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14.01.12 / Wer beherrscht die Weltwirtschaft? / Schweizer Studie bestätigt These von umstrittenen Globalisierungskritikern – Starke Vernetzung ist gefährlich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-12 vom 14. Januar 2012

Wer beherrscht die Weltwirtschaft?
Schweizer Studie bestätigt These von umstrittenen Globalisierungskritikern – Starke Vernetzung ist gefährlich

Der Globus in der Hand einiger weniger großer Banken. Was bisher als bloße Behauptung von Globalisierungskritikern abgetan wurde, lässt sich inzwischen mit Fakten belegen. Schweizer Wissenschaftler haben die weltweiten Unternehmensverflechtungen analysiert: Konzentriert ist die Macht in der Weltwirtschaft bei einem harten Kern von lediglich 147, überwiegend britischen und amerikanischen Banken und Finanzgesellschaften.

„Das Netzwerk der globalen Kontrolle der Unternehmenskontrolle“ nennt sich die Untersuchung, die drei Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) 2011 der Öffentlichkeit präsentiert haben. Grundlage der Studie war eine gewaltige Datenbank mit Informationen über 37 Millionen Unternehmen. Untersucht wurde von den drei Forschern, welche Unternehmen die Weltwirtschaft kontrollieren und wie weit deren Einflussbereich über Beteiligungen auf andere Firmen reicht. Aus der riesigen Datenmenge schälten sich etwa 43000 internationale Konzerne heraus. Eine Analyse, wer direkt oder indirekt Anteile an diesen Konzernen besitzt, ließ eine Gruppe von lediglich 737 Firmen übrig, die rund 80 Prozent der übrigen Firmen beherrschen. In dieser einflussreichen Gruppe existiert wiederum ein Kern von lediglich 147 Firmen, zumeist britische und amerikanische Banken und Finanzfirmen, die über Beteiligungen sogar Kontrolle über 40 Prozent der untersuchten Konzerne haben. Als weltweit einflussreichstes Unternehmen stellte sich die britische Barclays Bank heraus. Auch die weitere Rangfolge der mächtigsten 50 Unternehmen besteht überwiegend aus angelsächsischen Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen. Darunter bekannte Banken wie JP Morgan auf Platz sechs und Goldman Sachs auf Rang 18, aber auch kaum bekannte Gesellschaften wie zum Beispiel die Capital Group Companies Inc. auf Rang 2 oder die FMR Corporation auf Rang 3.

Bemerkenswert ist, dass nur eine einzige reine Industriefirma, das Unternehmen China Petrochemical Group, es in diesen Kreis der Top 50 schaffte. Nicht westlichen Unternehmen gelingt ohnehin nur ein sehr langsames Vordringen zum Kern der „Einflussreichen“. Im Jahr 2007 gehörten erst wenige indische Firmen und sogar nur ein russisches Unternehmen zu den 737 kontrollstärksten Firmen. Als einziges deutsches Unternehmen brachte es die Deutsche Bank auf Rang zwölf der 50 einflussreichsten Wirtschaftsakteure.

Auch wenn die zu Grunde gelegten Daten der Untersuchung bereits aus dem Jahr 2007 stammen, dürfte sich an der Grundaussage der Studie nichts geändert haben: Nur etwa ein Prozent der Firmen übt eine Kontrolle über mehr als 40 Prozent der 43000 untersuchten Konzerne aus. Von einem der Autoren der Untersuchung, James B. Glattfelder, wird die hohe Machtkonzentration sehr kritisch gesehen: „Nationale Beteiligungsanalysen haben gezeigt, dass kleine, hochvernetzte Gruppen schlecht für den Wettbewerb sind.“ Mitautor Stefano Battiston macht indessen auf eine andere Gefahr aufmerksam: Die hohe Verflechtung gefährdet die Stabilität des Systems. Es gibt Firmen, die derartig vernetzt sind, dass man es kaum riskieren kann, sie scheitern zu lassen. Das Erpressungspotenzial gegenüber Politikern ist entsprechend hoch.

Will die Politik Gestaltungsfreiheit zurückgewinnen, sollte eine Diskussion aufgenommen werden, die vor einiger Zeit in der Schweiz im Hinblick auf die dortigen Großbanken geführt wurde: Es darf keinen Marktteilnehmer geben, der im Notfall aufgrund seiner Größe nicht konkursfähig ist. Bisher sind derartige Ansätze zur Wiederherstellung von mehr Wettbewerb und Stabilität – etwa durch Entflechtung der globalen Unternehmensnetzwerke – nicht erkennbar. Eher im Gegenteil: Durch die Politik wurden letzte noch verbliebene „Weiße Flecken“ für die globalen Netzwerke erst noch verfügbar gemacht. Etwa durch die deutsche Steuerreform der Jahre 2000/2002. Die durch die rot-grüne Koalition eingeführte Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften hat die deutsche Wirtschaft zum Übernahmeziel britischer und amerikanischer Großbanken und Beteiligungsgesellschaften gemacht. Hieß es bei Goldman Sachs noch Ende der 1980er Jahre in Bezug auf Deutschland: „... alles unter sich aufgeteilt; wir werden da nie eindringen“, gibt es inzwischen kaum noch einen Dax-Konzern, der noch wirklich als eigenständiges deutsches Unternehmen gelten kann.

Im Rückblick hat sich der Ausverkauf der „Deutschland AG“ nicht nur für die Wirtschaft nachteilig ausgewirkt. Statt einer langfristigen Unternehmensentwick-lung, die in der Vergangenheit mit den früheren Eigentümern, den deutschen Banken, oft möglich war, standen nun kurzfristige und hohe Renditeforderungen der neuen angelsächsischen Eigentümer auf der Tagesordnung. Dies ging zum einen häufig zu Lasten der Unternehmenssubstanz, zum anderen flossen auch Dividendenzahlungen verstärkt ins Ausland ab.

Auch für die deutschen Banken scheint im Rückblick betrachtet der Ausstieg aus der „Deutschland AG“ kein Erfolgsmodell gewesen zu sein: Die durch die rot-grüne Politik steuerfrei gestellten Einnahmen aus den Unternehmensverkäufen landeten oft genug in zweifelhaften Investitionen. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen letzten zehn Jahre lässt sich der damalige Ausstieg aus den einheimischen Unternehmensbeteiligungen für die deutschen Banken auf eine einfache Formel bringen: Die „Deutschland AG“ wurde gegen „US-Subprime“ eingetauscht. Norman Hanert


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