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25.02.12 / Gesetzte Maßstäbe nie selbst gelebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-12 vom 25. Februar 2012

Gesetzte Maßstäbe nie selbst gelebt
von Wilhelm v. Gottberg

Weshalb ist Christian Wulff im höchsten Staatsamt gescheitert? Es waren nicht die Medien, die ihn mit dieser oder jener Enthüllungsgeschichte zu Fall brachten. Es war auch nicht seine mangelnde Distanz zum politischen Tagesgeschäft, die ihn scheitern ließ, wie zum Beispiel seine unangemessenen Einlassungen zu Thilo Sarrazin oder zum Libyen-Konflikt. Wulff scheiterte im höchsten Staatsamt, weil er weder die intellektuelle noch die moralische Qualität besaß, die das Amt des Bundespräsidenten erfordert.

Der zurück-getretene Bundespräsident forderte von den Spitzen der politischen Klasse zu Recht Vorbildfunktion. Er selbst ist in seiner gesamten politischen Karriere diesem Maßstab nie gerecht geworden. Opportunismus, Pragmatismus und Ehrgeiz waren die bestimmenden Kennzeichen für Wulffs politisches Handeln.

Seine Stationen: Bundesvorsitzender der Schülerunion, Bundesvorsitzender der Jungen Union. Bereits als halberwachsener Jüngling Mitglied im Bundesvorstand der Union. Liegt hier bereits ein wichtiger Grund für das spätere Scheitern? Es ist gesicherte Erkenntnis, dass Personen, die sehr jung in Spitzenpositionen gelangen, sehr rasch die Bodenhaftung verlieren. Wulff hatte als Ministerpräsident und als Staatsoberhaupt den Bezug zur Realität verloren.

Ungewöhnlich auch, dass ein Mann, der zweimal als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl unterlag, ein drittes Mal antreten durfte. Er obsiegte, nicht aufgrund seiner Qualität, sondern weil die vorangegangenen Ministerpräsidenten der SPD Gerhard Glogowski und Sigmar Gabriel bemerkenswert schwach waren. Einflussreiche Kreise haben zu Beginn der 90er Jahre Wulff gefördert. Sie versprachen sich etwas von dem jungen Mann. Neben reichen Freunden waren es der politische Katholizismus, die Industrie aus dem Großraum Osnabrück und die Spitze der Landes-CDU. Ungewöhnlich, dass man 1993 Wulff zum Landesvorsitzenden der CDU machte, obwohl er bis dahin nur ein Kreistagsmandat besaß. Wulff wurde zum großen Hoffnungsträger hochstilisiert. Seine wohlhabenden Freunde befeuerten diesen Prozess durch die Herausgabe entsprechender Publikationen, wie „Christian Wulff – die Biografie“ von Arnim Fuhrer.

Typisch für Wulff sein Umgang mit seinem engsten Vertrauten Olaf Glaesecker. Dem Mann, ein Medienprofi durch und durch, hat Wulff sehr viel zu verdanken. Nicht von ungefähr nahm Wulff ihn aus Hannover mit in das Schloss Bellevue. Als es eng wurde, entließ er ihn, um mit diesem Bauernopfer vom eigenen Fehlverhalten abzulenken.

Er sei immer aufrichtig gewesen, ließ Wulff in seiner Rücktrittserklärung verlauten. Wir haben das anders erlebt.


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