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21.01.12 / Wer weiß mehr? / Vom gequälten Versuch, Bildungsabschlüsse zu bewerten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 21. Januar 2012

Wer weiß mehr?
Vom gequälten Versuch, Bildungsabschlüsse zu bewerten

Ende Januar wird erneut versucht, eine Einigung zu finden, doch derzeit scheinen die Fronten zwischen Kultusministerkonferenz (KMK) auf der einen Seite sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern auf der anderen Seite ziemlich festgefahren zu sein. Dabei wird schon seit Mitte 2006 versucht, die deutschen Bildungsabschlüsse in die acht Stufen einer Bewertungsskala einzuordnen. Eigentlich sollte der Deutsche Qualifikationsrahmen schon Ende 2011 festgezurrt werden, damit das Ergebnis in den Europäischen Qualifikationsrahmen einfließen kann. Ziel dieser Einordnung ist es, Bildungsabschlüsse europaweit vergleichbar zu machen. Arbeitgeber in ganz Europa sollen den Abschluss ihres Bewerbers besser einschätzen können, daher soll die jeweilige Stufe zukünftig auf jedem Bildungsabschluss vermerkt sein.

Doch was sich logisch und praktisch anhört, birgt so manche Probleme. Ist ein spanisches oder rumänisches Abitur gleichwertig mit einem in Deutschland abgelegten? Und was ist mit den deutschen Berufsabschlüssen, die es so im Ausland gar nicht gibt? Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mahnt schließlich alle Jahre wieder an, dass Deutschland zu wenig Hochschulabsolventen habe, berücksichtigt dabei aber ebenfalls alle Jahre wieder nicht, dass die deutsche Berufsausbildung theoretische und praktische Teile berufsnah miteinander verbindet und somit mindestens gleichwertig mit einem Bachelor-Abschluss in anderen Ländern ist.

Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung soll nicht länger entscheidend sein, wie lange oder wo jemand lernt, sondern welche Kompetenzen durch einen Bildungsabschluss vermittelt werden. Doch das lässt viel Raum für Interpretationen. Und so tun sich alle Beteiligten schwer, die deutschen Bildungsabschlüsse einfach in ein Korsett einer Rangliste zu quetschen.

Das hat bereits zu einer derartigen Missstimmung geführt, dass Vertreter der Unternehmen und der Gewerkschaften ein Treffen mit der KMK platzen ließen. Aus ihrer Sicht würde die KMK einen „Kulturkampf“ vom Zaun brechen, weil sie das deutsche Abitur auf Stufe 5 einordnen wolle. Auf Stufe 8 soll der Doktortitel stehen, auf Stufe 7 Magister, Master sowie Diplom und auf Stufe 6 Bachelor, Meister und Fachwirte. Doch die Vertreter aus der Arbeitswelt sehen das Abitur nur auf Stufe 4, da es nicht dazu befähigt, Menschen anzuleiten und keine berufliche Erfahrung beinhalte. Das Arbeitsamt führe Abiturienten als Ungelernte, heißt es von Seiten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Doch die KMK will mit dem deutschen Abitur nicht auf Stufe 4. Diesem Niveau hätten auch andere Staaten ihr Abitur zugeordnet, obwohl dies keineswegs immer einen generellen Hochschulzugang beinhalte. Oft müssten die Abiturienten in anderen Ländern noch Aufnahmeprüfungen an den Universitäten ablegen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter wollen aber nicht mit ihren Berufsabschlüssen auf Stufe 4 und 3. Auch wollen sie nicht das Angebot der KMK annehmen, höher qualifizierte Berufsabschlüsse auf Stufe 5 zu heben. „Wir unterscheiden ja auch nicht zwischen einem Bachelor in Philosophie und einem in Wirtschaftsingenieurswesen“, merkt Klaus Heimann von der IG Metall an. Das Treffen Ende Januar dürfte demnach sehr lebhaft verlaufen, wenn es denn stattfindet. R. Bellano


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