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24.03.12 / Gas: Das neue Öl? / Erschließung neuer Vorkommen könnte Energiekrise verschieben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-12 vom 24. März 2012

Gas: Das neue Öl?
Erschließung neuer Vorkommen könnte Energiekrise verschieben

Noch US-Präsident W. Bush erließ im Jahr 2005 den „Clean Energy Act“, der die Öl- und Gasförderung in größerer Tiefe von Auflagen des Wasserschutzgesetzes befreite. Damit wurde der Weg frei, um in Schiefergestein Chemikalien einzusetzen, die durch hydraulische Aufspaltung („hydraulic fracking“) das Schiefergas erst rentabel förderbar machten. Zusammen mit horizontalen Bohrverfahren wurde die hydraulische Aufspaltung in Schiefergestein in größerem Umfang erstmals im Gebiet des Barnett Shale in Texas im Jahr 2005 angewendet. Dort werden mittlerweile aus 6000 Bohrlöchern täglich 60000 Kubikmeter Erdgas gefördert. Noch größere Vorkommen als im Barnet Shale werden im Marcellus-Shale-Gebiet vermutet, das sich vom Staat New York in südwestlicher Richtung über Pennsylvania und Ohio bis nach Virginia erstreckt. Schätzungen der Pennsylvania State University gehen davon aus, dass es sich beim Marcellus-Shale um das zweitgrößte Erdgasvorkommen der Welt handeln könnte. Vermutet werden vier Billionen Kubikmeter Erdgas, von denen zehn Prozent als förderbar gelten.

Als Zeichen dafür, dass die etablierten Öl-Konzerne die Förderung aus unkonventionellen Lagerstätten als Geschäftsmodell anerkennen, gilt die im Jahr 2009 erfolgte Übernahme des auf unkonventionelle Gasquellen spezialisierten texanischen Unternehmens XTO durch Exxon-Mobil für 31 Milliarden Dollar. Schätzungen des US-Energieministeriums gehen inzwischen davon aus, dass die förderbaren Gasressourcen der USA ausreichen werden, um das Land für die nächsten 100 Jahre zu versorgen.

Im Blick von Öl- und Gas-Multis wie Exxon-Mobil sind auch die Schiefergasvorkommen in Europa. Größere Vorkommen werden vor allem in Polen vermutet. Selbst in der Bundesrepublik werden nennenswerte Vorkommen erwartet. Weltweit geht die Internationale Energieagentur (IAE) etwa von 32 Billiarden Kubikfuß an förderbarem Schiefergas aus. Dies würde der fünffachen Menge der konventionellen Gasreserven entsprechen. China besitzt mit etwa 1275 Billionen Kubikfuß die größten Reserven der Welt noch vor den USA, deren Vorkommen auf 862 Billionen Kubikfuß geschätzt werden.

Welche Auswirkung die weltweite Erschließung der Schiefergas-Vorkommen auf die Energieversorgung der kommenden Jahrzehnte haben wird, ist noch nicht absehbar. Offen ist, wie lange der neue Erdgas-Boom aus den unkonventionellen Lagerstätten eine drohende Energiekrise hinauszögern kann, die durch das Erschöpfen der Vorräte an Erdöl – dem globalen Hauptenergieträger – droht.

Mit der Abnahme der Erdölvorräte samt drastischer Folgen für die Weltwirtschaft hat sich bereits in den 50er und 60er Jahren der US-Geologe M. King Hubbert beschäftigt. Nachdem Hubberts Theorie vom Fördermaximum lange Zeit innerhalb der Energiebranche eine unmittelbare Bedeutung abgesprochen wurde, geht die IAE inzwischen davon aus, dass bei den konventionellen Erdölvorkommen, die noch relativ preiswert zu fördern sind, bereits 2006 das globale Fördermaximum mit 70 Millionen Barrel täglich erreicht wurde. N.H.


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