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17.03.12 / Sie fischten vor Grönland und in der Barentsee / Dokumentation von Dieter Kokot aus der Wingst über Ostpreußen in der Hochseefischerei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-12 vom 17. März 2012

Sie fischten vor Grönland und in der Barentsee
Dokumentation von Dieter Kokot aus der Wingst über Ostpreußen in der Hochseefischerei

On dat Haff erweckt in mie de groot Begehr enne Welt to fleege öwer Land on Meer“, heißt es in unserem Hafflied, das in den 20er Jahren der Präzentor Franz Leiber aus Inse geschrieben hat; vielmehr in eine ostpreußische Version gebracht, denn die Ursprungsfassung dieses plattdeutschen Liedes verfasste die auf der Zingst geborene Martha Müller-Grählert, und sie lässt die Ostseewellen an den „Strand trecken“ und nicht „det Haffes Welle“. Aber bleiben wir bei der „Begehr“, hier in Form des Fernwehs, das wohl auch die jungen Fischer vom Kurischen Haff erfasste, so dass sie beschlossen, „enne Welt to fleeje“, obgleich es wohl in der Hauptsache wirtschaftliche Gründe waren, die sie veranlassten, sich an anderen Küsten eine Existenz zu gründen. Viele von ihnen gingen schon vor dem Ersten Weltkrieg nach Cuxhaven, Wesermünde, Bremerhaven, den Häfen der aufstrebenden deutschen Hochseefischerei. Hier erwiesen sich die harte Arbeit gewohnten Männer von der Haffküste als tüchtige Hochseefischer, viele von ihnen stiegen zum Steuermann und Kapitän auf. Sie fischten in den Gewässern von Island und Grönland und in der Barentsee und erwiesen sich als Spezialisten für den Heringsfang in der Nordsee. Die Namen der Hafffischer hatten in der deutschen Hochseeflotte einen guten Klang wie die der Gebrüder Jakubeit, der Schiffsführer Pallentin, Kuhr, Strupeit, Karp und Adebar, die mit ihren außerordentlichen Fangergebnissen Aufsehen bei den Anlandungen erregten. Auch Namen von der Frischen Nehrung standen auf den Kapitänslisten wie Welm, Modersitzki, Hildebrandt und Popall.

Die Lebensläufe dieser Männer hat der Fischereihistoriker Dieter Kokot aus der Wingst zusammengestellt und sie in großen Ausstellungen in Cuxhaven dokumentiert. Dass die vom Kurischen Haff stammenden Fischer zusammen mit den Ostfriesen den Hauptanteil der Cuxhavener Fischereikapitäne stellten, hatte den ehemaligen Schiffsingenieur deshalb besonders interessiert, weil er selber ein gebürtiger Ostpreuße ist. Sein Heimatdorf ist Jägerfelde bei Norkitten im Kreis Insterburg, und obgleich es nicht am Haff lag, zog es auch ihn in die Welt hinaus, vor allem nach Afrika. Schon seit Jahrzehnten beschäftigte er sich mit den Schiffen und Besatzungen der deutschen Hochseefischerei, vor allem mit den Lebensläufen der Kapitäne dieser Schiffe, so dass er heute 50 Biografien vorweisen kann, bildlich dokumentiert mit über 15000 Fotos.

Einer dieser exakt recherchierten Lebensläufe ist der des Fischdampferkapitäns Willi Bigga. Geboren 1904 in Wittken, Kreis Heydekrug, begann er nach dem Ersten Weltkrieg als Schiffsjunge auf einem Vegesacker Heringslogger. Als Matrose des in Cuxhaven beheimateten Fischdampfers „Alte Liebe“ machte er seine ersten großen Reisen, fuhr weiter auf Cuxhavener Dampfern, wechselte zwischendurch auf ein Altonaer Schiff, kehrte aber immer wieder nach Cuxhaven zurück und brachte es nach bestandener Prüfung zum Ersten Steuermann. Im Mai 1936 bestand Bigga die Prüfung zum Kapitän in großer Hochseefischerei und wurde Erster Steuermann auf dem Fischdampfer „Nordland“, dann auf der „Memel“, bis er 1937 mit der Führung des Fischdampfers „Thorn“ beauftragt wurde. Auf diesem Dampfer fischte er bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der seine Laufbahn viel zu früh beendete. Willi Bigga fiel als Steuermannsmaat der Kriegsmarine im September 1944 auf einem Vorpostenboot in der Nordsee. Zwei Söhne gingen wie ihr Vater zur See.

Angeregt durch unsere Berichte über die „Fischer von Alt Passarge“ übersandte uns Herr Kokot nun diese Angaben über die deutsche Hochseefischerei mit der Hoffnung, dass unsere Ostpreußische Familie ihm helfen könne. Denn es gibt noch eine weiße Stelle. Aus aktuellem Anlass sucht er nach Fotos und Angaben über den Kapitän Albert Spohn, *19. November 1889 in Neu Passarge. Kapitän Spohn, der drei Kinder hatte, ist seit 1928 in der Cuxhavener Flotte nachweisbar. 1939 stellte Spohn den großen Neubau „Otto Flohr“ in Dienst. Zuletzt war er auf dem Fischdampfer „Neu­fund­land“, von dem er 1942 krank­heitshalber abmusterte. Spohn wohnte nur kurze Zeit in Cuxhaven und verzog bald nach Waldtstedt oder Waldtstadt bei Heide in Holstein, dann verliert sich seine Spur. Wer kann für die Dokumentation wichtige Angaben über sein weiteres Schicksal machen, wer weiß, wann, wo und wie er starb? Leben noch Nachkommen, mit deren Angaben Herr Kokot die Biografie von Herr Spohn vervollständigen könnte? Er wäre dankbar, wenn er über die Ostpreußische Familie fündig würde. (Dieter Kokot, Am Fuchsberg 26 in 217878 Wingst, Telefon 04778/7459.)           R.G.


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