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21.01.12 / Ausweispflicht / Postbote Turowski befolgte streng die Regeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-07 vom 21. Januar 2012

Ausweispflicht
Postbote Turowski befolgte streng die Regeln

Einschreibebriefe sind selbstverständlich auch im Postamt von Moddelkau eingegangen. Diese Behördenstelle war für drei weitere Dörfer zuständig. Sie hießen Friedrichswalde, Mettschinen und Grünbude und waren allesamt inmitten von Masuren „befindlich“, wie es damals im Amtsdeutsch hieß.

Verantwortlich für die Beförderung dieser sicheren Schreiben war der Postobersekretär Johannes Turowski. Und der übte diese Tätigkeit stets gewissenhaft sowie unter strikter Beachtung aller Dienstvorschriften aus.

Eines schönen Nachmittags erschien der Schneidermeister Waldemar Pottek aus Grünbude auf dem Postamt von Moddelkau. Er war mit dem Fahrrad gekommen, was ersichtlich war an den Klammern an seinen Hosenbeinen. Nach kurzem Gruß sagte er: „Ich möcht’ abholen einen Einschreibebrief. Weil – mich hat der Postbote nich’ angetroffen heut früh.“

Johannes Turowski nickte und erkundigte sich mit gebotener Höflichkeit nach Namen und Wohnort seines „Kunden“. Dann holte er einen braunen Umschlag hervor, der ziemlich groß und dick war. „Das wird er sein“, meinte er, „die Adresse stimmt.“ „Na also“, erklärte daraufhin der biedere Schneidermeister, „und Absender wird sein der Tuchhändler Kurella aus Allenstein. Er wollte mir schicken die neuen Stoffmuster, damit ich aussuchen kann, was ich möchte kaufen bei ihm.“

Hinter dem Schalterfenster drehte der Oberpostsekretär das Kuvert um: „Ist auch korrekt. Firma Otto Kurella steht da. Aus Allenstein.“ „Denn nuscht wie her damit“, verlangte der rechtmäßige Empfänger, „ich hab’s eilig ein bisschen“. Doch der Postbeamte widersprach entschieden: „Nich’ so schnell mit die jungen Pferde. Erst hat man sich auszuweisen. Das is’ nu mal Vorschrift!“ „Wieso ausweisen? Und womit denn? Mich kennt doch jeder hier in Moddelkau“, protestierte der Herr Schneidermeister. „Mag ja sein so“, kam es zurück, „aber es geht nich’ ohne Ausweis oder ein anderes amtliches Papier. Da is’ nuscht zu machen!“

Waldemar Pottek schaute ratlos drein. Dann begann er, den Inhalt jeder Tasche an Jacke und Hose zu durchforschen. Dabei entdeckte er nach längerem Suchen ein Foto, welches er von sich hatte machen lassen aus Anlass der Heirat seiner ältesten Tochter. Das reichte er durch das Schalterfenster und fragte hoffnungsvoll: „Genügt das vielleicht?“

Postobersekretär Turowski musterte das Porträt, schaute dann gute zwei Minuten lang seinen „Kunden“ an und erklärte schließlich: „Warum nich’ gleich so? Das genügt, denn es stimmt genau überein, was ich sehe auf dem Bild und an der Person. Hier ist der Brief.“ Heinz Kurt Kays


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