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11.02.12 / Der neue Abzock-Dschungel / Televoting heißt der Trend im TV – Geld fließt in Mitmachfernsehen mit Bloßstellungsfaktor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-12 vom 11. Februar 2012

Der neue Abzock-Dschungel
Televoting heißt der Trend im TV – Geld fließt in Mitmachfernsehen mit Bloßstellungsfaktor

Im Fernsehen feierte das „Dschungelcamp“ bis vor wenigen Tagen hohe Einschaltquoten trotz allseits beklagten schlechten Niveaus. Viele Medien springen auf den Zug Richtung werberelevanter Zielgruppe auf, denn bei den Formaten des interaktiven Fernsehens verdienen Sender und Kommunikationskonzerne – auf Kosten der Zuschauer.

Ob Deutschland den Superstar sucht, oder von der Moderatorin Sonja Zietlow launig als „F-Klasse-Promis“ angekündigte Kandidaten im Dschungelcamp Australiens Ekliges essen müssen – Mitmach-Fernsehen ist angesagt. „Rufen Sie an für Ihren Star“ lautet auch das Konzept von „Unser Star für Baku“. Die Sendung ermittelt, wer für Deutschland zum europäischen Gesangswettbewerb (Eurovision Song Contest) antritt. Neu ist hier eine Art Dauereinblendung eingehender Anrufe, um den Zuschauer zum Mehrfachanrufen anzustacheln. Dabei geht es vordergründig stets um große Emotionen, um Wettbewerb, um neue Idole. Der Zuschauer entscheidet über Telefon und Kurznachrichtendienst SMS, wer zum neuen Helden gekürt wird und damit auch zur Identifikationsfigur der Werbebranche. Die lässt die Glaubwürdigkeit der Kandidaten in Umfragen ermitteln und vergibt dann entsprechend Verträge an sie.

Für die Sender ist der Austausch mit dem Zuschauer in Zeiten des Internet nicht nur lebenswichtiger Beweis, am Puls der Zeit zu sein, es geht ums Geschäft. Privatsender und öffentlich-rechtliche Anstalten erschließen sich mit Televoting neue Geldquellen. Gut 50 Cent kostet ein Anruf. Sender und Telefonanbieter teilen sich den Betrag. Die großen Verlage mischen im Televoting-Geschäft mit eigenen Firmen mit. Allen gemeinsam ist die Suche nach den jungen Zuschauern. So verlangte RTL 2011 bereits wegen hoher Einschaltquoten den Höchstpreis von 55000 Euro für einen 30-Sekunden-Werbespot im Werbeblock des „Dschungelcamps“. Dieses Jahr sahen durchschnittlich 3,97 Millionen der 14- bis 49-jährigen Zuschauer (35,1 Prozent Marktanteil) zu.

Bedingt durch die Übersättigung mit TV-Gesangswettbewerben erklomm das Camp dieses Jahr rasch die Spitzenposition, an der andere Medien scheinbar nicht mehr vorbeikommen: „Kam man als Gutmensch anfangs mit deren zynisch-verachtender Bissigkeit so gar nicht zurecht“, kommentierte der „Tagesspiegel“ die Moderation im „Dschungelcamp“, so waren doch alle Teilnehmer freiwillig da, wie Moderatorin Zietlow sagte.

Damit erfüllt das Lager eine Ventilfunktion im sonst politisch korrekten Fernsehen: Wer sich erniedrigen lässt, dem darf man die Kakerlaken in den Ausschnitt schütten. SV


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