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10.03.12 / Trittin, »taz« und Schweinejournalismus / Medienlandschaft im Wandel: Wie sich das Zentralorgan der Grünen bei der Partei »Die Linke« anbiedert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Trittin, »taz« und Schweinejournalismus
Medienlandschaft im Wandel: Wie sich das Zentralorgan der Grünen bei der Partei »Die Linke« anbiedert

Nicht nur die Parteienlandschaft Deutschlands hat sich in den letzten Jahren gründlich verändert – die traditionellen Volksparteien verlieren an Boden, neue Gruppierungen an den Rändern erstarken. Auch die Medienlandschaft wandelt sich: Alte Freundschaften erkalten, neue strategische Allianzen tun sich auf.

Nein, zimperlich war er noch nie, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jürgen Trittin. Seine mit beißendem Spott garnierten Verbalattacken trafen bislang vorzugsweise Bürgerlich-Konservative, aus seiner Blickrichtung also alles, was irgendwie „rechts“ ist. Wozu natürlich auch jene Minderheit unter den Journalisten gehört, die sich der „political correctness“ des grün-alternativen Gutmenschentums verweigert, zum Beispiel Kernkraft und CO2 nicht für Teufelswerk und das Dosenpfand nicht für der Weisheit letzten Schluss im Kampf um die Rettung der (Um-)Welt hält.

Nun aber überraschte Trittin das staunende TV-Publikum mit neuen Tönen. Das heißt, neu waren eigentlich nicht die Töne, sondern die Adressatin: Ines Pohl, streitbare Chefredakteurin der „taz“, die bislang als eine Art Zentralorgan der Grünen galt. Sie betreibe „Schweinejournalismus“ und „Sauerei“, befand Trittin in der ansonsten eher von gepflegter Langeweile geprägten ZDF-Quasselrunde von Maybritt Illner.

Ausgelöst hatte den Wutausbruch Trittins ein „taz“-Kommentar, in welchem dem designierten Bundespräsidenten Joachim Gauck „Verharmlosung des Holocaust“ bescheinigt wurde. Für diese „Ungeheuerlichkeit“ müsse die Zeitung sich beim Kandidaten entschuldigen, forderte Trittin von Pohl.

Die seit Sommer 2009 amtierende Chefredakteurin konterte, der Text des Anstoßes sei schließlich nur „eine persönliche Meinungsäußerung“ des „taz“-Autors Demiz Yücel. Sie selbst würde das so nicht schreiben, aber ...

Und dann folgte genau die Argumentationskette, wie wir sie von der SED-Umbenennungspartei „Die Linke“ kennen: Joachim Gauck habe Thilo Sarrazin („Deutschland schafft sich ab“) „mutig“ genannt, und er habe den Satz des Amtsvorgängers Christian Wulff „der Islam gehört zu Deutschland“ kritisiert. Folglich habe er „auch überzogene Kritik“ selber provoziert.

Ines Pohl, die zu Beginn ihres Wirkens als Chefredakteurin von den neuen Kollegen wegen ihrer offenkundigen Konzeptionslosigkeit noch als „Chefpraktikantin“ verspottet worden war, hat ihre Mannschaft inzwischen gut im Griff. Brav sekundierte „taz“-Autor Stefan Reinecke zwei Tage nach dem Streitgespräch im ZDF, schließlich sei das Blatt als nahezu einziges aus der „Einheitsfront“ der Leitmedien ausgebrochen, während Gauck ansonsten überall „kritiklos bejubelt“ werde. Der einstige DDR-Bürgerrechtler sei „aus jeweils sehr eigennützigem machtpolitischem Kalkül“ zum Präsidentschaftskandidaten „einer sehr großen Koalition, ohne Linkspartei natürlich“, geworden.

Damit ist der Paradigmenwechsel offenkundig. Seit ihrer Gründung im Jahre 1978 war „die tageszeitung“ der treue, wenn auch nicht immer unkritische Begleiter der Grünen auf ihrem Weg von der außerparlamentarischen Bewegung zur Regierungspartei. Unter der langjährigen Chefredakteurin Bascha Mika hatte das Alternativ-Blatt durchaus frischen Wind in den deutschen Blätterwald gebracht und die Presselandschaft um so manche pfiffige Schlagzeile bereichert. Mikas Nachfolgerin Ines Pohl aber verschob die Akzente: weniger Kreativität, dafür noch mehr Ideologie.

Die Entfremdung zwischen dem alternativen Kultblatt und den Grünen-Realos um Trittin und Joschka Fischer hatte schon zu deren Amtszeit in der Bundesregierung eingesetzt. Nun aber hat das vormalige grüne Zentralorgan die alte politische Heimat wohl endgültig aufgegeben und biedert sich stattdessen bei der Linkspartei an.

Freilich ist dies nicht das einzige Beispiel für den grundlegenden Wandel der deutschen Medienlandschaft. Nicht zuletzt der Umgang mit der causa Wulff offenbarte publizistische Allianzen, die man vor kurzem noch für ausgeschlossen gehalten hätte.

Da spielen sich „Bild“, „Spiegel“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Frankfurter Allgemeine“ die Bälle zu, Blätter, die sich früher heftig befehdeten, ja verachteten. „Kritische“ Fernsehjournalisten, denen früher die Standard-Formulierung „wie der Spiegel berichtet“ die höheren Weihen verlieh, berufen sich unkritisch auf die einst so verhasste sogenannte Springer-Presse. Augstein und Springer in medialer Kumpanei – wer hätte das gedacht!

Ein anderes Beispiel: Vor zwei Jahren war die PAZ eine der ersten, in der ein Ausstieg Griechenlands und anderer Schuldensünder aus dem Euro und eine Konzentration der Gemeinschaftswährung auf ein starkes Kern-Europa im karolingischen Sinne gefordert wurde. In den großen Leitmedien wurde diese Position damals lächerlich gemacht oder totgeschwiegen, heute aber teilweise von ihnen selber vertreten.

Wer für (oder gegen) was steht, ist für Leser, Hörer und Zuschauer heute kaum noch erkennbar. Das traditionelle Rechts-Links-Schema löst sich auf, was nicht unbedingt ein Verlust ist. Leider aber wird es ersetzt durch einen publizistischen Einheitsbrei, der den Regeln der „political correctness“ folgt und folglich – ganz verfassungskonform – einer förmlichen Zensur gar nicht mehr bedarf.

Das Verhalten Christian Wulffs und die Umstände seines Rücktritts sind – auch in dieser Zeitung – hinreichend beschrieben und bewertet worden. Dazu bedarf es hier keiner weiteren Worte. Darüber hinaus und ganz unabhängig davon aber geht es auch um diese Frage: Wer regiert dieses Land, wer bestimmt, wer welches Amt wie lange innehaben darf? Die demokratisch gewählten Gremien? Oder die vereinigten Chefredakteure von „Bild“, „SZ“, „Spiegel“, ARD und ZDF? Wenn die sich selbst so nennende Vierte Gewalt (die in unserer Verfassung gar nicht vorgesehen ist) sich zur Ersten Gewalt aufschwingt, droht dem System der repräsentativen parlamentarischen Demokratie Gefahr. Was wir brauchen, ist eine freie, kritische, unabhängige und mutige Presse. Aber hüten wir uns vor Journalisten, die Ermittler, Ankläger, Richter und Henker in einer Person sein wollen!  Hans-Jürgen Mahlitz


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