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04.02.12 / Er wusste, warum der Soldatenkönig Uniform trug / Der masurische Volkserzähler Max Bialluch, Autor des Buches »Das lachende Dorf« und der Anekdote »Der Soldatenrock«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-12 vom 04. Februar 2012

Er wusste, warum der Soldatenkönig Uniform trug
Der masurische Volkserzähler Max Bialluch, Autor des Buches »Das lachende Dorf« und der Anekdote »Der Soldatenrock«

Max Bialluch gehörte zu unserem festen Mitgliederkreis, der sich einmal im Monat im „Blutgericht“ im Königsberger Schloss traf. Wir, das waren die ostpreußischen Schriftsteller, die sich im damaligen Berufsverband, der Sektion Ostpreußen in der Reichsschrifttumskammer, zusammen gefunden hatten, um gemeinsam über unsere Arbeit zu sprechen und sich gegenseitig zu unterstützen. Eine Art „Work­shop“, wie man heute sagen würde, denn auf diesen Versammlungen konnten die mehr oder weniger bekannten Schriftsteller Proben ihrer epischen und lyrischen Werke vortragen. Das war besonders für die Freischaffenden wichtig, sie bekamen nicht nur Lob und Kritik aus berufenem Mund, sondern auch Hinweise und Ratschläge für die Verbreitung ihrer Arbeiten. Der Schriftsteller Max Bialluch gehörte nicht zu diesen, denn er war hauptberuflich Pädagoge, unterrichtete damals an der Selke-Schule in Königsberg. Aber was er in seinen freien Stunden schrieb, reichte für einen festen Platz im ostpreußischen Kulturschaffen.

Er war der geborene Volkserzähler, der aus dem prallen Leben seiner masurischen Landsleute schöpfte, aus ihrem Mutterwitz und ihrer Bauernschläue, mit denen sie auch die Widrigkeiten ihres nicht leichten Alltags bewältigten. Nicht umsonst trug sein bekanntestes Buch den Titel „Das lachende Dorf“. Sein hoher Bekanntheitsgrad wurde durch viele Lesungen verstärkt, auf denen sich der aus einer alteingesessenen Familie stammende Masure als glänzender Interpret seiner Erzählungen und Anekdoten erwies und die vor allem über den Reichssender Königsberg einen großen Hörerkreis fanden. Max Bialluch füllte damit einen nicht sehr reich bestückten Raum in der ostpreußischen Literatur aus, denn wie aus der von unserer Vereinigung herausgegebenen Anthologie „Land der dunklen Wälder“ ersichtlich, waren von den 90 Autoren nur wenige aus Masuren und vor allem die Volksdichtung war kaum vertreten. Diesem Buch hat Max Bialluch die Anekdote „Der Soldatenrock“ beigesteuert, die wir als Leseprobe bringen wollen.

Der Soldatenrock

Es ist allgemein bekannt, dass Friedrich Wilhelm I. stets einen einfachen Soldatenrock trug – als erster Fürst Europas. Wie es zu dieser Gepflogenheit gekommen war, wusste man in Masuren folgende Begebenheit zu erzählen:

Damals – als er in den ersten Jahren noch bürgerliche Kleidung getragen haben soll – wurde der König auf einem Besichtigungsgang in Masuren von einem starken Platzregen überrascht und bis auf die Haut durchnässt. Seine Begleiter waren um die Gesundheit des Königs sehr besorgt und ließen nicht nach mit Zureden, bis er in ein nahes Bauernhaus ging, um sich dort einen Rock auszuleihen – für die Zeit, die sein Wams zum Trocknen brauchte. Der gastfreie Bauer erkannte den König nicht, aber er war sogleich bereit, dem Fremden mit einem seiner Kleidungsstücke auszuhelfen. Doch alle Mühe schien vergeblich: Kein Rock passte zu der massigen Gestalt des Durchnässten. Da sah der König einen blauen Soldatenrock im Schrank des Bauern hängen. Allem Anschein nach würde er ihm passen. Wie er aber auf ihn zeigte, da antwortete der Bauer, dass er diesen Rock nicht herausgeben könnte – auch nicht für viele Dukaten. Und als er die erstaunten Gesichter der Fremden sah, erklärte er: „Dieser Rock ist ein besonderes Ehrenkleid. Mein älterer Bruder hat ihn beim Militär getragen – unter den Augen des Königs. Nur wer den König von Angesicht zu Angesicht gesehen hat, darf ihn wieder tragen. So bestimmte es mein Bruder vor seinem Tode. Und seinen letzten Willen muss ich achten …!“

Da sagte Friedrich Wilhelm I: „Bauer, reich’ er mir einen Spiegel her, damit ich hineinsehe. Dann werde ich den Rock wohl anziehen können.“ Jetzt merkte der Bauer, dass sein Landesherr neben ihm stand. Die letzten Zeichen wichen, als er nun auch fünf blanke Taler vor sich liegen sah und auf ihnen das klare Antlitz des Königs erblickte. Der Bauer bat um Nachsicht und reichte stolz dem König den Rock zu.

Friedrich Wilhelm I. zog erfreut den blauen Soldatenrock an, der wie angegossen saß. Und von der Zeit ließ er nicht mehr ab von diesem Kleidungsstück. R.G.


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