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24.03.12 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-12 vom 24. März 2012

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

immer wieder wecken Namen und Begebenheiten aus der Heimat, die wir auf unserer Familienseite bringen, Erinnerungen – das Paradies, aus dem wir nie vertrieben werden können, wie der Dichter Jean Paul sagt. So erging es auch wieder einmal Frau Roswitha Kulikowski, als sie den Bericht über die Evangelische Kirche in Alt Ukta las und das aktuelle Farbfoto sah. „Ich kann nicht mit Bildern oder anderen Dokumenten dienen, aber ich habe doch sehr gravierende Erinnerungen an diese schöne Kirche. Ich komme aus Königsberg. Auf einem Bauernhof verlebten wir viele Jahre unsere Sommerferien. Es war der Hof von Liesbeth Wriedt in Keilern (Kamin) am Beldahnsee, Bahnstation war Alt Ukta. Eigentlich war es die Tante unseres Hausmädchens, doch wir sagten auch „Tante Liesbeth“ und gehörten dort auch schon zur Familie. Tante Liesbeth vermietete Zimmer an Feriengäste – Pensionspreis: drei Mark, Kinder die Hälfte! In einem Jahr waren wir auch während der Herbstferien auf dem Bauernhof und erlebten dort das Erntedankfest. Tante Liesbeth machte sich für den Kirchenbesuch fertig und fragte mich, ob ich mit in die Kirche wollte. Kirchenbesuche war ich von zu Hause nicht gewohnt, aber ich ging gerne mit. Allein die Kutschfahrt durch den Wald nach Alt Ukta war ja schon ein Erlebnis. Aber dann kam ich in diese Kirche, die auf einem Berg – na ja, sagen wir lieber Hügel – lag. Der Altar war mit Erntegaben – Obst, Kartoffeln, Getreidegarben – geschmückt. Ich war davon so überwältigt, dass ich das Bild des geschmückten Altars noch heute vor Augen sehe. Ich habe im Laufe meines Lebens viele Erntedank-Gottesdienste besucht, aber keiner hat mich so bewegt wie der geschmückte Altar in der Kirche „Zum Heiligen Kreuz in Alt Ukta“.

Soweit Frau Kulikowski zu diesem Gotteshaus, von dessen Innenraum Herr Rolf W. Krause alte Aufnahmen sucht. Wir hatten seinen Wunsch veröffentlicht, und er hat einige interessante Zuschriften bekommen. So die Information, dass sich der Taufstein der früher evangelischen Kirche heute in Johannisburg befindet. Zwar nicht in der nun katholischen Kirche, aber im Gemeindehaus der kleinen evangelischen Gemeinde. Die Kirche „Zum Heiligen Kreuz“ in Alt Ukta hat nun auch eine neue Glocke bekommen, sie hängt in dem zierlichen Glockenstuhltürmchen auf dem Giebel – also nicht in dem neben der Kirche stehenden hölzernen Glockenturm, der auch ein besonderes Merkmal von Alt Ukta ist. Von diesem überließ uns Herr Krause, der sich über jede weitere alte Aufnahme freuen würde, das Farbfoto für unsere heutige Ausgabe. (Rolf W. Krause, Alte Poststraße 12 in 42555 Velbert, Telefon 02052/1309.)

Viele Erinnerungen haben die Beiträge auf unserer Familienseite über „den letzten Zug“ bei unseren Leserinnen und Lesern ge­weckt. Wir wollen und können uns in dieser Folge nur auf einen Beitrag beschränken, die weiteren werden noch einige Seiten füllen. So lassen wir heute unseren Landsmann Klaus D. Briem aus Bad Lippspringe sprechen, der noch am 23. Januar 1945 seine Heimat verließ – mit dem letzten Zug aus Wormditt. „Vielleicht gibt es den einen oder anderen Leser, den das interessiert“, schreibt Herr Briem, und ich glaube es sicher, weil wir bisher vor allem die letzten Züge aus Mohrungen und Königsberg behandelt haben. Herr Briem erinnert sich: „Es war Montag, der 23. Januar 1945. Mein Vater, der Pr. Revierförster Gerhard Briem, war schon am frühen Morgen in die Stadt gefahren, um Einkäufe zu erledigen und auf dem Forstamt vorbeizuschauen. Aber er kam unerwartet schnell zurück, und es hieß: ,Sofort packen, ihr müsst weg! Der Russe steht schon vor Guttstadt!‘ Im Wormditter Bahnhof stand an diesem Morgen ein Arbeiterzug der Reichsbahn. Die Arbeiter waren alle Ukrainer. Gegen das Versprechen, ihnen einen Volksempfänger und eine Seite Speck zu geben, erklärten sie sich bereit, uns mitzunehmen. In jeder Hälfte der Waggons waren zwei Leute untergebracht. Es gab zwei Pritschenbetten, einen Tisch, zwei Stühle und einen Bullerofen. Das Notwendigste war in aller Eile zusammengepackt worden, und kurz nach Mittag saßen wir schon im Zug. Meine Mutter, wir vier Kinder und unser Pflichtjahrmädchen Lisa Werner. Am Nachmittag setzte sich der Zug in Bewegung, ziemlich langsam, wie es uns schien. Wir passierten Schlobitten noch bei Helligkeit. Als es Nacht wurde, blieb der Zug auf offener Strecke stehen. Dann ging es wieder langsam rückwärts. Die Nacht verging, und am Morgen kamen wir nach Elbing. Die Erklärung für den nächtlichen Halt war, dass die Russen am Tag zuvor bis Elbing vorgestoßen waren. Die Frontlinie verlief südlich der Stadt. Wir verließen Elbing, am Nachmittag konnten wir einen letzten Blick auf die Marienburg werfen. Und wieder keine Weiterfahrt. Wie meine Mutter am Morgen erzählte, hätten wir die ganze Nacht bei Dirschau auf der Weichselbrücke gestanden. Am nächsten Tag kamen wir nach Danzig. Es gab nur einen kurzen Halt, auch später immer wieder kleine Stopps. Der Zug und die Plattformen waren mittlerweile voll besetzt. Es ging weiter nach Stolp …“

Soweit über diesen letzten Zug aus Wormditt, der noch durchkam. Herr Briem schildert die weitere Fahrt über Stettin und Berlin – mit Bombenangriffen auf die Städte – bis nach Leipzig, wo die Familie den Zug verließ. Seine Mutter wollte nicht mit einem Zug fahren, auf dem zwei Vierlingsflacks standen, um Tieffliegerangriffe abzuwehren. So kamen sie auch nicht nach Dresden, und das war ihr Glück. Denn das Haus der befreundeten Familie, die sie aufnehmen wollte, erhielt bei dem Luftangriff auf Dresden am 13. Februar einen Volltreffer. Die Freunde mussten aus den Trümmern geborgen werden – Gott sei dank lebend. Die Flucht endete für die Familie Briem kurz vor Weihnachten im Westen, wo der aus amerikanischer Gefangenschaft entlassene Vater eine Stelle als Revierförster gefunden hatte. „Manchmal frage ich mich, wo die Wormditter alle geblieben sind und was aus ihnen geworden ist“, beendet Herr Briem seinen ausführlichen Bericht. Wir reichen diese Frage gerne weiter. (Klaus D. Briem, Arminiusstraße 32 in 33175 Bad Lippspringe.)

„Die Geister, die ich rief …“, so beginnt die neueste E-Mail von Frau Ute Eichler, aber sie will sie gar nicht loswerden wie Goethes Zauberlehrling, im Gegenteil, sie ist hocherfreut, dass sie so viele Zuschriften auf ihre Frage nach der Familie Dembowski und den Carlshöfer Anstalten bekommen hat. Sehr konkrete Angaben, also keine Geister, und sie werden Frau Eichler helfen, den Verfasser des am 1. September 1972 geschriebenen Briefes zu finden, den Frau Eichler in einem antiquarischen Buch der Hamburger Wiechern-Bücherstube fand. Es müsste sich um einen Nachfahren des Heinrich Dembowski aus der Enkel-Generation handeln, der in dem Brief als Gründer des Astes Waisenhaus Königberg erwähnt wird und dessen Grabstein der Schreiber und seine vermutliche Ehefrau Anne-Marie auf einer Heimatreise entdeckten. Kaum war die Folge 8 der PAZ mit der Suchfrage von Frau Eichler erschienen, meldete sich bereits ein Leser aus Hamburg, der als aktives Mitglied des „Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen“ darauf hinwies, dass der Stammbaum der Familie Dembowski in Band 24 der „Altpreußischen Geschlechterkunde-Familienarchiv“ zu finden sei. So hatte Frau Eichler einen Ansatz und konnte sich über Heinrich Dembowski (1812–1901) und seine 14 Kinder informieren. Dann teilte ihr Frau Edith Kaes von der Kreisgemeinschaft Rastenburg mit, dass in deren Archiv Material über die Calshöfer Anstalten vorhanden sei. Außerdem waren ihr die Memoiren eines Heinz Dembowski und die Biografie eines Hermann Dembowski bekannt. Und dann meldeten sich Mitglieder dieser weit verzweigten Sippe, deren letztes Familientreffen mit aktueller Stammbaumerstellung vor zwei Jahren stattfand, selber zu Wort. Jürgen Dembowski und seine Schwester Barbara Gros konnten als Urenkel des „Stammvaters“ präzise Angaben machen und die Vermutung von Frau Eichler, dass der Briefschreiber auch einen anderen Namen tragen könnte, bestätigen: Es müsste sich um Herrn H. W. Rathke, den Ehemann der Enkeltochter des Heinrich Dembowski, der im Brief erwähnten Anne-Marie, handeln. Ob und wo diese jetzt lebten, vermochten die Geschwister nicht zu sagen, aber sie konnten Adressen von deren Kindern angeben. „So ist also der erste Teil meiner Frage geklärt“, schreibt Frau Eichler und ist nun dabei, den Briefschreiber oder seine Nachkommen zu finden, was wohl auch gelingen wird.

Und wie immer hat es wieder einen Nebeneffekt gegeben. Eine Leserin schrieb Frau Eichler, dass sie glücklich sei, endlich einmal auf unserer Familienseite einen Namen gefunden zu haben, der in ihr Erinnerungen erweckte. Ihre Eltern waren mit einem Ehepaar Dembowski befreundet gewesen, und sie selber konnte sich noch gut an die Kinder Siegfried und Rosemarie des Forstmeisters aus dem Insterburgschen erinnern. „Ja, so hat man eine Frage, einen Wunsch, und kommt daraufhin mit vielen Menschen ins Gespräch. Das ist das Wunderbare an der Ostpreußischen Familie!“ So das Fazit von Ute Eichler. Und wir freuen uns mit.

Und gefreut haben wir uns auch über die Spenden für den Motor des nachgebauten Kurenkahnes „Kursis“, mit dem der Niddener Aurelijus Armonavicius auch in diesem Sommer Fahrten mit Feriengästen über das Kurische Haff veranstalten will. Da die Saison kurz ist und möglichst bei jedem Wetter gefahren werden soll, benötigt er einen neuen Außenbordmotor, da sein alter gestohlen wurde. Also starteten wir eine Hilfsaktion, über die wir in der PAZ Folge 1 und 6 berichteten. Ein nagelneuer Yahama-Außenbordmotor zu günstigen Konditionen war bald gefunden, es fehlte nur das Geld. Also riefen wir auf Anregung aus unserem Leserkreis zu einer Spendenaktion auf, die auch einen schönen Erfolg verzeichnen konnte – aber es fehlt noch eine Restsumme, damit der Motor möglichst bald nach Nidden gebracht werden kann, denn die ersten Gäste, vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland, kommen bereits im Mai. Deshalb wiederholen wir noch einmal unsere Bitte um weitere Spenden für den Kurenkahn „Kursis“, auch wenn es kleine Beträge sind. Überweisungen an die Landsmannschaft Ostpreußen, Vermerk Kurenkahn, HSH Nordbank, BLZ 21050000, Konto: 180901000. Eine Spendenbescheinigung kann ausgestellt werden.

Um ein Erinnerungsfoto geht es Frau Roswitha Wohne in Garbsen. Es erschien vor Jahr und Tag im Ostpreußenblatt unter der Nummer 1155. Frau Wohne fand es jetzt beim Stöbern wieder und fragt nun nach der damaligen Einsenderin des Fotos, Frau Annemarie Knopf. Es müsste sich um ein Klassenbild von der Neustädtischen Schule in Tilsit handeln, dort wurde Frau Wohne im Frühjahr 1942 eingeschult. Falls Frau Knopf diese Zeilen liest, möchte ich sie bitten, sich bei uns oder der Suchenden zu melden. (Roswitha Wohne geborene Hein, Krebsgasse 13C in 30823 Garbsen.)

Eure Ruth Geede


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