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24.03.12 / Milliardengrab Afghanistan / Kosten für deutschen Einsatz weit höher als von Berlin angegeben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-12 vom 24. März 2012

Milliardengrab Afghanistan
Kosten für deutschen Einsatz weit höher als von Berlin angegeben

Etwas im Schatten des jüngsten Besuchs von Kanzlerin Angela Merkel beim Bundeswehr-Kontingent in Afghanistan hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) ebenfalls dem Land einen Besuch abgestattet. Für die afghanische Seite dürfte vor allem ein Termin des Niebel-Besuchs wichtig gewesen sein: die Unterzeichnung des Protokolls der diesjährigen deutsch-afghanischen Regierungsverhandlungen.

So amtlich die Bezeichnung auch klingt, für Afghanistan bedeutet die Vereinbarung, dass von deutscher Seite 2011 erneut 240 Millionen Euro für verschiedenste Projekte überwiesen werden. Freuen dürfte den afghanischen Finanzminister Omar Zakhilwal auch die gegebene Zusage, dass die finanzielle Unterstützung Deutschland auch nach dem geplanten Abzug der Bundeswehr im Jahr 2014 weitergehen soll.

Dass neben dem schwer zu verbergenden Scheitern des Afghanistan-Einsatzes auch noch die immensen Kosten des Misserfolgs in den Blick der Öffentlichkeit geraten, dürfte kaum erwünscht sein. Bereits im Jahr 2010 hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine systematische Untersuchung der mit dem deutschen Einsatz verbunden Gesamtkosten veröffentlicht. Im Gegensatz zur Bundesregierung, welche auf laufende Einsatzkosten Deutschlands in Afghanistan von gut einer Milliarde Euro kam, hatten die DIW-Ökonomen laufende Kosten von rund drei Milliarden Euro jährlich berechnet. Berück-sichtigt hatte das DIW im Unterschied zur Bundesregierung nicht nur Ausgaben des Verteidigungsministeriums, sondern auch gesellschaftliche Kosten durch tote und verletzte Soldaten sowie die Opportunitätskosten durch unterbliebene Investitionen in anderen Bereichen und die Ausgaben anderer Ressorts wie beispielsweise des Entwicklungsministeriums. Nach diesem Ansatz wären schon bei einem 2010 erfolgten Bundeswehrabzug Gesamtkosten von etwa 25 Milliarden Euro entstanden. Die Berechnung eines schrittweisen Rückzugs ab 2013 – einem nach der aktuellen Lage wahrscheinlichen Szenarium – ergab Gesamtkosten von 36 Milliarden Euro.

In der Realität könnte selbst diese Kalkulation noch übertroffen werden. Angesichts kostspieliger Rückzugswege über Usbekistan, Pakistan oder den Luftweg gibt es bei den britischen und amerikanischen Truppen bereits Überlegungen, Einsatzmaterial wie Wohncontainer, Generatoren und selbst Fahrzeuge, deklariert als „Entwick-lungshilfe“, in Afghanistan einfach zurückzulassen.

Wie wenig erfolgreich die Aufwendungen westlicher Staaten für Afghanistan bisher waren, macht ein Bericht des Government Accountability Office – dem US- Gegenstück des deutschen Bundesrechnungshofes – aus dem Jahr 2011 deutlich. Demnach werden 91 Prozent aller staatlichen Ausgaben in Afghanistan durch das Ausland finanziert. Der massive Einsatz westlicher Truppen samt Entwicklungshilfe hat demnach weder die Sicherheitslage in Afghanistan nachhaltig verbessert noch dazu geführt, dass staatliche Strukturen entstanden sind, die aus eigener Kraft tragfähig sind. Norman Hanert


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