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28.01.12 / »Geldnot« mal anders / Bundesbildungsministerium überschüttet Forschung mit Geldern – Föderalismus setzt ihr enge Grenzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

»Geldnot« mal anders
Bundesbildungsministerium überschüttet Forschung mit Geldern – Föderalismus setzt ihr enge Grenzen

Vor lauter Euro-Krise ist aus dem Blick geraten, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eigentlich ganz andere Themen auf ihrer Agenda für diese Legislaturperiode hatte. So hatte sie beispielsweise die Bildung zur Chefsache erklärt. Das hat dazu geführt, dass sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) jedes Jahr über ein steigendes Budget freuen darf. Doch sie hat Probleme, das Geld auszugeben.

Hatte Schavan 2010 noch 10,6 Milliarden Euro zur Verfügung, sind es in diesem Jahr bereits 12,8 Milliarden Euro. Doch die Freude hier-über ist getrübt, denn irgendwie kommt die Ministerin der angestrebten Bildungsrepublik kaum näher. Allein in den letzen Wochen musste sie gleich mehrere Rück-schläge verkünden. So wurde ihre Idee des Bildungssparens eingestampft. Eigentlich hatte Schavan vorgesehen, dass Eltern und Großeltern, die bereits für ihren frisch geborenen Nachwuchs einen Sparvertrag für Ausbildungskosten abschließen, eine Anreizförderung vom Staat erhalten, ähnlich wie die Wohnungsbauprämie bei Bausparverträgen. Allerdings wurde die Idee auf unbestimmte Zeit zurückgestellt, da der Bund, so das Ministerium gegenüber der PAZ, die Mittel für den Hochschulpakt verwendet. Dieser sieht vor, dass Berlin jeden neuen Studienplatz zur Hälfte fördert. Aber auch das Stipendium-Programm, das vorsah, dass besonders fleißige Schüler unabhängig von der finanziellen Ausstattung ihres Elternhauses ein Stipendium erhielten, läuft schleppend. Da der Bund nur die Hälfte des Geldes für dieses Programm zur Verfügung stellt, die andere Hälfte von den Universitäten aus der Wirtschaft angeworben werden sollte, dem aber wenig Erfolg beschieden war, konnten 2011 nur 5500 der geplanten 10000 Stipendien realisiert werden. Und auch bei der Schüler- und Studentenförderung Bafög musste Schavan dieser Tage feststellen, dass die Bundesländer ihren Anteil am Bafög, der 35 Prozent der Kosten beträgt, nicht erhöhen wollen beziehungsweise schlicht aus finanziellen Gründen nicht können. Schavan hätte zwar das Geld, um einen Teil der Mehrkosten der Bundesländer mit zu übernehmen, aber sie darf es nicht. Der Grund hierfür ist der deutsche Föderalismus, der Bildung hauptsächlich als Aufgabe der Bundesländer ansieht. Das hat zur Folge, dass Schavan den Auftrag und die Mittel dafür hat, Deutschland zur Bildungsrepublik zu machen, es aber leider nicht für Schulen und Universitäten ausgeben darf. So kommt es, dass ihr Ministerium das viele Geld den vom Bund geförderten Forschungseinrichtungen angedeihen lässt. Dass das nicht immer ein Segen ist, hat vor einigen Monaten der Bundesrechnungshof erneut belegt. So könne es nicht sein, dass beispielsweise die Helmholtz-Gesellschaft mehr Geld erhält als beantragt und sogar Rücklagen in Höhe von über 300 Millionen Euro bilden konnte.

Das Problem, dass das Bildungsministerium sein Geld nicht los wird, ist kein neues Phänomen. Bereits vor Gründung der 2006 ins Leben gerufenen Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung hatte der Bundesrechnungshof darauf hingewiesen, dass es nicht sinnvoll sei, so viel Geld als Einmalzahlung in einer Stiftung zu binden, dafür lieber einzelne Projekte zu fördern. Doch der Bund war von der Idee der Stiftung, die die deutsch-polnische Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Hochschule fördert, nicht abzubringen. Später prüfte der Rechnungshof das Ergebnis und stellte, wie bereits befürchtet, 2011 fest, dass die 50 Millionen Euro Stiftungskapital – eigentlich sollten es 55 Millionen sein, denn Warschau hat seinen Teil noch nicht überweisen – bei dem jetzigen Zinsniveau kaum Ertrag abwerfen, so dass die Stiftung nur wenig Geld für ihre Arbeit hat. Zudem sieht sich der Aufsichtsrat der Stiftung wegen mangelnder Transparenz und Systematik der Ausgabenplanung seit 2009 außer Stande, einen Wirtschaftsplan der Stiftung zu beschließen. Jetzt soll der Stiftungsverband der Deutschen Wissenschaft die Stiftung verwalten.

Aber selbst wenn Schavan nur einzelne Projekte fördert, ist dies nicht immer effizient. So monierte der Bundesrechnungshof, dass 2012 mehr als fünf Milliarden des Budgets, was einer Steigerung von 29 Prozent gegenüber 2010 entspricht, in die Förderung von Forschungsprojekten gehen. Den größten Teil dieser etwa 18000 Fördervorhaben würden Projektträger verwalten, die inzwischen mehr Personal beschäftigen würden, als das 900 Mitarbeiter zählende Bildungsministerium.

Während also die meisten Schulen und Hochschulen aufgrund des Geldmangels der Bundesländer sowie Städte und Gemeinden dringend Geld für die Grundausstattung benötigen, um den Alltagsbetrieb zu gewährleisten, weiß das Bundesbildungsministerium nicht wohin mit seinem Geld. Immerhin durfte es nun neben der Unterstützung durch den Hochschulpakt dieser Tage eine projektbezogene Startfinanzierung an die Universität Tübingen überweisen. Dort wurde als Symbol für eine bessere Integration am 16. Januar das erste der vier in Deutschland geplanten Zentren für Islamische Theologie eröffnet, an dem islamische Religionslehrer und Imame ausgebildet werden. Ziel ist, dass die in Deutschland lebenden Moslems nicht mehr nur von oft des Deutschen nicht mächtigen und im islamischen Ausland geborenen Religionsgelehrten unterrichtet werden. Das Bildungsministerium bezahlt für zunächst fünf Jahre die Professuren und Mitarbeiterstellen. Vier Millionen Euro kann Schavan so vorerst für die befristete projektbezogene Anschubfinanzierung ausgeben. Derzeit studieren hier 36 Studenten. Rebecca Bellano


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