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31.03.12 / Papier hält länger als Festplatten / Das 20. Jahrhundert war das am besten dokumentierte – Ahnenforschung per Internet-Datenbank

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-12 vom 31. März 2012

Papier hält länger als Festplatten
Das 20. Jahrhundert war das am besten dokumentierte – Ahnenforschung per Internet-Datenbank

Im digitalen Zeitalter speichert die Welt ihr Gedächtnis auf Festplatten. Texte, Fotos, Aufzeichnungen aller Art – alles platzsparend im Computer verwahrt, doch existent nur noch als Abfolge von Nullen und Einsen. Festplatten sind nicht ewig haltbar und gehen durch häufige Benutzung mit der Zeit kaputt. Physisch vorhandene Fotos, Briefe, Tagebücher, Notizen, überhaupt auf Papier Gedrucktes bleibt und hält über Generationen.

Bei Facebook war es zu lesen. Die 25-jährige Maria aus Kiel wünscht sich Fotos aus gemeinsamen Kindertagen von ihren Freunden zum Geburtstag. Doch das brachte einige geladene Gäste in Bedrängnis. Eine ihrer Freundinnen hatte alle Fotos auf ihrer  Computer-Festplatte gespeichert, doch als diese 2009 irreparabel kaputt ging, waren auch die Fotodateien nicht mehr zu retten. Da aber ihre Eltern ganz altmodisch alle Fotos noch auf Papier ausdrucken und in Fotoalben kleben würden, würde ein Besuch dort Abhilfe schaffen, so die 24-Jährige, die mit dieser Aussage allerdings bei ihrem Freund keine Begeisterung auslöste.

Doch zu seiner Überraschung wird der Besuch bei den Schwiegereltern in spe zu einem Erlebnis. Es sind nicht so sehr die Fotos aus der Kindheit seiner Freundin, sondern die alte Kiste mit den Schwarzweißaufnahmen, die den Bundeswehrsoldaten begeistern. Sogar eine Aufnahme vom Urgroßvater Johann seiner Freundin ist dort, die diesen als jungen verwundeten Soldaten im Ersten Weltkrieg 1916 in einem Lazarett zeigt. Alte Briefe und Urkunden finden sich in der Metallkiste und zeugen vom Leben der Vorfahren.

Doch was wird einmal von ihm  selber bleiben? Briefe schreibt er nicht, nicht einmal mehr Urlaubs­postkarten. Seine gesamte Kommunikation läuft per Telefon und digital über SMS, E-Mail und seit einiger Zeit auch Facebook. Ausgedruckte Fotos besitzt er gar nicht. Nicht mal Sicherungskopien der auf der Computer-Festplatte gespeicherten Fotos gibt es.

Auch der „Spiegel“ sieht in diesen Umgang mit privaten Fotos und Ähnlichem ein Problem. In einem Bericht über das insolvente Unternehmen Kodak, das seit Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Verkauf klassischer Fotokameras und der dazugehörigen Rollfilme sein Geld verdiente, merkte das Magazin an, dass das 20. Jahrhundert wohl das am besten dokumentierte bleiben würde, da heute immer seltener Fotos ausgedruckt und Alben auch für die Nachwelt angelegt würden. Die Leiterin der Zentralen Dokumentation des Deutschen Historischen Museums in Berlin, Brigitte Reineke, sieht das  hingegen nicht so. „Wurden früher die Briefe der Großmutter nach deren Tod weggeschmissen“, so Reineke auf PAZ-Anfrage, „sichert man heute eher seine digitalen Fotos auf externe Festplatten und hält sie möglicherweise so länger vorrätig als das papierne Gedächtnis früherer Zeiten. Der moderne User speichert seine Daten auch immer mehr in virtuelle Clouds mit unbegrenztem Speicherplatz als zu Hause auf CDs im Schrank.“ Als Deutsches Historisches Museum mit einem Sammelschwerpunkt in der Alltagskultur müsste man sich aber auf die digitalen Medien als Sammlungsobjekte einrichten – darin liege die Herausforderung: „Sammlungserweiterung und -pflege erweitern sich hin zu den digitalen Objekten zusätzlich zu den traditionellen Materialien“, betont die Dokumentarin.

In einem Fall stellt sich die Digitalisierung aber schon jetzt unbezweifelbar als Segen dar: in der Ahnenforschung. Die Internetplattform www.ancestry.com wirbt damit, dass sie die weltweit größte ihrer Art zur Familienforschung sei. Mehr als acht Milliarden historische Dokumente, über 50 Millionen deutsche Namen in historischen Dokumenten, 85 Millionen hochgeladene Fotos und Geschichten und die weltweit größte Sammlung von Familienstammbäumen mit mehr als drei Milliarden Profilen in über 30 Millionen Mitgliederstammbäumen, so preist das seit 2009 an der US-Technologiebörse notierte Unternehmen seine Kapazitäten an. 400 Millionen Dollar Umsatz machte Ancestry 2011 mit der Suche nach Ahnen.

2006 ging das im englischen Sprachraum bisher schwerpunktmäßig agierende Unternehmen zwar auch in Deutschland online, doch erst jetzt werden immer mehr deutsche Dokumente ins Netz gestellt. Im November 2011 wurden erstmals rund acht Millionen Datensätze aus Verlustlisten der deutschen Armeen und der Deutschen Kaiserlichen Marine im Internet zu Recherchezwecken zur Verfügung gestellt. Und seit Ende letzten Jahres arbeitet Ancestry auch mit dem Landesarchiv Berlin zusammen. Das Brandenburgische Landeshauptarchiv in Potsdam stellte bereits Kirchenbuchzweitschriften evangelischer und katholischer Gemeinden, die den Zeit­raum von 1700 bis 1874 umfassen, für die Ahnensuche in den historischen deutschen Ostgebieten zur Verfügung. „Besonders Nachfahren aus Pommern, Posen und Schlesien – Gebieten, die für Vertreibung und Flucht der Deutschen stehen – werden hier wertvolle Entdeckungen machen“, so Ancestry, das den Zugang zu seinen Daten in Deutschland für 29,95 Euro für sechs Monate anbietet.

Wer Vorfahren hat, die in die USA ausgewandert sind, hat allerdings die beste Ausgangslage, um Informationen für seinen bei Ancestry zu erstellenden Familienstammbaum zu bekommen. Namenslisten von US-Volkszählungen der Jahre 1900 bis 1930, Geburts-, Hochzeits- und Sterbelisten, Musterungslisten, Passagierlisten von aus Europa kommenden Einwandererschiffen, Todesanzeigen aus Zeitungen, Zeitungsartikel, Schuljahrbücher, Dorfchroniken und vieles mehr geben über US-Bürger Auskunft. Doch etwas Vorwissen über die eigenen Verwandten sollte man schon mitbringen, sonst verliert man in der Fülle der Daten leicht den Überblick. So führte beispielsweise bei einem Selbstversuch der Verfasserin die Eingabe des eigenen Nachnamens zu unzähligen Namensvettern, die alle in die USA eingewandert sind. Wer davon nun irgendwie in einem Verwandtschaftsverhältnis steht, ist schwer zu ermitteln. Rebecca Bellano


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