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28.01.12 / Auf dem Weg zur Supermacht / Indiens ökonomischer Aufstieg verändert die Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

Auf dem Weg zur Supermacht
Indiens ökonomischer Aufstieg verändert die Welt

Wer noch glaubt, Europa und Amerika holten gerade tief Luft, um die Weltwirtschaft erneut auf Touren zu bringen, der unterliegt – so das Weltwirtschaftsforum von 2011 in Davos – einem fundamentalen Irrtum. Längst hat sich global eine grundlegende Verlagerung der Dynamik ökonomischer und politischer Kräfte angebahnt. Und einer der Faktoren dabei ist die Dynamik des neuen Indien, ein unaufhaltsamer Aufstieg in Richtung Supermacht.

Kaum etwas macht die Situation des Riesenreiches Indien deutlicher als ein Blick auf die Vorortzüge der Wirtschaftsmetropole Bombay: Menschen auf dem Weg zu ihrer Arbeit hängen an den Waggons, kämpfen sogar um Plätze auf dem Dach. Und ihre Zahl beträgt täglich über sechs Millionen – mehr als Irland Einwohner hat. Schon in wenigen Jahren wird Indien die Volksrepublik China nach der Bevölkerungszahl überholt haben.

Vor allem die Mittelschicht wächst unaufhörlich, die Globalisierung bestimmt das Tempo. Die Zahl der Millionäre steigt rapide und die deutsche Automobilindustrie sieht beispielsweise ihren zukünftigen Wachstumsmarkt auf diesem Subkontinent im Indischen Ozean. Ohne Zweifel, Indien ist auf dem Weg zur Weltmacht, hat das Drittland-Image längst hinter sich gelassen und wird auch die Bezeichnung Schwellenland ablegen. Trotz allgemeiner Wirtschaftskrise betrug die Wachstumsrate seiner Volkswirtschaft zuletzt noch über fünf Prozent, davor lag sie zeitweilig bei neun Prozent. Jahrzehnte als Land dörflicher Gemeinschaften mit einer bäuerlichen Bevölkerung betrachtet, definiert sich das heutige Indien zunehmend über seine Städte und eine mobile, ehrgeizige Mittelschicht mit modernem Konsumverhalten. Nicht von ungefähr wird der Markt des Wassersportes, früher gleich Null, von Branchenkennern für die nähere Zukunft bereits in Milliardenhöhe anvisiert. Die Leistung dieser auf rund ein Drittel der Bevölkerung geschätzten Einkommensschicht und ihre Fertigkeiten können sich längst mit den erfolgreichen Nationen auf dem Globus messen, sogar der Schritt ins All ist vollzogen.

Der Preis dafür war ein Bedeutungsverlust der Landwirtschaft, die nur noch mit 15 Prozent zum Bruttosozialprodukt beiträgt. Und gerade hier spielten sich in jüngster Vergangenheit wahre Tragödien ab. Nach der schlimmsten Trockenheit seit Jahrzehnten nahmen sich unter der Last ihrer drückenden Schulden 2009 mehr als 17000 Bauern das Leben. Daran konnte auch der Nobelpreisträger Muhammed Junus mit seiner Gründung einer Bank für Minikredite nichts ändern.

Einen Anstoß gab jetzt Manmohan Singh mit der Anweisung, die 17 vom Staat beherrschten Firmen müssten ihre gehorteten Gelder in Infrastrukturprojekten und in der Energiebeschaffung anlegen. So investieren ab April die Oil and Natural Gas Corporation, Coal India und die National Mineral Development Corporation mehr als 30 Milliarden Euro. Mehrere Milliarden stehen auf Abruf bereit, um in Übersee Energieressourcen zu erwerben, wie es auch bereits China vorexerziert. Der Investitionsschub staatlicher Unternehmen soll als Nebeneffekt auch die private Wirtschaft anschieben.

Nach wie vor ist neben dem Kastenwesen die Korruption einer der größten Hemmschuhe für ausländisches Kapital. Einschließlich des jetzt am Oberhaus gescheiterten neuen Anti-Korruptionsgesetzes sind in den letzten 40 Jahren alle Versuche, die Korruption einzudämmen, an den davon profitierenden Politikern gescheitert – eine in ganz Asien verbreitete Praxis. Transparency International stufte Indien immer weiter zurück, von Platz 35 in 1995 auf jetzt Platz 85. Ein Großteil der von privaten Haushalten ausgegebenen Summen fließt in Schmiergelder für alle Ebenen der Verwaltung. Der Ansiedlungsberater Mike Batra: „Sicher ist, dass bei großen Projekten die zuständigen Minister gerne zehn Prozent der Investitionssumme in die eigene Tasche abzweigen.“ J. Feyerabend


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