24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.02.12 / Störfall

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Jan Heitmann:
Störfall

Mit vor Stolz geschwellter Brust loben sich die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union, FDP, SPD und Grünen für ihre Weisheit, sich auf Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten geeinigt zu haben. Damit habe man, so wird unisono verkündet, endlich einen Kandidaten „aller Parteien“ gefunden. Doch da täuschen sie sich. Gauck, der sich selbst als „linken liberalen Konservativen“ bezeichnet und sich stets jeder Vereinnahmung entzogen hat, wird kein Präsident der Parteien sein. Vielmehr wird er ihnen schnell unbequem werden. Die Bundeskanzlerin weiß das und deshalb war sie so lange gegen seine Nominierung, bis es für sie keinen Ausweg mehr gab. Nun bekommt sie kein schwaches und lenkbares Staatsoberhaupt, sondern wird mit einer unabhängigen und kritischen Persönlichkeit im Schloss Bellevue fertig werden müssen. Das gilt auch für die Oppositionsparteien, was diesen in ihrer ersten Euphorie gar nicht in den Sinn gekommen zu sein scheint.

Das stärkste Wirkinstrument des Bundespräsidenten ist die Kraft der Rede. Gauck beherrscht dieses Instrument und er wird es nutzen. Er wird es nutzen, um seine bürgerlichen Überzeugungen zu formulieren, zu mahnen, zu warnen und die Politik in ihre Schranken zu weisen. Mit der ihm eigenen Aufrichtigkeit, Gradlinigkeit und Glaubwürdigkeit wird er die Politik nicht einfach nur begleiten, er wird sie geleiten. So wird sich Gauck für die Parteien, die von einem Bundespräsidenten wie selbstverständlich die Beschränkung auf gehorsames Repräsentieren erwarten, schnell zu einem Störfall entwickeln. Ein Störfall indes, der für unser Land und unsere Demokratie ein Glücksfall sein wird.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren