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03.03.12 / Kohls fataler Irrtum / Mit den Antworten von 1945 sind Europas Probleme nicht mehr zu lösen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-12 vom 03. März 2012

Kohls fataler Irrtum
Mit den Antworten von 1945 sind Europas Probleme nicht mehr zu lösen

Was Kanzler Helmut Kohl bei der Schaffung des Euros trieb, dient Kanzlerin Angela Merkel noch immer als Argument. Doch die Gegenwart bedarf neuer Antworten.

Mit einem dramatischen Appell hat sich der 81-jährige Helmut Kohl für das geeinte Europa ausgesprochen. In dem Beitrag für die „Bild“-Zeitung mahnt der von Krankheit gezeichnete Alt-Kanzler: „Die bösen Geister der Vergangenheit sind keineswegs gebannt ... Europa bleibt eine Frage von Krieg und Frieden.“

Kohl erinnert damit die Nachgeborenen an die traumatischen Erfahrungen seiner Generation. Und er lässt damit die Begeisterung noch einmal aufblitzen, welche die Angehörigen seiner Generation einst angetrieben hat.

Gleichzeitig und unfreiwillig gibt der leidenschaftliche Europäer aber auch den Blick frei auf eine der zentralen Ursachen der tiefen Krise, in welche das europäische Projekt manövriert worden ist.

Wer in den absoluten Kategorien von Leben und Tod über das Für und Wider eines jeden wichtigen Schritts zur weiteren Integration Europas befindet, den lassen die harten, dagegen aber oft kleinlich wirkenden Fallstricke der Realität gleichgültig. Was bitte sind denn schon ein paar vergeudete Milliarden, was die Aufgabe der Mark für eine weichere Währung, wenn es um Sein oder Nichtsein Europas und damit Deutschlands geht? Für Helmut Kohl, der seinen geliebten Bruder an den Krieg verlor, der sein Vaterland als 15-Jähriger zertrümmert, geteilt und amputiert sah, lautet die einzig mögliche Antwort: Nichts, aber auch gar nichts!

Die grausame Ironie der Geschichte jedoch will es, dass uns genau diese Rigorosität in jene Krise geführt hat, welche Europa nun zu zerreißen droht. Statt wie Bismarck zu handeln, der sein Einigungswerk „mit heißem Herzen, aber kühlem Verstand“ vollendete, traten die „kühlen“ Aspekte wie der fortbestehende nationale Eigennutz und die unumstößlichen ökonomischen Realitäten bei Kohl stets in den Hintergrund.

So auch beim letzten Akt seiner Ära: der Schaffung des Euro. Sie war von Anfang an ein politisches Projekt. Die wirtschaftlich begründeten Einwände wischte Kohl weg. Denn wieder ging es ums Ganze, um Europa, um Sein oder Nichtsein. Diese Missachtung der wirtschaftlichen Realitäten rächt sich nun bitter.

Die heutige politische Klasse verschanzt sich dessen ungeachtet hinter der Kohlschen Rhetorik. Auch Kanzlerin Merkel überhöht den Erhalt des Euro zur Frage von Krieg und Frieden. Damit aber enthüllt sie bloß, dass sie auf die brennenden Herausforderungen der Gegenwart bislang keine angemessene Antwort gefunden hat. Denn diese Antwort muss eine andere sein als jene, die sich der junge Kohl 1945 gegeben hat. Ringt sich die politische Klasse nicht bald zu dieser Erkenntnis durch, gerät das europäische Projekt tatsächlich in Gefahr. Dann steht nicht nur Griechenland am Abgrund, sondern der gesamte Kontinent. Hans Heckel


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