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21.04.12 / Es brodelt zwischen den Kulturen / Berlin: Gewalttaten vergiften die Stimmung zwischen Orientalen und Einheimischen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-12 vom 21. April 2012

Es brodelt zwischen den Kulturen
Berlin: Gewalttaten vergiften die Stimmung zwischen Orientalen und Einheimischen

Der gewaltsame Tod von Burak B. in Berlins Kiez Neukölln weist über alltäglich gewordene Brutalität hinaus – unter der Oberfläche brodelt es zwischen den Kulturen

Burak B. wurde nur 22 Jahre alt. Am Gründonnerstag erschoss ein bislang Unbekannter den jungen Mann mit türkischen Wurzeln unvermittelt auf offener Straße. In Bukow, in der Nähe des Klinikums Neukölln, trafen die Kugeln Burak und zwei weitere Jugendliche, 16 und 17 Jahre alt. Gemeinsam hatten sie auf einen Bus gewartet. Burak starb, seine russisch- und arabischstämmigen Freunde wurden lebensgefährlich verletzt. Insgesamt fünf Menschen gerieten ins Visier des Schützen, der zu Fuß entkam.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sagt zu den jüngsten Gewalttaten in der Stadt: „Viel zu oft müssen wir beobachten, dass die letzte Hemmschwelle verlorengegangen ist, dass Waffen immer lockerer sitzen und selbst dann nicht von Opfern abgelassen wird, wenn diese wehrlos am Boden liegen.“ Über das Ausmaß des Konflikts zwischen Zuwanderern, Alteingesessenen und Intensivtätern in bestimmten Vierteln sprechen Politiker indes nicht gern. Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkow-sky (SPD), sonst Freund deutlicher Worte, plauderte vergangenen Donnerstag bei „Beckmann“. Er kritisierte die Vorstellung vom „Traumatisierungsschub aller Menschen, die nach Deutschland kommen“ als falsch. Die seit langem aufgestaute Gewalt in seinem Bezirk machte er aber nicht zum Thema. Zu dieser Gewalt gehören regelmäßig Raubüberfälle mit oft stark Verletzten und jetzt auch Schusswechsel.

Obwohl die Schüsse auf Burak in aller Öffentlichkeit an einer belebten Straße fielen, existiert keine brauchbare Beschreibung des Täters. Die Polizei bittet um Hinweise auf einen Mann, der zum Tatzeitpunkt eine grün-schwarze Kapuzenjacke trug und zwischen 40 und 60 Jahre alt ist. Die Staatsanwaltschaft hat die vergleichsweise hohe Belohnung von 15000 Euro ausgesetzt, um den Täter zu fassen. Bei Verbrechen, bei denen Täter und Opfer sich nicht kennen, wie in diesem Fall vermutet wird, ist die Aufklärungsquote gering.

Die Polizei kommt mit ihren Ermittlungen bislang kaum voran: Von bisher 39 Hinweisen aus der Bevölkerung führte keiner zu einem Verdächtigen. Die Motive des Täters sind daher „bislang völlig unklar“, so die Polizei. Rund 400 Menschen versammelten sich noch am Abend der Tat zu einer Trauerwache.

Sechs Tage darauf ereignete sich wieder eine Schießerei, wieder in Neukölln: Eine zehn- bis 15-köpfige Gruppe setzt einen Streit auf der Straße fort, Schüsse fallen, Kugeln erreichen das dritte Geschoss eines Hauses und eher durch Zufall wird niemand verletzt. Am selben Abend sticht ein junger Mann auf einen anderen in Neukölln mit seinem Messer ein.

Immer ungenierter tragen Gruppen ihre Konflikte auf offener Straße aus. Die Täter sind dabei meist Zuwanderer. Dass nun scheinbar biedere Bürger anfangen, Waffen zu horten und auszuprobieren, erlebt die Polizei in dem Stadtteil allerdings ebenfalls: Am                10. April weckten Beamte einen Mann, der zuvor in seiner Wohnung Schüsse abgefeuert hatte. Die Beamten fanden Macheten, Schreckschusswaffen und Munition. Unerlaubter Waffenbesitz wird zum Problem.

Äußerlich ruhig verlief der Trauerzug für Burak. Rund 2000 Menschen kamen laut Polizeiangaben am vergangenen Freitag. Die Sehitlik-Moschee richtete die Feier aus, sie ist die größte Berlins und untersteht dem staatlichen türkischen Religionsverein Ditib. Zu den Trauergästen gehörten auch die Eltern von Jusef El-A., der vor einem Monat von einem Deutschen in Notwehr erstochen wurde.

Die Stimmung bei der Veranstaltung war auch diesmal angespannt. Die Polizei war mit mehreren Einsatzfahrzeugen vor Ort, der Sicherheit wegen, weil die Hintergründe der Tat unklar sind.

Viele der Anwesenden vermuteten ausländerfeindliche Motive hinter den Schüssen auf Burak. Die Polizei habe dies nicht im Blick, so ein häufig geäußerter Vorwurf. Von der aufgebrachten Stimmung im Trauerzug für Jusef El-A. sei indes nicht mehr viel zu spüren, schrieben Berlins Zeitungen. Doch die Lage ist angespannt im Kiez: Buraks Familie erhob Vorwürfe gegen die Polizei, die habe sie nicht rechtzeitig vom Tod ihres Sohnes informiert.

Auf dem Friedhof ist Burak B. neben Jusef beigesetzt. Und auch Buraks Sarg war wie der Jusefs mit einer grünen Fahne, darauf ein Abbild der Kaaba in Mekka, bedeckt. Ein religiöses Begräbnis für einen Jugendlichen, den Gleichaltrige als nicht so streng gläubig beschreiben. Es sind unübersehbare Zeichen der Veränderung im Kiez.

Einige wenige deutschstämmige Jugendliche waren auch anwesend. Die Linkspartei schickte Vertreter mit Transparenten: „Rassismus ist ein Verbrechen.“ Doch für einen derartigen Hintergrund des gewaltsamen Todes von Burak B. gibt es bislang keinerlei Beweise. Am 8. April verübten Unbekannte allerdings einen Farbanschlag auf die Sehitlik-Moschee – ein weiteres Indiz, dass sich die Stimmung im Viertel auflädt.              Sverre Gutschmidt


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