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21.01.12 / Gefühle ausblenden / Nur mit Strategie konnte man überleben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 21. Januar 2012

Gefühle ausblenden
Nur mit Strategie konnte man überleben

Dieser sehr persönliche Bericht liefert einen anschaulichen und nachdenklich machenden Eindruck der Soldatenzeit und insbesondere der Kriegserlebnisse eines jungen deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. In dem Kapitel „Unser Dorf“ gibt er ergänzend einen sehr konkreten Eindruck seines heimatlichen Dorfes in Ostpreußen, in dem es ein berühmtes Trakehner Gestüt und eine Burg aus der Ordenszeit gab, und des Lebens als Junge in diesem ostpreußischen Dorf. Merkwürdigerweise erwähnt er seinen Namen (Georgenburg) und den der Kreisstadt (Insterburg) nicht. Er kann anschaulich und bezogen auf das Kriegsgeschehen sachlich und emotional kontrolliert erzählen. Dazu heißt es einmal überzeugend: „Man konnte nur überleben, wenn man keine Gefühle aufkommen ließ“ (S. 95).

Die wichtigste Basis für einen Bericht sind wohl flüchtige Aufzeichnungen aus der Kriegszeit, die offenbar nicht stark bearbeitet worden sind. Daraus ergeben sich dann die zweifellos vorhandenen formalen Mängel. Die Anordnung der Kapitel und die Chronologie bereiteten offensichtlich Schwierigkeiten, am Ende gibt es leichte Wiederholungen. Die zeitliche Ordnung des eigenen Werdeganges und des Kriegsgeschehens und die militärischen Aspekte sind dem Autor offenbar nicht so wichtig. Das persönliche Erleben mit Einsätzen, häufigen Einquartierungen und freundlichen Begegnungen mit Einladungen zum guten Essen und vor allem auch die häufigen Kontakte zu Mädchen und jungen Frauen stehen im Vordergrund. Auffällig sind auch die immer wieder erfolgenden Besuche in Kinos und die Aufzählung der dort gesehenen Filme. Beachtlich, wie stark er in Deutschland und Mitteleuropa durch Versetzungen, Schulungen, Einsätze, Verwundungen herumgekommen ist.

Der bescheiden formulierte Titel ist durchaus treffend. Es geht hier nicht um die Erfüllung von hohen schriftstellerischen und zeitgeschichtlichen Ansprüchen. Solche werden nicht erfüllt. Eine Reihe von Schreibfehlern hätte freilich leicht beseitigt werden können.

Der Bericht ist durchaus ein gutes Zeitdokument. Er macht deutlich, dass man die Realitäten nahm und nehmen musste wie sie auf einen zukamen. Reflektionen darüber sind selten. Es galt immer die jeweilige Situation gut zu bewältigen, und er erzählt einfach wie es war. Und das auch im Sprachgebrauch der Zeit, so zum Beispiel in Verbindung mit dem 20. Juli 1944 und dem Attentat auf „den Führer“. Das gefällt, denn er bleibt damit immer in der Perspektive der damaligen Zeit und nimmt nie die rückblickende „besserwisserische“ Perspektive von heute ein, mit der man die damalige Welt nicht erfassen kann.

Helmut Sauer

Gerhard Rothermund: Einige meiner Kriegserlebnisse aus dem zweiten Weltkrieg. Norderstedt: Books on Demand. 109 Seiten.


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