28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.03.12 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-12 vom 10. März 2012

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Christian und Beate / Wie uns Wulff Frau Klarsfeld zurückschenkte, was das »gute Deutschland« ausmacht, und warum uns um die Zukunft nicht bange ist

Was ist eigentlich „politisch“ an einem angeblichen Schwiegermutter-Kredit? Wegen der Ermittlungen zur Quelle seiner Urlaubsfinanzierung ist Christian Wulff bekanntlich zurückgetreten. Nur, weil sein Ex-Adlatus im Bellevue den schummrigen Hintergrund seiner Sylt-Sause für „politisch“ erklärt hat, bekommt Wulff den Ehrensold. Die Wissenschaft dis­kutiert gern und ausgiebig über den „Begriff des Politischen“. Sie wird lange benötigen, bis auch Schwiegermütter, Hotelrechnungen und nebulöse Barzahlungen da hineinpassen.

Für Wulff alles kein Problem. Er will nicht bloß den ganzen Sold von 199000 Euro jährlich, sondern fordert zudem alle Zusatzleistungen für Fahrer, Büro und Sekretärin im Wert von 280000 Euro pro Jahr.

Seinem Zapfenstreich wollte das politische Berlin soweit es geht fernbleiben. Bei Redaktionsschluss war noch nicht einmal klar, ob die Zeremonie überhaupt stattfinden kann. Wer wollte es den Soldaten verübeln, wenn sie lieber den Dienst an den Nagel hängen, statt bei so einer Sache gesehen zu werden? Statt der üblichen drei Lieder wollte der Scheidende obendrein noch vier Titel hören. „Das haben wir noch für niemanden gemacht“, war aus den Reihen der Bundeswehr zu hören. Klar, wir hatten ja auch noch niemanden wie Christian Wulff.

In die Geschichte wird er jedenfalls eingehen. Ob indes die Vokabel „Nachruhm“ in seinem Falle eine Chance hat? Immerhin hat uns Wulffs jäher Abgang mit der lange vergessenen Beate Klarsfeld wieder bekanntgemacht. Für die Frau ist es ein Geschenk des Himmels. Jahrelang vermoderte sie in der trostlosen Rubrik „Lebt die noch?“

Ein Bewunderer, der vor Beate Klarsfeld ungebrochen in tiefster Ehrfurcht erstarrt blieb, war ihr in den dürren Jahren geblieben: sie selbst. Nicht nur das spricht für sie. Als Bundespräsidentin würde Klarsfeld nach dem Durcheinander der vergangenen Monate für einen Rest an Kontinuität sorgen, denn in Sachen Eigenlob würde sie das Vermächtnis ihres Vorgängers Christian Wulff würdig fortführen.

Ehrlich ist sie auch. Denn keine Sekunde lässt uns die Kandidatin der Linkspartei im Unklaren, worum es ihr geht: Die Nominierung sei die „Anerkennung und Krönung der Arbeit, die ich seit Jahren leiste“. Krönung ihrer Arbeit? Da sie sich als „Nazi-Jägerin“ einen Namen gemacht hat, hätte das doch wohl die Auffindung irgendeiner 95-jährigen NS-Größe sein müssen. Oder ging es ihr die ganzen Jahrzehnte gar nicht so sehr um die braunen Herren, sondern darum, selbst ins Rampenlicht zu gelangen und sich den Bauch pinseln zu lassen? So ist das mit der „Krönung“ wohl zu verstehen. Zur Verblüffung ihrer ultralinken Schleppenträger bekannte Klarsfeld ja auch, dass sie in Frankreich den konservativen Präsidenten Sarkozy unterstütze. Warum? „Er hat mich schon zweimal ausgezeichnet.“

Um an Aufmerksamkeit und Auszeichnungen zu gelangen, hat die Kandidatin offenbar so ziemlich alles gemacht. Henryk M. Broder berichtet, wie sie ihn Anfang der 70er Jahre hinderte, für einen vom Polizeiknüppel getroffenen Demonstranten rasch Hilfe zu holen: Broder solle sich Zeit lassen, der Blutende mache sich gut im Fernsehen.

Ihr größter Coup war Klaus Barbie. Den „Schlächter von Lyon“ will sie selbst vor Gericht gebracht haben. Das stimmt nur fast. Anfang der 70er Jahre waren die deutschen Behörden schon auf Barbie in seinem bolivianischen Exil aufmerksam geworden. Das erzählte einer der Offiziellen dann der „Nazi-Jägerin“, die umgehend nach Bolivien eilte.

Dort fühlte sich Barbie bis dahin völlig sicher. Erst Beate Klarsfelds Tapsigkeit soll dafür gesorgt haben, dass er nun wusste, dass sie ihm auf den Fersen sind. Sie versuchte gar, ihn zu entführen, was erbärmlich gescheitert ist. Schließlich war es weder Klarsfeld, die Barbie fand, noch war sie es, die ihn nach Frankreich vor Gericht brachte. Beim Machtwechsel in Bolivien 1983 kam eine Regierung ans Ruder, welche um gut Wetter mit den europäische Ländern bemüht war und den Mann auslieferte.

Aber das macht alles nichts, der Ruhm gehört Klarsfeld allein. Dass sie eng mit der Stasi kooperiert habe, wirft man ihr dennoch vor. Aber wieso denn, fragt sie indigniert zurück: Woher hätte sie denn ahnen sollen, dass es in der DDR eine Stasi gab und sie nicht mit „normalen“ Historikern und Archivaren zu tun hatte?

Wie dem auch sei, sie repräsentiere jedenfalls das „gute Deutschland“. Was ein „gutes“ Land ausmacht, darüber rätseln wir bis heute. Vermutlich sind es jene Menschen, die für Orden und Auszeichnungen mit buchstäblich jedem packeln. Sogar gleichzeitig mit den Konservativen des einen Landes und den Linksradikalen des anderen – Hauptsache, die Geschenke stimmen. Schade, dass Klarsfeld nicht schon 2010 aufgestellt wurde. Sie und Wulff, das wären zwei Kandidaten gewesen, die wir beide auf ihre Art nur liebhaben können.

Christian Wulffs Wahl von 2010 bleibt immerhin ein schlagendes Argument dagegen, den Präsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen. Das Volk ist ja so „stimmungsabhängig“, und unsere Stimmung neigte schon damals eher zu Gauck. Was hätten wir alles verpasst, wenn der schon 2010 im Bellevue untergekommen wäre! Weder wären wir in den Genuss von Wulffs Raffereien gekommen noch hätten wir jemals Beate Klarsfelds „Ode an mich selbst“ lauschen dürfen. Unsere Welt wäre ärmer.

Daher sollte man auch weiterhin sehr vorsichtig umgehen mit der Volksmacht. Die EU hat da eine recht gute Linie gefunden. Normalerweise lässt man die Völker so lange abstimmen, bis das Ergebnis stimmt oder man lässt die Aufmüpfigen die Peitsche spüren, wie zuletzt den Griechen-Premier Papandreou, der gehen musste, nur Stunden nachdem er das Wort „Volksabstimmung“ in den Mund zu nehmen wagte.

Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn sich die Völker weise zeigen, also gehorsam, und genau das wünschen, was Brüssel ohnehin gern hätte. EU-Kommissarin Viviane Reding hat einer Umfrage entnommen, dass drei Viertel der EU-Bürger eine gesetzliche Frauenquote in der Wirtschaft befürworten. Da ist das Votum der „Bürgerinnen und Bürger“ auf einmal von höchstem Belang und muss unbedingt befolgt werden von den politischen Führungen in Europa, meint Viviane Reding.

Die EU-Kommissarin wird die Situation nutzen, um allen zu erklären, wie demokratisch die EU in Wirklichkeit ist, wo die Meinung der Menschen ernstgenommen und in der Politik umgesetzt wird. Ja, auch wir machen uns jetzt keine Sorgen mehr um die Zukunft der Demokratie in Europa. Denn diese Art von Demokratie, in der sich das Volk als „Avantgarde des Fortschritts“ fühlen darf, wenn es seiner Führung hinterherdackelt, die hat es immer gegeben. Um deren Fortbestand ist uns nicht bange.

Und als echte Weltbürger weigern wir uns, Verstöße gegen unsere ehernen demokratischen Regeln hinzunehmen. Unerträglich, diese Schiebereien in Russland. Lächerlich, wenn plötzlich die Überwachungskamera ausgeht und danach viele neue Stimmzettel in der Urne liegen. Und dann Iran, wo nur ein paar Auserwählte antreten durften. Eine Farce.

Es ist daher unausweichlich, dass die Gemeinschaft der freien Völker mit solchen Staaten Tacheles redet. Niemals können solche Strolche unsere Verbündeten sein. Wer unser Freund sein will, bei dem passieren solche schrägen Sachen nicht. Oder haben Sie schon mal davon gehört, dass die Wahlen von Fälschung, Einschüchterung der Opposition und dem Nichtzulassen aller wirklich oppositionellen Parteien überschattet waren bei einem treuen Verbündeten der freien Welt wie – Saudi-Arabien? Eben nicht, denn wo keine Wahlen abgehalten werden, da kann sie niemand fälschen, und wo keine Opposition erlaubt ist, da wird sie auch nicht eingeschüchtert.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren