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17.03.12 / Bei Regitten ist das erste Loch gebohrt / Polen diskutiert über die Vor- und Nachteile der Erschließung seiner Schiefergasvorkommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-12 vom 17. März 2012

Bei Regitten ist das erste Loch gebohrt
Polen diskutiert über die Vor- und Nachteile der Erschließung seiner Schiefergasvorkommen

In der Nähe des Ortes Regitten bei Braunsberg ist das erste Loch gebohrt worden zur Gewinnung von Schiefergas durch das kanadische Unternehmen Talisman Energy.

Seitdem bekannt geworden ist, dass es die reichsten Schiefervorkommen Europas auf dem Gebiet der Republik Polen gibt, wird in dem Land heftig über ihre Gewinnung und Nutzung diskutiert. Da sind auf der einen Seite die ökologischen Risiken. Bei der bisher genutzten Technologie wird das Schiefergas ausgewaschen, wobei das Wasser verpestet wird und nur mit hohem Kostenaufwand wieder gereinigt werden kann.  Auf der anderen Seite reizt die Polen die Aussicht, von den Erdgaslieferungen aus Russland unabhängig zu werden. Nichtsdestotrotz hat Polen erst vor kurzem einen Vertrag mit Russland abgeschlossen, in dem sich das mitteleuropäische Land verpflichtet hat, unabhängig von den Erfolgen einer eigenen Schiefergasförderung die teuren Erdgas- und Erdöllieferungen in den nächsten Jahrzehnten weiterhin abzunehmen.

Die in Polen vermuteten Schiefergasvorkommen dehnen sich auf einem ziemlich breiten Streifen aus, dessen Nordrand an der Danziger Bucht liegt. Sie ziehen sich weiter ostwärts und umfassen die Randgebiete der Region, insbesondere die Landkreise Braunsberg und Elbing. In dem zwischen diesen Städten liegenden Dorf Groß Stoboy sollen die nächsten Bohrungen unternommen werden. Weitere sind in den Kreisen Eylau, Osterode, Neumark, Soldau, Heilsberg und Allenstein in Planung. Die unternommenen Arbeiten am Bohrloch bei Regitten dauerten 50 Tage lang. Das dank dieser Bohrungen bereits gewonnene Probegestein wird derzeit verschiedenen geologischen Analysen unterzogen. Nach den ersten Untersuchungsergebnissen soll der Entschluss über das Richtbohrverfahren an anderen Orten gefasst werden, um festzustellen, wie groß die Flächen sind, die dieses Vorkommen tatsächlich umfasst. Diese Ergebnisse werden die Entscheidung über die Konzession für Schiefergasförderer beeinflussen. Goße Energiekonzerne wie ExxonMobil und Chevron haben ihr Interesse daran bekundet. Die von der höchsten Arbeitslosigkeit geprägte Region der polnischen Republik verspricht sich durch eine mögliche Schiefergasgewinnung neue Arbeitsplätze und günstigere Lebensumstände.

Manche MöchtegernScheichs sehen sich bereits jetzt aus dieser unerwarteten Entdeckung Profite davontragen. Diese Goldgräberstimmung erinnert an die damaligen nie erfüllten Versprechungen der US-Regierung aus der Zeit des Irakkriegs. Damals war Polen als Gegenleistung für dessen Teilnahme an den Kriegshandlungen ein direkter Zugang zu einem der dort eroberten Erdöltürme zugesichert worden.

Doch selbst wenn sich die Gewinnerwartungen der Konjunkturritter erfüllen sollten, bliebe immer noch das Problem, wie sich eine Weiterführung der Sucharbeiten und eine mögliche Umwandlung der gelegentlich als „grüne Lunge“ des ganzen Landes bezeichneten Gebiete in einen gasverarbeitenden Industrieort mit den vielen Naturschutzgebieten insbesondere um den Drausensee vereinbaren ließen. Die Genehmigungen sollen deshalb erst nach einer ausführlichen Prüfung der möglicherweise schädlichen Folgen der Verarbeitungsanlagen für die Umwelt erfolgen. Darüber gehen schon jetzt die Meinungen auseinander, es gibt viele Skeptiker. Ähnlich wie es bezüglich der an der Grenze zum Königsberger Gebiet massenweise installierten Windkraftanlagen schon jetzt der Fall ist. Wenn die auf diese Art und Weise gewonnene erneuerbare Energie als rein gilt, so verunstalten die Anlagen jedoch die Landschaft und stören häufig die Ruhe der Anwohner, die ohnehin nicht viel Nutzen von den Windparks haben.

Die Freude über eine zukünftige Entwicklung der ganzen Region zum Rohstofflieferanten für die übrigen Teile der Republik hält sich in weiten Kreisen der örtlich ansässigen Bevölkerung in Grenzen. Viele würden sich dort eher eine ausgewogene Industrialisierung nach dem Schwarzwald-Modell wünschen. Dort wurden ja zahlreiche mittelständische Unternehmen umweltfreundlich selbst in Erholungsorten von Weltrang gegründet. Eine ähnlich konzipierte Implementierung verschiedener Industriezweige dürfte letztendlich auch im Nordosten der Republik Polen zu einer langsamen, aber sicheren und zukunftsorientierten Belebung der regionalen Wirtschaft beitragen. Grzegorz Supady


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