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11.02.12 / Bahnhof soll Einkaufszentrum weichen / Allensteins öffentlicher Personenverkehr soll darunter aber nicht leiden – ganz im Gegenteil

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-12 vom 11. Februar 2012

Bahnhof soll Einkaufszentrum weichen
Allensteins öffentlicher Personenverkehr soll darunter aber nicht leiden – ganz im Gegenteil

Die Firma Retail Provider, die vergangenen Oktober 85 Prozent der Aktien der Allensteiner Omnibusgesellschaft PKS übernommen hat, hat angekündigt, die als außerordentlich marode geltende Bahnhofsanlage der Woiwodschaftshauptstadt, zu der auch ein Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB) gehört, abzureißen und auf der dadurch gewonnen Gewerbefläche ein modernes Einkaufszentrum zu erbauen.

Allensteins gegenwärtiger Bahnhofsbau aus Beton und Glas, der zum Zeitpunkt seiner Errichtung vor gut vier Jahrzehnten als höchst modern empfunden wurde, hatte einen im Zweiten Weltkrieg verschont gebliebenen Vorkriegsbau ersetzt. Damals vertrat man die Meinung, seine verglaste Außenwand sei ein Ausdruck eines zukunftsorientierten Bauvorhabens, dessen Funktion bis in das 21. Jahrhundert hineinreichen werde. Ein im Untergeschoss befindlicher unterirdischer Luftschutzraum sollte darüber hinaus im Falle eines Nato-Angriffs Tausenden von Einwohnern Schutz bieten. Daher war es Außenstehenden lange Zeit strengstens verboten, die sogenannten strategisch wichtigen Anlagen zu fotografieren. Seit dem Nato- und EU-Beitritt Polens ist diese Sicht der Dinge überholt.

Getreu dem Motto „Das Bessere ist ein Feind des Guten“ stellte sich schon nach wenigen Jahrzehnten heraus, dass der schlichte Bahnhofsbau völlig veraltet war. Seine weitläufigen Hallen nutzen seitdem mehrere Pächter für gewerbliche Zwecke. Die Innenausstattung hat dadurch viel von ihrem ursprünglichen Aussehen eingebüßt. Infolgedessen wurde das Verlangen nach Veränderungen sowohl an den Innenräumen als auch auf dem umliegenden Gebiet in der Öffentlichkeit immer lauter. Die polnische Eisenbahngesellschaft PKP ist allerdings im Zuge einer chaotischen und meist völlig undurchdachten Privatisierung in unzählige kleinere Gesellschaften zergliedert worden und keine davon zeigt sich an einer aufwändigen Investition interessiert. Erfolg- und gegenstandslos erwies sich der Versuch seitens der Kommunalbehörde Allensteins, auf die Inhaber dieses Geländes Druck auszuüben, damit sie am Außenbild Reparaturen vornehmen.

Dieser unerträgliche Zustand könnte sich in absehbarer Zeit gravierend ändern. An der Stelle des jetzigen Bahnhofsgebäudes will der Mehrheitsaktionär der Allensteiner Omnibusgesellschaft PKS nämlich ein modernes Einkaufszentrum errichten. Dabei soll die Hauptfunktion eines regionalen und überregionalen Verkehrsdienstleisters beibehalten werden und auch künftig gesichert sein. Und noch mehr: Die bestehende Verkettung von Bahn, Omnibus und Stadtbus soll an die geplante Straßenbahnlinie angeschlossen werden. Auf dem Bahnhofsvorplatz soll zu diesem Zweck ein großes Umsteigezentrum gebaut werden. Den Großteil der Kosten dafür soll der Bauherr selbst tragen.

Das an den geplanten Bahnhofsneubau anschließende Nah- und Stadtverkehrssystem würde endlich die schon vor mehreren Jahrzehnten geplante Neuordnung und Neuplanung des Bahnhofareals umsetzen. Ältere Allensteiner erinnern sich noch gut daran, wie man dort die oft ermüdenden Wartezeiten in einem gut frequentierten Kino überbrücken konnte. Wie das Leben so spielt, wird dies bald am Allensteiner Bahnhof wieder denkbar sein, wenn sich denn die Hoffnungen bewahrheiten, dass ein Multiplex-Kino von dem Warschauer Bauherrn hier mit eingeplant wird. Mit einer ebenfalls wieder verkehrenden Straßenbahn könnte so das alte Ambiente des Bahnhofs wieder entstehen.

Skeptisch zeigt sich jedoch Allensteins Stadtpräsident. Er befürchtet, dass die Hauptaufgabe des Verkehrsknotenpunktes durch ein groß ausgebautes Einkaufs­zentrum beeinträchtigt werden könnte. Zudem besteht die Sorge vor einem Überangebot, da bereits zahlreiche Bauanträge für ähnliche Zentren in Allenstein vorliegen. Es wird bezweifelt, dass die knapp 200000 Einwohner zählende Stadt genügend Kaufkraft hat, damit alle hier festen Fuß fassen können. Andererseits besteht laut einer Bürgerumfrage Bedarf an zumindest zwei, wenn nicht gar drei Einkaufszentren in der Stadt. Das würde bedeuten, dass ein Einkaufszentrum auf dem Bahnhofsgelände größte Chancen hätte, sich bereits binnen kürzester Zeit als rentabel zu erweisen.

Grzegorz Supady


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