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28.01.12 / Suche nach der Zukunft / Arabische Emirate im Wandel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-12 vom 28. Januar 2012

Suche nach der Zukunft
Arabische Emirate im Wandel

Rainer Hermann, Autor des Buches „Die Golfstaaten. Wohin geht das neue Arabien?“, hat sich einen Namen gemacht als Korrespondent der „FAZ“ für die Türkei und den Nahen Osten. Seit 2008 lebt er in Abu Dhabi, dem territorial größten Scheichtum der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Dieselben Vorzüge, die seine Zeitungsartikel auszeichnen, zeichnen auch sein Buch aus: ein nüchterner, transparenter Stil ohne prätentiöse oder modische Stilfiguren, gepaart mit solider Sachkenntnis, die mit dem islamwissenschaftlichen Studium des Autors begonnen hat. Sympathie für sein Sujet scheint durch.

Am ausführlichsten berichtet er über Abu Dhabi und Dubai, was dadurch zu rechtfertigen ist, dass dies auch die gewichtigsten der sieben Scheichtümer der VAE sind. Trug die Landkarte für diese Region der Welt einmal den Namen „Piratenküste“, dann „Vertragsstaaten“ (Trucial States), was beides nicht unbedingt eine rasante Entwicklung durchscheinen lässt, so haben sich die VAE seit wenigen Jahrzehnten durch Öl-, Erdgas- und managerialen Erfindungsreichtum an die Spitze der gesamten arabischen Welt gesetzt. Die vielen Einzelheiten, die der Autor in diesem Zusammenhang ausbreitet, müssen alle interessieren, die weiter voraus in die Wirtschaft und Gesellschaft des 21. Jahrhunderts zu schauen versuchen, ungeachtet der regionalen Besonderheiten dort unten an der Straße von Hormus.

Die „Emiratis“ sind von derartiger Weltoffenheit, dass die einheimischen Araber, die Nachkommen ärmlicher Beduinen, mittlerweile weniger als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Der Autor hält diesen Befund mit unserer Vorstellung zusammen, dass ab einem Ausländeranteil von etwa zehn Prozent der innere Frieden einer Gesellschaft in Gefahr gerate. So ganz klar kann der Vergleich mit den Zuständen in den Immigrationsländern des wohlhabenden Europa aber nicht gezogen werden. Denn die meisten derjenigen, die in die VAE kommen, sind Arbeitsmigranten ohne Perspektive der Integration, können also relativ mühelos nach einer bestimmten Frist wieder nach Hause geschickt werden. Unter den Fremden sind nicht nur Arbeitskräfte aus Indien, Pakistan, Bangladesch und den Philippinen für die eher simplen Verrichtungen, sondern auch viele qualifizierte Fachleute.

Natürlich sucht man in dem Werk auch die Erörterung der Frage, wie die Ölstaaten ihre Volkswirtschaft führen werden, wenn das Öl einmal versiegt ist. Eine klare Antwort darauf ist gegenwärtig kaum möglich, der Autor konstatiert nur die verschiedenen Bemühungen um Diversifizierung. Jedenfalls müssen die Scheichs sich nicht vor der Suche nach alternativen Energien fürchten, die die westliche Welt immer mehr beschäftigt. Denn abgesehen von den Unwägbarkeiten, die diese Suche begleiten: Die Volkswirtschaften der Aufsteiger in der Dritten Welt, etwa Indien, Brasilien, China, Südafrika, haben noch lange nicht genug benzinschluckende Autos gekauft. Bernd Rill

Rainer Hermann: „Die Golfstaaten. Wohin geht das neue Arabien?“, dtv premium, München 2011, kartoniert, 360 Seiten, 14,90 Euro


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