Friedrichs des Großen Glück / Mit ihrem Ableben ebnete Zarin Elisabeth vor 250 Jahren den Weg zum Ende des Siebenjährigen Krieges

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-12 vom 31. Dezember 2011

Ihr Tod war Friedrichs des Großen Glück
Mit ihrem Ableben ebnete Zarin Elisabeth vor 250 Jahren den Weg zum Ende des Siebenjährigen Krieges

Wovon die Nationalsozialisten träumten, war Friedrich dem Großen vergönnt: In einer Kriegsphase, in der die Niederlage nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien, schied eine Großmacht infolge eines Todesfalls aus der Koalition der Gegner aus. Es war der Tod der russischen Zarin Elisabeth. Ihm folgte schließlich der Frieden von Hubertusburg, der den Siebenjährigen Krieg beendete und Fried­richs Besitz Schlesiens endgültig bestätigte.

„Wenn man zwei Weiber und die Franzosen am Hals hat, muss man wohl schlimm aussehen“, beschied Friedrich der Große seine Leipziger Vermieterin. Das war 1756 zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs. Und was er „am Hals“ hatte, nennen russische Historiker bis heute „sojus trjoch bab“ (Drei-Mägde-Union), deren Zugehörige Friedrich vor seinen Generälen benannte: Die Habsburgerin Maria Theresia, die er als undeutsche „Königin von Ungarn“ verachtete und der er 1740 das Herzogtum Schlesien abnahm. Sodann Madame de Pompadour, die einflussreiche Mätresse Ludwigs XV. Und noch Zarin Elisabeth, Tochter Peters des Großen, für Friedrich „infame Hure des Nordens“.

Dass Paris und Wien gegen ihn waren, beunruhigte Friedrich nicht weiter. Beide hatten gerade ihren alten Gegensatz überwunden, dieser würde aber bald wieder aufbrechen. Die Gegnerschaft Russlands verblüffte ihn, denn Preußen und Russen schienen zu bestem Einvernehmen vorbestimmt: Seit Jahrhunderten trieben sie einträglichen Handel, mit ihren geopolitischen Zielen kamen sie einander nicht in die Quere, da Russlands Interessen in Sibirien, im Kaukasus und am Schwarzen Meer lagen. Den Rest konnte man getrost dem Charme deutscher Frauen überlassen, für die russische Fürsten seit Peters heißer Romanze mit der schönen Moskau-Deutschen Anna Mons die größte Vorliebe hatten. Die Liste „Nemeckie princessy na rossijskom trone“ (deutsche Prinzessinnen auf Russlands Thron) ist sehr lang und beschränkt sich nicht allein auf Zarin Katharina die Große, geborene deutsche Prinzessin von Zerbst, die verschämte „Preußen-Freundin“.

Temporäres Pech für Friedrich war, dass Katharinas Vorgängerin Elisabeth aus der propreußischen „Gynäkratie“ ausscherte und den König mit größtem Misstrauen ansah: „Sollte König Friedrich Erfolg haben, so werden sich seine Erben niemals mit Preußen allein zufrieden geben.“ Prophetische Zarin! Unter Friedrich verdoppelte sich Preußens Territorium, was eine monarchische „Beförderung“ bewirkte: Friedrich I. wurde 1701 zum König „in“ Preußen gekrönt, weil Teile Preußens unter polnischer Herrschaft waren, Friedrich der Große wurde durch Landnahmen per Polen-Teilung König „von“ Preußen. Der Weg dorthin führte durch lange, blutige Kriegsjahre, die der König in Kauf nahm, obwohl er 1740 in seiner Schrift „Antimachiavell“ Könige, die Krieg anfingen, gefühlskalte Menschenfeinde nannte. Solche Diskrepanzen zwischen Tat und Wort sind der Grund, warum deutsche, russische und andere Historiker den König auch als „Zyniker“ sehen.

Militärisch war Friedrich ein Liebling der Kriegsgötter: Der Erste Schlesische Krieg (1740/42) war ein „Coup“, wobei dem König eine volle Kriegskasse und eine gut gedrillte Infanterie zum Erwerb des reichen und strategisch wichtigen Schlesiens verhalfen. Daran änderte auch die gegnerische Koalition aus den Großmächten Russland, Österreich und England nichts. Der Zweite Schlesische Krieg (1744/45) war ein Präventivkrieg, in dem Preußen seine schlesischen Eroberungen verteidigen konnte. Das war möglich, weil Zarin Elisabeth den „lächerlichen Schah von Berlin“ und „Lumpensammler“ nur zu gern geschädigt hätte, aber keine Mittel hatte, ihrer Verbündeten Maria Theresia zu helfen.

Der dritte Krieg wurde nach heutiger polnischer Meinung als „Wojna blyskawiczna“ (Blitzkrieg) geführt. Er dauerte von 1756 bis 1763 und firmiert darum in der Historiografie als „Siebenjähriger Krieg“. Speziell die Russen widmen ihm viel Forscherfleiß, weil er sie wenigstens zeitweilig wie Sieger aussehen ließ. Zu Kriegsbeginn boten Preußen und Verbündete 340000 Soldaten auf, Russland und Alliierte 758000. Das Kriegsziel der Gegner war, Preußen auf ein Markgrafentum Brandenburg zurück­zustutzen, wogegen sich Friedrich zwei Jahre lang mit legendären Siegen wehrte. Erst mit Eingreifen der Russen kam Preußen 1757 in Bedrängnis, 1758 wurde Königsberg erobert und Ostpreußen dem russischen Imperium angefügt. 1759 folgten schlimmere Niederlagen, wobei der König verzagte: „Von einem Heer von 48000 Mann habe ich nur noch 3000. Ich glaube, dass alles verloren ist, ich werde den Untergang meines Vaterlandes nicht überleben.“

Fast hätte Friedrich zu früh aufgegeben. Zunächst errangen seine Feinde noch einige Erfolge, beispielsweise im September 1760 die Einnahme Berlins, und rachlüstern malte sich Zarin Elisabeth Fried­richs Untergang aus: „Sie haben nie erwartet, meine Soldaten in Berlin zu sehen, nicht wahr? Ich werde nichts verlangen als Preußen.“ Aber dem stand die wachsende Uneinigkeit der Alliierten entgegen, von der Friedrich profitierte. Dann kam der 5. Januar 1762. Die „Bärin“, wie Friedrich Elisabeth nannte, starb plötzlich, ihr Nachfolger Peter III., Bewunderer Preußens, schloss umgehend Frieden. Die europäische Landmacht Preußen und die verbündete Kolonialmacht England waren die Sieger. Russland verlor 138000 Soldaten und gewann wenigstens eine Wiederannäherung an Preußen, was Friedrich drastisch begründete: „Es ist günstig für uns, mit diesen Barbaren zusammenzugehen.“

In Russland hatte sich Katharina am 28. Juni 1762 auf den Thron geputscht und ein Chaos vorgefunden: das Heer im Ausland, seit acht Monaten unversorgt, Flotte und Festungen zerfallen, die Staatskasse höchst verschuldet, aufsässige Stimmung im Volk. Katharina konnte sich keinen Krieg leisten, musste ihn im Süden aber gegen die Osmanen führen. Friedrich gratulierte ihr zu Erfolgen wie der Eroberung der Krim, hatte aber Hintergedanken. Seit 1768 war Polen unter russischer Herrschaft, was Unruhe bewirkte, die Friedrich durch eine Teilung Polens beheben wollte. Er brachte die „Koalition der drei schwarzen Adler“, womit Russland, Preußen und Österreich ob ihrer Wappentiere gemeint waren, mit diplomatischen Mitteln dazu, die Erste Teilung Polens 1772 zu beschließen, die Preußen eine Landverbindung zu Ostpreußen verschaffte. Friedrichs letztes auswärtiges Ziel war erreicht. Er konnte sich fortan mit inneren Reformen, historischen Studien und freundlich-kritischen Ratschlägen an Zarin Katharina beschäftigen. Diese sind veröffentlicht und sehr lesenswert.

Friedrich der Große genießt unverändert größte Wertschätzung bei Russen, größere noch bei Polen, wovon vor allem der Dauererfolg des Buchs „Wielki Fryderyk“ (Friedrich der Große) zeugt, das Adolf Nowaczynski 1911 veröffentlichte, um Friedrichs Qualitäten zu preisen: „Patriotismus, Vernunft und Bürgersinn“. Wolf Oschlies


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