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21.04.12 / Rückfall in die Zeiten der Taliban / Frauenrechte in Afghanistan werden konsequent beschnitten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-12 vom 21. April 2012

Rückfall in die Zeiten der Taliban
Frauenrechte in Afghanistan werden konsequent beschnitten

Eine Verbesserung der Lage der Frauen in Afghanistan galt stets als eines der großen Ziele der westlichen Politiker bei ihrem militärischen Afghanistan-Engagement. Doch selbst das Wenige, was bisher erreicht wurde, ist in Gefahr, denn der von Europa und den USA unterstützte afghanische Präsident Hamid Karzai scheint sein politisches Überleben nach dem Abzug der alliierten Truppen durch Zugeständnisse an die derzeit mit ihrer Frühjahrsoffensive ihre Macht demonstrierenden Taliban und die muslimischen Fundamentalisten des sogenannten Religionsrates sichern zu wollen.

„Wir sollten akzeptieren, dass wir in einer islamischen Gesellschaft leben. Und die unterscheidet sich von einer nichtislamischen. Wir wollen für uns selbst und unsere Frauen und Schwestern ein Leben nach den Regeln des Islam“, postuliert etwa der Mullah Maulawi Chalikdad und findet mit seiner Forderung, dass sich Frauen nicht in Büros aufhalten dürfen, in denen sich Männer befinden, die Zustimmung des Präsidenten. Zudem – so der einflussreiche Geistliche – müsse dafür gesorgt werden, dass Frauen nicht ohne eine männliche, enger verwandte Begleitperson reisen dürfen.

Die Parlamentarierin Fawzai Kofi sieht deshalb bereits einige der neu gewährten Grundrechte für das weibliche Geschlecht wanken, etwa sich frei in der Öffentlichkeit bewegen und zusammen mit Männern arbeiten zu können. Der Einzug von Frauen in das Parlament, der Besuch von Schulen und Universitäten waren im Westen stets als größter Erfolg des Milliarden schweren Militäreinsatzes genannt worden. Diese Rechte gibt es aber nur in Kabul und anderen von Sicherheitskräften überwachten Zentren, auf dem Land regieren nach wie vor Islamisten und haben die Taliban ungeschmälerten Einfluss, können Mädchen noch immer keine Schulen besuchen. Nun, da inzwischen Verhandlungen mit den Taliban als einziger möglicher Weg in die Zukunft des zerrütteten und von blutigen Kämpfen und Attentaten gezeichneten Landes politisch als erwünscht gelten, befürchtet die streitbare Parlamentarierin Kofi einen Rückfall in alte Strukturen, ebenso Sima Samar, die Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission. 

Immerhin hatte Karzai ohne parlamentarische Diskussion schon 2009 ein Gesetz in Kraft gesetzt, das von Beobachtern als Legalisierung der Vergewaltigung angesehen wird. Demnach ist eine Ehefrau verpflichtet, mindestens viermal die Woche für Geschlechtsverkehr zur Verfügung zu stehen, ob sie will oder nicht. Zudem können die Männer Frauen eine „unnütze“ Beschäftigung verbieten und können ihnen untersagen, das Haus zu verlassen. Das Heiratsmindestalter wurde zudem auf 16 Jahre gesenkt, gleichwohl kommt es immer wieder zu Zwangsehen mit Minderjährigen zwischen zehn und 13 Jahren. Auch werden viele Frauen weiterhin gezwungen, die Burka zu tragen.

Die alte Unterdrückung macht sich immer wieder bemerkbar. Denn sie ist nicht nur ein Werk der Taliban, die systematische Isolation der Frau ist in der Kultur Afghanistans seit jeher tief verwurzelt. So sitzen etwa 400 Frauen im Gefängnis, weil sie ihren gewalttätigen Ehemännern davonliefen oder sich nicht zur Prostitution zwingen lassen wollten. Auch vergewaltigte Frauen gehören zu den Insassen, die immerhin bis zu zehn Jahren Haft verurteilt wurden. Sie haben sich – so das Gesetz – des außerehelichen Geschlechtsverkehrs schuldig gemacht. Ähnliche Rechtsauffassungen gelten beispielsweise auch im Iran oder in Saudi-Arabien. Ein weiteres schwieriges Kapitel ist die Situation verwitweter oder von ihren Männern verlassener Frauen, sie sehen sich weitgehend schutzlos männlicher Gewalt ausgeliefert.

Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ nannte diese Tatsachen unlängst schockierend. Einige der Inhaftierten sagten sogar aus, sie seien froh, in der Haftanstalt zu sein, weil sie andernfalls den Tod zu befürchten hätten. Karzais Kommentar: „Wir können nicht leugnen, dass es Probleme für Frauen gibt, Afghanistan ist ein vom Krieg geplagtes Land.“ J. Feyerabend


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