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17.03.12 / Eigentlich wollte Adolf Galland Zivilmaschinen fliegen / Erst über Umwege und nach einigem Zögern fand Deutschlands bekanntester Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges zum Militär

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-12 vom 17. März 2012

Eigentlich wollte Adolf Galland Zivilmaschinen fliegen
Erst über Umwege und nach einigem Zögern fand Deutschlands bekanntester Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges zum Militär

Im Reifezeugnis, das ihm zu Ostern 1932 überreicht wurde, stand als Berufswunsch: „Will Flieger werden.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte der am 19. März 1912 geborene Adolf Galland bereits einige Jahre am Steuerknüppel eines Segelflugzeuges gesessen. So ist es kein Wunder, dass mit seinem Namen eine der bemerkenswertesten Karrieren der Luftkriegsgeschichte verbunden ist.

Dabei hatte der junge Mann zunächst keineswegs die Militärfliegerei im Sinn, die dem Deutschen Reich damals ohnehin untersagt war. Ihn zog es in die Weite des Himmels und in fremde Länder. So ging er nach dem Abitur an die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) in Braunschweig und Schleißheim, die im Frühjahr 1933 zu einer Tarnorganisation für die im Aufbau befindliche Luftwaffe umgewandelt wurde. Ohne sich dafür gemeldet zu haben, wurde Galland bald darauf auf einen geheimen Sonderlehrgang nach Italien geschickt, wo er gemeinsam mit beurlaubten Reichswehroffizieren das gefechtsmäßige Fliegen lernte. Nach Abschluss seiner Verkehrsfliegerausbildung fand er eine Anstellung bei der Lufthansa und flog auf den Routen nach Spanien. Sein Traum von einer gesicherten und noch dazu gut bezahlten Position in der Fliegerei war in Erfüllung gegangen.

Anfang 1934 wurde Galland ins Reichsluftfahrtministerium bestellt und gefragt, ob er nicht Soldat werden wolle. Erst nach einigem Zögern nahm er an und trat als Rekrut in das Infanterie-Regiment 10 in Dresden ein. Mit Beendigung der Kriegsschule wurde er im Ok­tober 1934 zum Leutnant ernannt und – entlassen. Denn die Luftwaffe, in die er übernommen werden sollte, existierte noch gar nicht. So kam er wieder zur DVS nach Schleißheim, wo eine verdeckte Jagdfliegerausbildung stattfand. Im März 1935 fiel die Tarnung und Galland trat in die neu gegründete Luftwaffe ein. Die neue Dienstkleidung war, wie er später schrieb, „sensationell“: Zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Militärs wurden zur Uniform Schlips und Kragen getragen.

Galland kam zum Jagdgeschwader 2 „Richthofen“ und meldete sich im Mai 1937 freiwillig zur „Legion Condor“ nach Spanien. Hier sammelte er als Staffelkapitän reiche Einsatzerfahrung, über die er nach seiner Rückkehr im August 1938 so ausführlich berichtete, dass seine Vorgesetzten auf ihn aufmerksam wurden. Während des Polen- und des West-Feldzuges und der Luftschlacht um England avancierte er schnell vom Staffelkapitän zum Gruppenkommandeur und schließlich, im November 1940, zum Kommodore des Jagdgeschwaders 26. Sein Stern als erfolgreicher Jagdflieger und herausragender Verbandsführer ging auf. Als einer der ersten Jagdflieger erhielt er das Ritterkreuz, bald darauf als dritter Soldat der Wehrmacht das Eichenlaub, als erster die Schwerter und als zweiter die Brillanten zu dieser Auszeichnung. Ende 1941 wurde Galland zum General der Jagdflieger (Inspekteur) ernannt und im folgenden Jahr im Alter von erst 30 Jahren zum jüngsten General der Wehrmacht befördert.

Trotz seiner jungen Jahre bemühte sich Galland, in einer vielen seiner Kameraden fast altmodisch anmutenden Weise, auch im totalen Vernichtungskrieg Formen von Ritterlichkeit zu bewahren. Dies trug ihm die Achtung seiner Gegner bis weit über den Krieg hinaus ein. Soweit es ihm in seiner Stellung möglich war, wahrte der wegen seiner betont gepflegten Erscheinung, seines markanten Oberlippenbartes und der stets zur Schau getragenen Zigarre leicht dandyhaft wirkende Generalmajor Distanz zur Führungselite des Regimes und ließ sich nie für dessen Ideologie einspannen. Als Waffengeneral setzte er sich unermüdlich für seine Männer, die ihn wegen seiner Tapferkeit, seines fliegerischen Könnens und seines vorbildlichen Führungsverhaltens verehrten, und die Jagdfliegerwaffe ein. Klar und analytisch erkannte er die Bedingungen für einen erfolgreichen Einsatz seiner Verbände und vertrat diese selbstbewusst und kompromisslos nach oben. Offen sagte er Göring und selbst Hitler seine Meinung. Zu einem ersten Eklat kam es im Oktober 1943, als Galland aus Protest seine Auszeichnungen ablegte, nachdem Göring die Jagdflieger wegen der zunehmenden alliierten Luftangriffe als „feige Krüppel“ beschimpft hatte. Weitere Auseinandersetzungen über die Luftkriegführung folgten, bis Galland Anfang 1945 wegen einer Meinungsverschiedenheit über den Einsatz des neuen Strahlflugzeugs Messerschmitt Me 262 endgültig in Ungnade fiel. Während Galland den Einsatz der „Wunderwaffe“ im Rahmen konzentrierter Angriffe gegen die gegnerischen Bomberverbände gefordert hatte, wünschte Hitler ihre Verwendung als Jagdbomber zur Unterstützung der Bodentruppen, wodurch ihre Vorteile – Schnelligkeit und Wendigkeit – preisgegeben wurden. Galland wurde abgelöst, unter Hausarrest gestellt und wartete auf ein Kriegsgerichtsverfahren.

Doch Hitler besann sich wieder und ernannte ihn im März 1945 zum Kommandeur des neu aufgestellten und mit der Me 262 ausgerüsteten Jagdverbandes 44. Galland wusste, dass sich das Blatt durch nichts mehr wenden ließ. Trotzdem flog er bis zum bitteren Ende. Nach dem Krieg sagte er, es wäre unehrenhaft gewesen, „die beste Waffe zu haben und nicht zu kämpfen“. Obwohl mittlerweile Generalleutnant, war Galland nun wieder auf der Ebene eines Staffelkapitäns eingesetzt. Mit einigen der erfolgreichsten Jagdflieger an seiner Seite, zeigte er, was in der neuen Maschine steckte. In den nur wenigen Wochen seiner Existenz wurde dieser Elite-Verband zu einem der erfolgreichsten der Luftwaffe. Nachdem er seinen 104. Abschuss erzielt hatte, geriet Galland bei Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft und verbrachte zwei Jahre hinter Stacheldraht.

An Fliegerei war in den ersten Nachkriegsjahren in Deutschland nicht zu denken. Deshalb nahm Galland das Angebot an, als Regierungsberater seine Kenntnisse und Erfahrungen beim Aufbau der argentinischen Luftstreitkräfte einzubringen. Als er 1955 im Alter von 43 Jahren nach Deutschland zurückkehrte, schuf er sich als selbstständiger Berater für die Luft- und Raumfahrtindustrie eine neue berufliche Existenz. Politisch unbelastet und als Soldat selbst bei den ehemaligen Kriegsgegnern hoch geachtet, war er bei Aufstellung der Bundesluftwaffe als deren erster Inspekteur im Gespräch. Nachdem sich diese Pläne jedoch zerschlagen hatten, baute er mit der ihm eigenen Energie und Zielstrebigkeit sein Unternehmen aus und wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann.

Der Fliegerei blieb er bis ins hohe Alter treu. Mit vielen seiner alten Jagdflieger, aber auch mit manchen seiner ehemaligen Luftkampfkontrahenten pflegte er Freundschaft. Zahllose Besucher aus aller Welt gaben sich in seinem Haus bei Remagen-Oberwinter die Klinke in die Hand. Hier starb Adolf Galland am 9. Februar 1994 im Alter von fast 84 Jahren. Seinen Kameraden und vielen seiner ehemaligen Gegner ist er als Soldat von großer Tapferkeit und ausgeprägtem Charakter unvergessen. Jan Heitmann


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