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14.01.12 / Besondere Gäste / Kopten feierten sogar mit Muslimbrüdern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Besondere Gäste
Kopten feierten sogar mit Muslimbrüdern

Es waren die ersten koptischen Weihnachten seit dem Regime-Wechsel. Dass es seither auch blutige Übergriffe auf Christen gegeben hatte, war aber nicht der einzige Grund für gespannte Erwartung: Denn die Messe in der Kairoer Kathedrale wurde bisher immer in voller Länge vom Fernsehen übertragen, und am ersten Teil bis nach der Predigt nahmen jeweils höchste Vertreter des Staates teil, protokollarisch gleich in der ersten Sitzreihe. In der Mitte saß dort zuletzt der als „Thronfolger“ geltende Präsidentensohn Gamal Mubarak, der sich in diesem Jahr allerdings vor Gericht verantworten muss.

Wie also würde es diesmal sein? Kopten-Papst Schenuda III. hatte nicht nur die neuen Machthaber eingeladen, sondern auch Vertreter der Muslimbrüder, die eindeutig als stärkste, und der Salafisten, die als zweitstärkste Partei aus den Parlamentswahlen hervorgehen. Tatsächlich kamen acht Mitglieder der Militär-Junta – gegen deren Anwesenheit in den hinteren Reihen koptische Jugendliche protestierten, aber von Ordnern hinausgeführt wurden. Auch kamen der Ministerpräsident, mehrere Präsidentschaftskandidaten sowie Muslimbrüder, doch keine Salafisten.

Für westliche Ohren mag es befremdlich sein, dass Schenuda in seiner Predigt, die eher eine Ansprache ist, jeweils die Regierung lobt und deren Vertreter namentlich erwähnt – mit Einzelapplaus aus dem Publikum. Doch es ist eben das „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“. Und entsprechend dem ägyptischen Brauch, Andersgläubigen zu ihren Feiertagen zu gratulieren – wie lange noch, muss man wohl fragen –, gehen die Geladenen nach der Predigt zu dem sitzenden Kirchenführer, um ihm zu gratulieren und Respekt zu bekunden. Einige der Generäle

küssten ihm sogar Hand oder Schulter. Es wäre aber eine Illusion, daraus Schlüsse auf die Zukunft der Christen abzuleiten – wie schon allein daran zu sehen, dass landesweit erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für Kirchen angeordnet waren. R. G. Kerschhofer


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