20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.04.12 / Der andere Jünger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-12 vom 07. April 2012

Der andere Jünger

Was geschah damals wirklich in Jerusalem, vor rund 1980 Jahren, von Karfreitag bis Ostersonntag? Dafür gibt es keinen besseren Zeugen als den Apostel Johannes, der nach ältester Überlieferung auch das gleichnamige Evangelium schrieb. Aus dem Kreis der Apostel war er der Einzige, der sowohl am Kreuz wie am Ort der Auferstehung dabei war. Was hat er erlebt?

Im Johannesevangelium, das vielleicht schon um das Jahr

50 n. Chr. aufgeschrieben wurde, gibt der Apostel detailliert Auskunft über die weltbewegenden Ereignisse. Danach harrte Johannes zusammen mit der Mutter Jesu und einigen anderen Frauen unter dem Kreuz aus (Joh 19, 25-27), obwohl dies in der aufgeputschten Stimmung des jüdischen Volkes ihm auch leicht den Lynchtod hätte bringen können.

Wie es bei Autoren üblich ist, nennt sich der Apostel an dieser Stelle nicht namentlich, sondern in einer verschlüsselten Form als „der Jünger, den Jesus liebte“. Diese Bezeichnung kennzeichnet Johannes nicht als „Lieblingsjünger“, wie dies oft missverstanden worden ist, so als hätte Jesus seine besonderen Lieblinge gehabt. Es sagt vielmehr etwas aus über die Beziehung eines Jüngers zum Herrn. Das Christsein basiert allein, wie dies die Reformatoren predigten, auf der vorbehaltlosen Liebe und Gnade Gottes und nicht auf menschlichen Werken.

Der Gekreuzigte erteilt Johannes noch einen besonderen, letzten Auftrag: Mit den berühmten Worten „Siehe, deine Mutter“ soll er die materielle Sorge für die nun alleinstehende Maria übernehmen. Nach der Überlieferung hat Johannes genau dies getan und die Mutter Jesu bei sich zu Hause in Jerusalem und später in Ephesus aufgenommen. Ein Nebeneffekt dieser Barmherzigkeit lag für Johannes darin, dass er nun in seinem Hause die beste Informationsquelle über das Leben Jesu hatte. Viele Einzelheiten, die der Evangelist, beispielsweise über die Hochzeit zu Kana (Joh 2), berichtet, werden auf diese Quelle zurückgeführt.

Auch der Bericht von Johannes über die Auferstehung Jesu am „dritten Tag“ zeigt detaillierte Kenntnisse. Hier bezeichnet sich der Apostel, wieder verschlüsselt, als „der andere Jünger“. Danach entdeckte zuerst Maria von Magdala frühmorgens das leere Grab. Sie informierte die beiden Apostel Simon Petrus und Johannes. Da der Letztere schneller laufen konnte, entdeckte er zuerst das leere Grab mit dem Leinentuch und dem Schweißtuch, das auf dem Kopf des Toten gelegen hatte (Joh 20, 1-10). Beide Tücher sind bis heute erhalten und werden als „Turiner Grabtuch“ und „Seidentuch von Manopello“ verehrt. Das erst in den letzten 15 Jahren wieder in den Blick der Weltöffentlichkeit gerückte Manopello-Tuch zeigt das Antlitz Jesu im Augenblick der Auferstehung. Jesus blickt hier mit geöffneten Augen auf den Betrachter. Man sieht in seinem Gesicht noch die Verletzungen der Folterung, aber aus seinen Augen scheint göttliche Barmherzigkeit und Kraft, die auch vor dem Tod nicht Halt macht. H.E.B.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren