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28.01.12 / EU-Asylsystem in der Auflösung / Erneut Vertrag gebrochen: Dublin-II-Regelung von Italien und Griechenland unterlaufen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

EU-Asylsystem in der Auflösung
Erneut Vertrag gebrochen: Dublin-II-Regelung von Italien und Griechenland unterlaufen

Gerichtsentscheidungen der letzten Wochen deuten darauf hin, dass die Vereinbarungen zum europäischen Asylrecht nur noch Makulatur sind. Die Zahl von Asylbewerbern könnte dadurch auch in Deutschland wieder massiv ansteigen.

Das Vorbild Griechenlands setzt sich durch, so in etwa könnte man jüngste Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zusammenfassen. Bereits im Dezember wurde es Österreich in zwei Fällen untersagt, Asylbewerber nach Italien zurückzuschicken. Im Januar folgte das Verbot zur Rückführung nach Ungarn. Gefällt wurden die Urteile ungeachtet der sogenannten Dublin-II-Regelung aus dem Jahr 2003. Alle EU-Länder sowie die Schweiz hatten damals vereinbart, dass Asylverfahren in dem Land durchgeführt werden, in dem die Flüchtlinge erstmals EU-Boden betreten haben. Ziel der Vereinbarung war es eigentlich, eine gerechtere Lastenverteilung zu erreichen.

Zahlen aus dem Jahr 2010 machen deutlich, dass dies nicht gelungen ist: In diesem Jahr waren 257800 Asylbewerber in der EU registriert. Von den 27 EU-Ländern entfielen auf Deutschland und neun weitere Staaten 90 Prozent aller Asylverfahren.

Den Dreh, wie man die Belastungen durch die Asylverfahren auf andere abwälzt, hat neben Italien vor allem Griechenland gefunden. Zum einen sorgt man dafür, dass die Bedingungen für Flüchtlinge so schlecht sind, dass sie sich freiwillig in andere EU-Länder absetzen. Zum anderen dienen die miserablen Bedingungen dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als Grund dafür, dass eine Rücküberstellung nach Griechenland oder wie in jüngsten Urteilen nach Italien und Ungarn nicht möglich ist.

Nach Griechenland sind europaweit nach unzähligen Urteilen die Rückführungen von Asylbewerbern inzwischen komplett eingestellt worden. Reagiert wurde damit auf die haarsträubenden Zustände in griechischen Asyllagern. Statt für Abstellung der Missstände zu sorgen, wird das griechische Vorgehen durch EU-Kommission und Europäischen Gerichtshof de facto belohnt. Nachahmer hat das griechische Modell inzwischen in Italien, Bulgarien und Ungarn gefunden.

Aufschlussreich ist das Nichthandeln der EU-Kommission: Die Vertragsverletzungen werden nicht angemahnt. Stattdessen ist zu befürchten, dass die Missstände zukünftig als Begründung herhalten werden, wenn EU-Kommissarin Cecilia Malmström in Asylangelegenheiten weitere Kompetenzen anfordert: Derartige Bemühungen, bei Einwanderungs- und Asylangelegenheiten die Entscheidungsgewalt vollständig von der nationalen Ebene nach Brüssel zu übertragen, gibt es bereits seit längerer Zeit. Aktuell scheint sich die EU-Kommission nicht etwa am griechischen Asylsystem zu stören, sondern an der Praxis der verkürzten Asylverfahren auf deutschen Flughäfen. Bei dem Verfahren wird die Einreise bei offensichtlich unbegründeten Asylverfahren untersagt.

Außer bei den Vertragsverletzungen der süd- und südosteuropäischen Länder gibt es noch genug weiteren Handlungsbedarf: Österreich und die Schweiz sehen sich zum Beispiel zunehmend einem neuen Phänomen gegenüber. Minderjährige werden zunächst nach Europa vorgeschickt, um einen Asylantrag zu stellen. Diese sogenannten „Ankerkinder“ holen auf dem Rechtsweg später gesamte Familien nach. Aus Belgien und Luxemburg werden verstärkt Fälle gemeldet, in denen für Asylanträge „medizinische Gründe“ angeführt werden.

Auf der Agenda der EU-Kommission stehen stattdessen andere Vorhaben: Ein leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber und „Mobilitätspartnerschaften“ mit Nicht-EU-Ländern, die für mehr legale Einwanderung sorgen sollen. Bei Arbeitslosenzahlen von 18 Prozent in Griechenland und 22 Prozent in Spanien sind derartige Pläne natürlich politischer Sprengstoff.

Angesichts der Wirtschaftsmisere Südeuropas wäre man gut beraten, rechtzeitig Regelungen für verstärkte Bevölkerungsströme innerhalb Europas zu treffen: Was auf einige nord- und mitteleuropäische Länder zukommen könnte, lässt sich am Beispiel Großbritanniens erahnen: Anders als Deutschland und Österreich hat das Land bereits 2004 seinen Arbeitsmarkt für Osteuropäer geöffnet. Resultat ist, dass nach 2004 etwa 1,6 Millionen aus den EU-Beitrittsländern nach Großbritannien eingewandert sind. Auf die gern verschwiegenen Verlierer dieser Masseneinwanderung machte unlängst die britische Stiftung MigrationWatch aufmerksam: Der Zustrom von Osteuropäern seit 2004 war begleitet von einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit britischer Jugendlicher. Deren Zahl stieg von 575000 im Jahr 2004 auf über eine Million im Jahr 2011. Norman Hanert


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